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Traute Stimmung zwischen Horst Seehofer und Edmund Stoiber. Letzterer rief die Mitglieder beim Politischen Aschermittwoch seiner Partei in Passau dazu auf, anzupacken und das Land zu gestalten. „Das Jammern, das Nörgeln überlassen wir den anderen.“ Jammern sei deren Spezialität, meinte Stoiber mit Blick auf die Oppositionsparteien. „Damit werden sie Bayern nie regieren.“ Stoiber nannte die Opposition „einen müden Haufen“.

© dpa

Live-Blog zum Politischen Aschermittwoch: Seehofer krächzt, Steinbrück setzt auf Sieg

Es ist ein Klassiker des öffentlichen Schlagabtauschs: der politische Aschermittwoch. Nur wer im Bierzelt besteht, ist wahlkampftauglich. Bei der CSU schimpft Horst Seehofer über Berlin und den Länderfinanzausgleich. Steinbrück sieht eine "Gurkenriege" am Werk. Verfolgen Sie in unserem Live-Blog, wie die Fetzen fliegen.

Steinbrück greift Schwarz-Gelb an. Heute agiere in der schwarz-gelben Bundesregierung eine „Gurkenriege“. CSU-Chef Horst Seehofer sei die größte lose Kanone auf dem politischen Deck Deutschlands.

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Jetzt darf auch CSU-Generalsekretär nochmal ran und der schlägt sich auf die Seite von Brüderle, dem Sachverständigen "bayerischer Trachten". Und Dobrindt sieht das so: "Lieber Brüderle nachts um zwölf an der Hotelbar, als Claudia Roth morgens zum Frühstück."

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Hat der FC Bayern seinen Vorsprung in der Tabelle der Fußball-Bundesliga auf 18 Punkte ausgebaut? Nein, es sind Freudengesänge für Horst Seehofer. "Oh, wie ist das schön" singen sie im Bierzelt in Passau nachdem Seehofer seine Rede beendet hat. Fraglich ist nur, ob sie das tun, weil sie so begeistert sind von seiner Rede, oder weil sie vorbei ist - so wie der CSU-Chef gekrächzt hat. Jetzt schickt er noch dreimal hinterher: "Bayern, des san mir, Prost". Nur Edmund Stoiber, der neben Seehofer auf der Bühne steht, ziert sich etwas und wird vom Chef ermahnt. "Edmund, du musst schon mitmachen, sonst wird die Pension gestrichen", sagt Seehofer.

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Seehofer gibt sein Credo zum besten. Er kandidiere, weil er Bayern liebe. Und fordert Politiker, aber auch Medien dazu auf, "die Menschen umerziehen zu wollen". "Jeder nach seiner Facon", sagt Seehofer.

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Rainer Brüderle tritt auch auf. Und er nimmt sich auch erstmal Steinbrück vor: „Wofür steht er? Man muss ihm nur ein Stichwort liefern. Geld, Kohle, Asche, Moneten: Schon ist der Steinbrück zu allem bereit! (...) Aber keine Sorge, lieber Peer: Die Wähler ersparen Dir das Armenhaus im Kanzleramt.“

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Seehofer liefert sich ein kleines Fernduell mit dem SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück. Seehofer wettert in Passau gegen Steinbrück. "Sein Lebensmotto ist offensichtlich: Jedem das Seine und mir das Meiste." Steinbrück sei kein Finanzfachmann, sondern ein "Schuldenkönig der Bundesrepublik Deutschland". Steinbrück wiederum in Vilshofen sagt: "Da sitzt eine kleine radikale Minderheit in Passau." Er selbst setze auf Sieg und nicht auf ein Bündnis mit der Union. "Ich setze nicht auf eine große Koalition. Ich spiele nicht auf Platz, ich setze auf Sieg, und ich beschäftige mich mit keinem anderen Szenario."

