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Schlappe für Sigmar Gabriel. er wurde mit nur 74,2 Prozent wieder zum SPD-Vorsitzenden gewählt.

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Liveblog zum SPD-Parteitag: Gabriel stand offenbar kurz vor dem Rücktritt

Sigmar Gabriel ist mit einem schwachen Ergebnis im Amt bestätigt worden. Der SPD-Chef wurde von Spitzengenossen aber überzeugt, doch weiterzumachen. Lesen Sie die Entwicklungen des SPD-Parteitags am Freitag in unserem Liveblog nach.

Die SPD hat an diesem Freitag ihren Bundesparteitag in Berlin fortgesetzt. Im Mittelpunkt standen die Rede und die Wiederwahl von Sigmar Gabriel. Gestern hatte Ex-Kanzler Gerhard Schröder seinen ersten Auftritt seit acht Jahren. Wie seine Rede ankam, können Sie hier nachlesen. Die Flüchtlingspolitik sowie der Syrien-Einsatz waren weitere zentrale Themen des gestrigen Parteitag-Auftakts. Den Live-Blog vom ersten Tag können Sie hier nachlesen. Hashtag zum Bundesparteitag ist #spdbpt.

Am Samstag geht es weiter. Mit Debatten über den transatlantischen Freihandel und die Europapolitik geht am Samstag der Bundesparteitag der SPD zu Ende. Für kontroverse Diskussionen dürften vor allem die geplanten Freihandelsabkommen der EU mit den USA und Kanada, TTIP und Ceta, sorgen. Parteichef Sigmar Gabriel befürwortet die Abkommen im Grundsatz. Allerdings liegen zahlreiche Anträge der Basis vor, welche die geplanten Handelsverträge kritisch bewerten. Zur Europapolitik wird EU-Parlamentspräsident Martin Schulz eine Rede vor den rund 600 Delegierten halten. Zum Abschluss des dreitägigen Parteitreffens will dann Gabriel noch einmal das Wort ergreifen. Ob er die Genossen dann noch einmal mitreißen kann?

Gabriel kurz vor Rücktritt. Nach Tagesspiegel-Informationen soll SPD-Chef Sigmar Gabriel kurz vor der Verkündung des offiziellen Wahlergebnisses über seinen Rücktritt nachgedacht haben. Teile der SPD-Spitze, wie Manuela Schwesig, Thomas Oppermann und Frank-Walter Steinmeier, sollen ihn aber noch überzeugt haben, weiter zu machen.

"Nichts falsch gemacht." SPD-Chef Sigmar Gabriel hat seinen Kurs trotz der Abstrafung auf dem Parteitag verteidigt. „Ich glaube, dass ich nichts falsch gemacht habe, sondern dass ich dafür gesorgt habe, dass der Kurs der SPD klar wird“, sagte der Vizekanzler am Freitag bei n-tv.

Schröder tröstet. Altkanzler Gerhard Schröder (SPD) hat Sigmar Gabriel nach dessen schwachem Wahlergebnis beim SPD-Parteitag getröstet. Schröder habe ihn angerufen und gesagt, er selbst habe als Kanzler bei seiner ersten Wahl zum SPD-Chef nur 76 Prozent erhalten, erzählte Gabriel am Freitagabend in einem Interview im ZDF-„heute-journal“. Der SPD-Chef hatte zuvor bei seiner Wiederwahl nur enttäuschende 74,3 Prozent erhalten. Auch Bundeskanzlerin und CDU-Chefin Angela Merkel meldete sich bei Gabriel und gratulierte per SMS zur Wiederwahl, sagte er am Rande des Parteitags.
Stellvertreter bestätigt. In ihren Ämtern bestätigt wurden die bisherigen Stellvertreter: Das beste Ergebnis erhielt dabei Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig (92,2 Prozent) - gefolgt von der nordrhein-westfälischen Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (91,4 Prozent), dem hessischen Landes- und Fraktionsvorsitzenden Thorsten Schäfer-Gümbel (88,0 Prozent), der Migrationsbeauftragten Aydan Özoguz (83,6 Prozent), Hamburgs Erstem Bürgermeister Olaf Scholz (80,2 Prozent) und dem Landespartei- und Fraktionschef von Schleswig-Holstein, Ralf Stegner (77,3).

