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Update

Live-Ticker zur Bundespräsidentenwahl: Im ersten Anlauf: Gauck ist Bundespräsident

Mit 991 von 1228 gültigen Stimmen ist Joachim Gauck zum neuen Bundespräsidenten gewählt worden. Damit folgt er Christian Wulff im höchsten Staatsamt. Der Wahltag im Live-Ticker auf Tagesspiegel.de.

Das war es. Die Wahlfrauen und -männer lassen den Tag jetzt noch bei Buletten, Kartoffelsalat, Lachs und Schokomousse ausklingen. Auch das ein oder andere Gläschen Sekt und Bier geht in der Fraktionsebene über den Tresen. Wer nun warum die rund 100 Wahlmänner im Gauck-Lager waren, die dem neuen Bundespräsidenten die Stimme versagt haben, wird noch ein wenig Gesprächsstoff zum Bier bieten. Am Ende aber dürften auch einige derer, die Gauck gewählt haben, froh sein, dass das Ergebnis für den neuen Mann im Schloss Bellevue ordentlich, aber nicht überragend war. Das hält den Pastor etwas am Boden. Wir verabschieden uns an dieser Stelle von Ihnen. Vielen Dank, dass Sie, liebe Leserinnen und Leser, unseren Live-Blog zur Wahl des neuen Bundespräsidenten verfolgt haben. Am Ende des Textes können Sie gerne weiter diskutieren.

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Mit der Annahme der Wahl ist Gauck seit 14.24 Uhr als Staatsoberhaupt offiziell im Amt. Voraussichtlich schon an diesem Montag nimmt er die Amtsgeschäfte auf. Die Vereidigung des elften Präsidenten vor Bundestag und Bundesrat ist für kommenden Freitag vorgesehen.

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Bei aller Freude konnte Gauck mit knapp 80 Prozent der Stimmen den Rekord bei einer Bundespräsidentenwahl nicht brechen - den hält weiter Theodor Heuss, der sich 1954 mit 85,6 Prozent der Stimmen im ersten Anlauf durchsetzte. Zu Gaucks Trost sei gesagt: Mehrere Staatsoberhäupter brauchten auch schon zwei oder drei Anläufe in der Bundesversammlung.

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Beim Bundespräsidialamt waren sie ganz fix: Keine Stunde nach seiner Wahl zum Staatsoberhaupt ist Joachim Gauck auch virtuell ins neue Amt eingezogen. Auf der offiziellen Internetseite www.bundespraesident.de war bereits am Sonntagnachmittag neben einem Porträt des 72-Jährigen zu lesen: "Joachim Gauck wurde am 18. März 2012 von der 15. Bundesversammlung im Plenarsaal des Deutschen Bundestages zum elften Präsidenten der Bundesrepublik Deutschland gewählt." Auch in die Online-Übersicht der Staatsoberhäupter ist Gauck nach seinem Vorgänger Christian Wulff schon eingerückt.

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In seiner kurzen Dankesrede erwähnte der frischgebackene Bundespräsident Gegenkandidatin Beate Klarsfeld zwar nicht. Der Unterlegenen schien das aber nichts auszumachen: Sie gratulierte Gauck mit strahlendem Lächeln.

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Merkel erhofft sich von Gauck nach eigenen Angaben auch Denkanstöße im politischen Alltag. Sie freue sich darauf, "Anregungen zu bekommen". Konflikte mit dem neuen Bundespräsidenten erwarte sie nicht, auch wenn sich in manchen Fragen sicherlich Meinungsunterschiede zeigen würden. Diese wolle sie im Dialog mit Gauck klären: "Es geht hier nicht um Erziehungsmethoden, sondern um Meinungsäußerungen." Zugleich wertete es die Kanzlerin als Signal, dass nun nach der Kanzlerin auch der Bundespräsident aus der ehemaligen DDR stamme. Dies zeige: "Die Ostdeutschen sind angekommen. Trotzdem bleibt bei der deutschen Einheit noch einiges zu tun."

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Der FDP-Vorsitzende Philipp Rösler ist offensichtlich schon jetzt mehr als zufrieden mit dem Wahlsieg Gaucks: "All' die Hoffnungen, die wir in ihn gesetzt haben, hat er mit der ersten Rede schon erfüllt." Das ging aber schnell.