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Horst Seehofer hat wohl eine Erkältung erwischt. Ziemlich heißer krächzt er in Passau und hat erstmal Berlin im Blick. "Wenn Bayern die Hälfte im Länderfinanzausgleich zahlt, dann gehört uns auch die Hälfte der Bundesrepublik." Er wettert gegen Begrüßungsgeld für Studenten in Berlin. "ja, wir haben die Schnauze voll", sagt Seehofer mit Blick auf Berlin und das Geld, was die Hauptstadt aus dem Länderfinanzausgleich bekäme. Das Schicksal bringe es mit sich, dass er im Bundesrat neben dem baden-württembergischen Ministerpräsident Winfried Kretschmann sitze und auf der anderen Seite "mein Liebling Klaus Wowereit". Er unterhalte sich mit ihm über den "bescheuerten Länderfinanzausgleich". Und Wowereit sage dann, Berlin sei eben arm, aber sexy. Und er erwidere dann: "Und wir Bayern sind reich, aber nicht blöd." Er kündigt an, die Klage gegen den Länderfinanzausgleich der Vollversammlung des Landtages vorzulegen. "Dann schauen wir mal, wer bayerischer Patriot ist, wer für bayerische Interessen ist. Damit niemand davonschleichen kann, werden wir namentlich abstimmen." Dann werde sich zeigen, "bist Du zuerst Bayer oder Genosse".

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Es ist eine Art bayerisches Ping-Pong-Spiel. Während Edmund Stoiber in Passau die CSU, Bayern und das Betreuungsgeld preist, stichelt der Koalitionspartner in Dingolfing. „Bayern ist zu schön, um es wieder den Schwarzen allein zu überlassen“, sagte der bayerische Wirtschaftsminister Martin Zeil. Das Betreuungsgeld sei „so altbacken wie das Familienbild der Union insgesamt“. Doch den Höhepunkt setzt er gleich zu Beginn. Da begrüßt er Rainer Brüderle „im Land der Dirndl und Denker“. Brüderle lasse sich seine natürliche Fröhlichkeit von niemandem nehmen, „und deshalb mögen wir Bayern solche Mannsbilder“, sagt Zeil. in Dingolfing.

Stoiber: "Jede Frau soll selbst entscheiden können, wie sie die Kinder erzieht."

Bei der CSU geht Edmund Stoiber als erster an den Start. Er ist jetzt Ehrenvorsitzender seiner Partei. Vielleicht redet er ja mal wieder über Flughäfen und den Transrapid. Immerhin kann da Musik draus werden. Er sagt erstmal: "Das Original des politischen Aschermittwoch ist hier in Passau." Er ist fast ein wenig staatsmännisch. "Den Euro darf man nicht aufgeben." Er verdeutlicht, dass es mit Horst Seehofer und Angela Merkel niemals Euro-Bonds geben werde. "In einer Solidargemeinschaft trägt jeder erstmal für sich selbst Verantwortung für das, was er getan hat." Die Italiener hätten ein größeres privates Gesamtvermögen als die deutschen. Erstmal müssten die griechischen und italienischen Milliardäre ihren Beitrag leisten. Lauter Applaus brandet auf. Weder die DM-Nationalisten noch die Euro-Fantasten hätten regiert. "Gott sei dank regiert Angela Merkel." Wenn es in Brüssel bei EU-Gipfeln zwei, drei Uhr nachts wird, "dann schicken einige Stoßgebete in den Himmel und hoffen, das bald Steinbrück kommt. Dann wird es für sie einfacher an die deutsche Kohle zu kommen." Stoiber hat aber nicht nur Steinbrück und die SPD im Visier, sondern er blickt auch über die Alpen nach Italien. "Den Vogel schießt dieser Berlusconi ab", sagt er. "Was dieser Bunga-Bunga-Ministerpräsident im Kulturland Italien angerichtet hat, ist unglaublich", sagt er. Aber das er nun auch noch Angela Merkel derart angreife, sei nicht hinzunehmen. "Ich hoffe, die Italiener zeigen ihm nun endgültig die Rote Karte." Dann wischt er sich erstmal den Schweiß von der Stirn. Und kommt zum nächsten Aufreger, dem Betreuungsgeld. Und an Horst Seehofer gerichtet sagt er: "Du weißt, das Betreuungsgeld war meine Idee und du hast es durchgesetzt. Ich weiß, wie schwer das war. Aber das ist unser Bild: Jede Frau soll für sich entscheiden können, wie sie die Kinder erzieht." Aha, jede Frau. Und der Mann? Jetzt noch Heathrow, Flughafen. Stoiber ist in seinem Element. "Wer nach Asien fährt, fährt demnächst über Istanbul." Worauf er anspielt: auf einen Flughafen-Neubau in der Türkei. Aber eine richtige Spitze gegen Berlin setzt er nicht. Könnte doch nach hinten losgehen, nicht nur verbal, sondern auch politisch, weil CSU-Verkehrsminister Peter Ramsauer das Debakel um den BER mitzuverantworten hat.