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Gauck nahm seine Wahl zum Bundespräsidenten mit "unendlicher Dankbarkeit" auf und sprach in seiner Rede vom "Glück der Mitgestaltung" nach den "politischen Wüsten des 20. Jahrhunderts" in Deutschland.

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Ein Thema am Rande der Bundesversammlung war natürlich auch Umweltminister Norbert Röttgen (CDU) und die Frage, wie er sich zu den Neuwahlen in Nordrhein-Westfalen verhält. Nimmt er das Rückfahrtticket nach Berlin mit in den Wahlkampf oder nicht? Viele in der Union halten es für ein großes Problem, dass er sich noch nicht klar dafür ausgesprochen hat, auch als Oppositionsführer nach Düsseldorf zu gehen. Viel Zeit für diese Entscheidung habe er nicht mehr, heißt es immer wieder. Röttgen selbst hält sich zurück, von ihm ist heute nicht viel zu sehen. Ist auch klar warum, er postet lieber einen Auszug aus seinem Interview, das er der "Bild am Sonntag gegeben hat", auf seiner Facebookseite.

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Die Piratendelegierten Delius und Dathe begründeten ihre Stimmenthaltung im Gespräch mit dem Tagesspiegel übrigens so: "Entscheidend für uns ist Gaucks Haltung zu den neuen Informationstechnologien. Er sieht das Internet vor allem als Risiko, wir sehen es als Chance", sagte Delius. Am liebsten hätten beide mit Nein gestimmt. Insgesamt habe er die Bundesversammlung als "eher unspannend" empfunden, aber: "Es ist schön dabei zu sein."

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Auch Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) begrüßt die Wahl Gaucks zum neuen Bundespräsidenten: "Joachim Gauck wird unser Land mit der Würde repräsentieren, die wir uns als Bürgerinnen und Bürger von unserem Staatsoberhaupt erhoffen", sagte Wowereit nach der Verkündung des Ergebnisses.

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Bundeskanzlerin Angela Merkel begrüßt die Wahl Gaucks, obwohl er nicht als ihr Wunschkandidat galt: "Ich freue mich dennoch, und es ist ein überzeugendes Ergebnis." Er sei "ein Präsident, der die Belange der Bürger im Auge hat, aber auch die Politiker (...) schätzt". Dass es auch kritische Stimmen zu Gauck gegeben habe, gehöre zu einer Demokratie, sagte Merkel. Aber er sei sicherlich "Manns genug", sich damit auseinanderzusetzen.

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In seiner Rede versprach Gauck, sich auf "neue Themen, Probleme und Personen" einzulassen. Er werde nicht alle in ihn gesetzten Erwartungen erfüllen, "aber ich werde mit all meinen Kräften und meinem Herz 'Ja' sagen zur Verantwortung, die sie mir heute übertragen haben". Gauck erinnerte noch einmal an den 18. März vor 22 Jahren, als in der DDR die ersten freien Volkskammerwahlen stattfanden. "Zum ersten Mal in meinem Leben, im Alter von 50 Jahren, durfte ich in freier, geheimer Wahl bestimmen, wer regieren sollte."

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Trotz der breiten Mehrheit versagten Gauck übrigens mindestens 103 Delegierte aus dem eigenen Lager die Stimme. Die Fünf-Parteien-Koalition aus CDU, CSU, FDP, SPD und Grünen hatte insgesamt 1100 Mandate in der Bundesversammlung. Wegen sechs Krankheitsfällen waren es faktisch aber nur 1094 Delegierte. Außerdem hatten die zehn Wahlleute der Freien Wähler Gauck ihre Unterstützung zugesagt.

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Die Wahlleute singen gemeinsam die deutsche Nationalhymne, anschließend erklärt Bundestagspräsident Norbert Lammert die Bundesversammlung für geschlossen. Gleich folgen Auszüge aus der Antrittsrede von Joachim Gauck.

"Herr Präsident, ich nehme an."

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Nachtrag: Gauck erhielt mit 991 Stimmen deutlich mehr als jene 621 Stimmen, die notwendig gewesen wären. Insgesamt waren 1228 der 1232 abgegebenen Stimmen gültig.

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"Herr Präsident, ich nehme an." Gauck akzeptiert das Votum und tritt ans Rednerpult. Seine ersten Worte: "Was für ein schöner Sonntag!"

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Die Kandidatin der Linken, Beate Klarsfeld, erhielt 126 Stimmen und damit zwei mehr als ihre Partei Wahlleute hat. Es hab 108 Enthaltungen und vier ungültige Stimmen. Drei entfielen auf den Kandidaten der rechtsextremen NPD, Olaf Rose.

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Lammert verkündet das Ergebnis: Gauck ist neuer Bundespräsident, 991 der 1232 abgegebenen Stimmen entfielen auf ihn. Der Plenarsaal applaudiert.

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Es klingelt, das Zeichen für die Wahlfrauen und -männer, die Plätze im Plenum wieder einzunehmen. Auch Gauck nimmt seinen Platz in der ersten Reihe ein. Gleich wird das Ergebnis bekannt gegeben.

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Der Plenarsaal füllt sich langsam wieder.

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Die Verkündung des Abstimmungsergebnisses rückt näher. Bald sind die von Lammert angepeilten 45 Minuten vorbei, dann herrscht vermutlich Klarheit über den künftigen Amtsinhaber - mit einem zweiten Wahlgang rechnet im Reichstag niemand.

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Wahlleute der Piraten enthalten sich

Die beiden Wahlleute der Piratenpartei in der Bundesversammlung, Katja Dathe und Martin Delius, haben sich enthalten. Das sagten sie auf Tagesspiegel-Anfrage. Beide hatten vor der Wahl offen gelassen, ob sie für Joachim Gauck oder Beate Klarsfeld stimmen wollen.

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Der erste Wahlgang ist abgeschlossen, nun werden die Stimmen der 1.240 Wahlleute ausgezählt. Die Auszählung der Stimmen dauere knapp 45 Minuten, kündigte Bundestagspräsident Norbert Lammert an. Mit einer Mehrheit für den parteilosen Theologen Gauck wird bereits im ersten Wahlgang gerechnet, die Kandidatin der Linken, Beate Klarsfeld, gilt als chancenlos. Der von der rechtsextremen NPD nominierte Historiker Olaf Rose sowieso.

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Derweil hofft die Kandidatin der Linken, Beate Klarsfeld, das Bundesverdienstkreuz aus den Händen Joachim Gaucks zu erhalten. Dass sie gegen Gauck chancenlos ist, räumte die Nazi-Jägerin im Gespräch mit dem Fernsehsender Phoenix ein. "Dass ich heute hier stehe und Kandidatin bin, auch wenn ich nicht gewinnen werde, ist immerhin eine Anerkennung für die viele Arbeit, die ich seit so vielen Jahren leiste", sagte Klarsfeld. Sie wäre aber froh, wenn sie Stimmen von anderen Parteien bekäme. Die Linke stellt nur 124 der 1.240 Wahlleute in der Bundesversammlung.

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Der CDU-Bundestagsabgeordnete Karl-Georg Wellmann aus Steglitz-Zehlendorf hat auf Facebook ein Foto gepostet, das Otto Rehhagel zeigt, wie er sich in der Unions-Fraktionssitzung der Bundesversammlung zu Wort meldet. Fraktionschef Volker Kauder und seine Truppe haben sich solidarisch mit dem Hertha-Trainer und dessen Mannschaft gezeigt. Was die Unionsdelegierten aus Kaiserslautern, Augsburg oder Freiburg gemacht haben, ist nicht überliefert.

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Norbert Lammert findet Gefallen am 18. März als Wahltag. Normalerweise werde der Bundespräsident ja am 23. Mai gekürt, dem Geburtstag des Grundgesetzes. Aber aus bekannten Gründen klappte das zuletzt nicht mehr so gut. "Ich könnte mich mit dem Gedanken anfreunden, demnächst immer den Bundespräsidenten an einem 18. März zu wählen oder zu vereidigen - es ist ein geschichtsträchtiger Tag für unsere Verfassung."

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Jetzt darf auch Otto Rehhagel seine Stimme abgeben. In Gedanken dürfte er aber eher auf einer anderen Baustelle sein, nach dem 0:6-Debakel am Abend zuvor gegen den FC Bayern herrscht Krisenstimmung bei Hertha BSC.

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Geht es nach Grünen-Chefin Claudia Roth, ist es nach dem Abtritt Christian Wulffs nicht gut bestellt um die Position des Bundespräsidenten. "Dieses Amt hat sehr stark gelitten, eigentlich liegt es zertrümmert am Boden", konstatiert sie am Rande der Abstimmung. Spott bekam Wulff jedenfalls genug - wer bereits unter Gedächtnislücken leidet, dem hilft unser Karikaturist Klaus Stuttmann auf die Sprünge.