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Sahra Wagenknecht macht für die Linke erstmal das, was nahezu alle ihre Genossen derzeit machen: sie tut die neuerlichen Stasi-Vorwürfe gegen Fraktionschef Gregor Gysi als Wahltaktik ab. „Das ist in jedem Wahljahr das Gleiche. Jedes Mal werden die gleichen Vorwürfe ausgegraben“, sagt Wagenknecht beim politischen Aschermittwoch ihrer Partei in Tiefenbach bei Passau. „Das wird dieses Mal genauso ausgehen wie in anderen Wahljahren: Das Verfahren wird eingestellt.“

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Die Grünen nehmen schon mal Kurs Richtung Sexismus-Debatte. „Wir haben es endgültig satt, uns an irgendwelchen Bars irgendwelche Altherrenwitze anhören zu müssen“, sagte die Spitzenkandidatin der bayerischen Grünen für die Landtagswahl, Margarete Bause, in Landshut.

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Wenigstens am Aschermittwoch will die SPD die CSU übertrumpfen. In ihrem Zelt in Vilshofen passen maximal 5000 Menschen, die CSU in Passau hat Platz für rund 4000.

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Wer im Bierzelt besteht, ist wahlkampfkompatibel. Denn man kann ein scharfsinniger Analytiker sein, ein gewiefter Taktiker, ein Intellektueller. Aber wer es im Bierzelt am Aschermittwoch nicht schafft, die Menschen zu begeistern, wird es schwer haben, politische Erfolge zu feiern. In einem Wahljahr ist die Aufmerksamkeit besonders hoch.

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Und sie sind auch nahezu alle unterwegs. CSU-Chef und Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer tritt in Passau auf. Besonders spannend dürfte es in Dingolfing werden, wo FDP-Spitzenkandidat Rainer Brüderle in den Ring steigt. Wir der auf die Sexismus-Debatte eingehen - im Epizentrum des Dirndl's? Hält er sich mit derben Sprüchen zurück? Oder jetzt erst recht. In Vilshofen sind die Sozialdemokraten versammelt und SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück wird dort eine Rede halten und wohl versuchen, die jüngste Debatte um den umstrittenen Peerblog vergessen zu machen.

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In Landshut tritt Grünen-Spitzenkandidat Jürgen Trittin auf. Und auch die Linken und die Piraten sind im Bierzelt. In Tiefenbach tritt Sahra Wagenknecht auf, die Fraktionsvize. Die Piraten sind in Ingolstadt und dort wird Parteichef Bernd Schlömer vielleicht auch ein paar Worte an die eigene Partei richten nach den neuesten Personalquerelen.

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Aber nicht nur in Bayern, der Hochburg des politischen Aschermittwoch, ist die Prominenz unterwegs. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) tritt am späten Nachmittag (17 Uhr) in Demmin auf.

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