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Es hagelt weiter gute Wünsche für Gauck. "Ich wünsche ihm, dass er so bleibt, wie er ist", sagt NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) "Ich hab's schon mal versucht, und ich bin mir sicher, heute klappt es" - SPD-Vize Manuela Schwesig gibt sich optimistisch, nachdem sie 2010 weniger Glück hatte. "Langweilig wird's mit ihm sicherlich nicht", ist sich Grünen-Parteichef Cem Özdemir sicher. Und Filmregisseur Sönke Wortmann, der ebenfalls abstimmen darf, weiß: "Mir ist schon seit zwei Jahren klar, wenn ich hier wieder aufschlagen werden, dass ich Gauck wähle. Ich wünsche ihm, dass er seinen großartigen Humor behält."

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Lammert rügt Medien und anonyme Internet-Hetze

Nach Einschätzung des Komikers Ingo Appelt dürfte es Gauck kaum schaffen, die an ihn gestellten Hoffnungen zu erfüllen. "Die Reputation aller Politiker wiederherzustellen - da hätte er was zu tun. Er ist ja jetzt nicht schuld an Guttenberg und dem ganzen Gesindel", sagte Wahlmann Appelt am Rande der Bundesversammlung.

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Jetzt wird eifrig gewählt und abgestimmt. Im Plenarsaal wird das auch für manchen Plausch zwischendurch genutzt. Dabei ist aber weniger die Wahl Gaucks das bestimmende Thema. Eher schon die kritischen Einlassungen von Norbert Lammert zum Auftakt und vor allem natürlich die jüngsten politischen Entwicklungen in Nordrhein-Westfalen. Christian Lindner, der NRW-Spitzenkandidat der FDP, steht besonders im Blickpunkt und eilt von Mikrofon zu Mikrofon. Insgesamt lebt diese Bundesversammlung weniger von der Spannung, weil das Ergebnis klar ist. Das Ambiente erinnert eher an ein großes Familienfest an einem sonnigen Sonntagmittag.

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Auch die beiden Berliner Piraten in der Bundesversammlung, Martin Delius und Katja Dathe, sind fleißig am twittern - und wurden jetzt aufgerufen. Auch sie dürfen wählen.

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Unter dem Hashtag #bv15 wird auf Twitter auch über die Bundesversammlung debattiert. Vor allem Lammerts Internetschelte sorgt für Kopfschütteln. Blogger Mario Sixtus schreibt etwa: "Neue Regel: Ohne wenigstens einmal auf das Internet geschimpft zu haben, darf kein alter Mann mehr am Mikro sprechen."

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Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) mahnt für alle Fälle: Von Gauck dürfe niemand erwarten, "dass er übers Wasser laufen könne". Wer das vergessen hat, sollte seine Erwartungen also schleunigst wieder herunterschrauben.

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Zugleich kritisiert Lammert indirekt auch die Medien im Zusammenhang mit dem Rücktritt von Christian Wulff: "Heute erfüllt die freie Presse wichtige Kontrollfunktionen, es gibt keine Demokratie ohne Transparenz und Kontrolle. Aber Demokratie ist mehr als der Anspruch auf organisierte Transparenz, sie braucht auch Vertrauen, Vertrauen in ihre Repräsentanten."

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Es gehe aber auch um das Verhältnis von Amt und Person, Erwartungen an Amtsträger und die Rolle der Öffentlichkeit. Es gebe "durchaus Anlass für selbstkritische Betrachtung nicht nur an eine Adresse". Manches sei bitter, aber unvermeidlich. Manches "weder notwendig noch angemessen, manches würdelos". Vor allem das Internet und die dort eisern verteidigte Anonymität von Meinungsbeiträgen und Kommentaren seien ein Problem.

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Lammert erinnert daran, dass der Bundespräsident alle fünf Jahre gewählt werde: "Wir alle sollten uns bemühen, die politische Realität näher an die Verfassungsnorm zu bringen." Einige Lacher folgen, Wulffs Abgang liegt nur einen Monat zurück. Vorzeitige Wechsel seien weder eine Staatskrise noch Routine, sagt Lammert. "Die Geschichte dieser kurzen Präsidentschaft wird später geschrieben." Umstände und Gründe müssten mit Abstand und fair bewertet werden.

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Mit eingestreuten Witzchen und verschmitztem Humor lockert Lammert die Stimmung in der Runde auf. Es ist zu spüren: Große Anspannung herrscht wegen des absehbaren Ergebnisses nicht. Das sah 2010 noch anders aus.

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Zum Auftakt gibt's Geburtstagsglückwünsche

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Es geht los. Bundestagspräsident Norbert Lammert gratuliert erstmal allen Geburtstagskindern innerhalb der Bundesversammlung.

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Punkt 12.00 Uhr: Mit einem Gong ruft Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) die 15. Bundesversammlung zur Ordnung und heißt alle Wahlleute willkommen. Mit dabei ist auch Katja Dathe von der Piratenpartei - mit Sonnenbrille und gelben Turnschuhen!

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Zur Erinnerung: Das Ergebnis der Abstimmung in der Bundesversammlung soll gegen 14.30 Uhr bekannt gegeben werden.

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Gauck ist im Plenarsaal eingetroffen und wird auf seinen Platz gewiesen. Etliche Politiker und prominente Wahlleute scharen sich um ihn, um ein paar Worte mit dem designierten Staatsoberhaupt zu wechseln.

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Der Bundespräsident wird für fünf Jahre gewählt. Danach ist laut Grundgesetz nur eine Wiederwahl möglich. Joachim Gauck kann somit maximal bis zum Jahr 2022 Hausherr im Schloss Bellevue bleiben, sofern er 2017 wiedergewählt wird. Mit Theodor Heuss, Heinrich Lübke und Richard von Weizsäcker waren bislang nur drei der zehn Staatsoberhäupter zehn Jahre im Amt. Horst Köhler wurde zwar ebenfalls für eine zweite Amtsperiode bestätigt, doch trat er ein Jahr nach seiner Wiederwahl zurück. Die Amtszeit von Christian Wulff war mit 20 Monaten die bislang kürzeste.

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Die Bundestagsfraktionen waren am Vormittag erneut zu Sitzungen zusammengekommen, um mit ihren Wahlmännern und -frauen die Wahl des neuen Bundespräsidenten vorzubereiten. Dabei sollte es nochmals Zählappelle geben, um zu klären, ob alle Mitglieder der Bundesversammlung anwesend sind. Von den insgesamt 1.240 Delegierten werden voraussichtlich 1.238 anwesend sein.

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Alice Schwarzer hält eine Heirat für angebracht

Alice Schwarzer ist vom Kandidaten Gauck, aber auch von der neuen First Lady überzeugt. Von Daniela Schadt könne zwar nicht erwartet werden, dass die beiden demnächst heiraten. "Aber ich gehe schon davon aus, dass sie nun nach elf Jahren heiraten", sagt Schwarzer, die für die CDU als Wahlfrau nominiert worden ist, dem Tagesspiegel. In vielen Ländern könnte es für beide schwierig zu erklären sein, warum sie nicht verheiratet sind. Allerdings hoffe sie auf ein "kleines feministisches Signal" von Frau Schadt: "Es wäre schön, wenn sie ihren Namen behält." Dass Schwarzer nicht die von der Linken nominierte Beate Klarsfeld unterstützt, sei kein "feministisches Signal": Sie schätze Frau Klarsfeld, aber die sei eben seit 50 Jahren in Frankreich und habe mit der deutschen Politik nicht mehr viel zu tun. Vielmehr ist Schwarzer nach eigenen Worten gekränkt durch "dieses durchschaubare feministische Manöver der Linken".

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Einige haben sicherheitshalber schon mal vorab ihre Erwartungen an den Bundespräsidenten in spe geäußert: "Er wird jemand sein, der die Würde des Amtes sehr schnell wieder herstellen wird", sagt etwa SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier über Joachim Gauck. Auch die Generalsekretärin der Sozialdemokraten, Andrea Nahles, zeigt sich hoffnungsvoll: "Es gibt eine Zerrüttung zwischen Politik und den Menschen, da sollte Joachim Gauck eine Brücke bauen." Die rheinland-pfälzische CDU-Vorsitzende Julia Klöckner warnt derweil vor zu hohen Erwartungen: "Ich würde sagen, wir lassen ihn erst einmal Bundespräsident werden. Er steht nicht vor der Heiligsprechung."

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Vorab ließen Gauck und seine Lebensgefährtin Daniela Schadt schon einmal wissen, dass sie im Falle der erfolgreichen Wahl voraussichtlich die Dienstvilla in Berlin-Dahlem beziehen werden. "Wahrscheinlich macht es Sinn, dass wir die nutzen", sagte Schadt der "Bild am Sonntag". Für ihre bisherigen Nachbarn in Schöneberg sei es "nicht besonders lustig, dass sie durch die Sicherheitsvorkehrungen nicht mehr vorm Haus parken können". Das Schloss Bellevue komme als Wohnort aber nicht infrage. "Das geht gar nicht mehr."

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Im Fraktionssaal der SPD herrscht bereits dichtes Gedränge. davor lichtet sich das Ganze etwas. Besonders gefragter Gesprächspartner ist Comedian Ingo Appelt, der, im schwarzen Frack erschienen, von der NRW-SPD als Wahlmann nominiert worden ist. Überhaupt ist NRW hier ein großes Thema. Auffällig oft geherzt und umarmt wird Hannelore Kraft, deren rot-grüne Minderheitsregierung in Nordrhein-Westfalen am vergangenen Mittwoch geplatzt ist und die nun in Neuwahlen zieht - allerdings mit guten Aussichten, aus der Minderheits- eine echte rot-grüne Landesregierung zu machen.

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Offiziell geht es um 12 Uhr los. Ein Krimi wie 2009, als Joachim Gauck schon einmal angetrat, ist diesmal nicht zu erwarten. Damals war er nur von SPD und Grünen nominiert worden und scheiterte im dritten Wahlgang am Kandidaten der schwarz-gelben Koalition, Christian Wulff. Heute ist davon auszugehen, dass Joachim Gauck gleich im ersten Wahlgang die absolute Mehrheit von 621 Stimmen erreichen wird.

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Ideale Bedingungen: Sonnenschein und Wickelraum

Zurzeit treffen die 1.240 Wahlfrauen und -männer ein. Sie kommen zunächst auf der Fraktionsebene zusammen. Besonders viel Andrang herrscht erwartungsgemäß vor den Fraktionssäalen von CDU und SPD. Auch bei den Linken und den Grünen hat sich eine ordentliche Gruppe versammelt. Nur vor der FDP-Fraktion ist es noch, sagen wir, ruhig.

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Es ist im Prinzip für alles gesorgt: Die Straßen sind abgesperrt, die Übertragungswagen der TV-Sender sind postiert, die Sonne scheint und sogar ein Wickelraum ist eingerichtet. Wobei, mit Nachwuchs ist im Schloss Bellevue wohl erstmal nicht zu rechnen. Aber unter den 1.240 Wahlfrauen und -männern könnte der eine oder andere sein, der an diesem Sonntag keinen Babysitter gefunden hat. Die 15. Bundesvsammlung im Reichstagsgebäude kann im Prinzip beginnen.

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Vorab wurde den 1.240 Wahlleuten der Bundesversammlung ein Telefonierverbot auferlegt, Surfen mit internetfähigen Smartphones bleibt aber erlaubt. Ob das Wahlergebnis erneut vorzeitig durchsickert wie schon 2009? Damals sorgten bei der Wahl Horst Köhlers zwei Abgeordnete für Aufsehen, weil sie noch vor der offiziellen Bekanntgabe die Ergebnisse auf Twitter veröffentlichten.

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Viele Deutsche erhoffen sich von Christian Wulffs Nachfolger auch ein Ende der Rotation im Schloss Bellevue. Nachdem schon Vorgänger Horst Köhler vorzeitig das Amt niederlegte, tritt die Bundesversammlung bereits zum dritten Mal binnen drei Jahren zusammen - ein in der Geschichte der Bundesrepublik einmaliger Vorgang.

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Berlin zeigt sich zur Bundespräsidentenwahl von seiner besten Seite. Frühlingshafte 14 Grad bei Sonnenschein und strahlend blauem Himmel. Das Wetter wird den Tag der Kandidaten also zumindest nicht verhageln.

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Herzlich willkommen beim Live-Ticker von der Bundespräsidentenwahl im Berliner Reichstag. Heute kürt die Bundesversammlung den Nachfolger von Christian Wulff, der am 17. Februar nach knapp 20 Monaten sein Amt niederlegte. Alles läuft auf den früheren DDR-Bürgerrechtler Joachim Gauck hinaus, den gemeinsamen Kandidaten von Union, SPD, FDP und Grünen. Die Favoritin der Linken, "Nazi-Jägerin" Beate Klarsfeld, dürfte angesichts der Mehrheitsverhältnisse chancenlos sein.

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