Katarina Barley ist neue SPD-Generalsekretärin - und der Start gelang schon mal: 93 Prozent der Stimmen erreichte die 47-Jährige. Und damit fast 20 Punkte mehr als ihr künftiger Chef.

Was bedeutet das Ergebnis? Sigmar Gabriel hat in seiner Reaktion auf das Wahlergebnis in eine Art "Jetzt-erst-recht"-Modus geschaltet, was bei Gabriel immer recht gefährlich ist, weil er dann Gefahr läuft, zu überziehen. Aber er hat deutlich gemacht, dass er für einen Kurs der Mitte steht und den sieht er durch seine Wahl bestätigt und nicht geschwächt. An seinen Ambitionen, als Kanzlerkandidat in den Bundestagswahlkampf zu ziehen hat er keine Zweifel gelassen.

Genaue Ergebnisse: 620 Delegierten haben abgestimmt, davon waren sechs Stimmen ungültig (nein, die wurden nicht per Tablet abgegeben). Von den 614 gültigen Stimmen gab es 456 Ja-Stimmen (74,27 Prozent), mit Nein stimmten 139. Zudem gab es 19 Enthaltungen.

Sigmar Gabriel rechtfertigt sich: Da ist einer sauer. "Was wird morgen in den Zeitungen stehen? Gabriel abgestraft. Und dem ist auch so" Aber die Partei müsse das Ergebnis jetzt auch akzeptieren. Der SPD-Chef rechtfertigt seine Position. "Ja, ich will einen Kurs für die arbeitende Mitte." Er sei gegen Steuererhöhungen. "Ich bin für eine Politik für die Mehrheit, weil das ergibt die Akzeptanz für Politik für Minderheit" Bei seiner Wiederwahl vor zwei Jahren kam er noch auf 83 Prozent.

Das Ergebnis ist da: Als das Ergebnis vorgelesen wird, herrscht kurz Stille. Denn Sigmar Gabriel ist zwar wiedergewählt worden, aber nur mit 74,2 Prozent.

Die Stellvertreter stellen sich vor: Während jetzt die Stimmzettel ausgezählt werden, stellen sich die Parteivorsitzenden vor. Hannelore Kraft, die nordrhein-westfälische Ministerpräsidentin kann selbst krankheitsbedingt nicht da sein, sie wird durch Norbert Römer vertreten.

Peinliche Probleme: Für die SPD ist das ein kleines Fiasko. Die Sozialdemokraten wollten Modernität beweisen und per Tablet wählen. In einigen Landesverbänden wurden die Geräte erfolgreich getestet, doch hier auf der großen Bühne scheiterte der Versuch. Jetzt wählen die Delegierten per Papier-Stimmzetteln. Zu allem Überfluss will die Partei im Lauf des Tages auch einen Antrag zum Thema "Digital Leben" beraten und beschließen. Häme und Spott sind den Sozialdemokraten gewiss.

Technische Panne: Eigentlich sollte die Wahl mit Tablets zu einem schnelleren Ergebnis führen. Doch jetzt hakt die Technik und der erste Versuch, einen neuen alten Vorsitzenden zu wählen ist an der Technik gescheitert. Jetzt soll wieder per Stimmzettel gewählt werden.

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Nach Aussprache: Knapp zwei Stunden hat die SPD über die Rede von Gabriel diskutiert. Gabriel lobt den "offenen Diskurs". Gabriel musste sich Kritik an seiner Politik und an seiner Kommunikation gefallen lassen. Aber es gebe eben Themen, wo man unterschiedlicher Meinung sei und es sei dann eben Aufgabe des Vorsitzenden für seine Meinung Mehrheiten zu finden. "Geführt wird von vorne." Und wenn sich die Partei für einen Kurs entschieden habe, müsse dieser auch von allen getragen werden.

Jan Stöß: Der Berliner SPD-Chef Jan Stöß hat in seinem Redebeitrag die Flüchtlingspolitik der SPD gelobt. Gerade auf die Städte kämen große Herausforderungen zu. Es müsste vor allem in Wohnungen investiert werden - nicht nur für Flüchtlinge. Zur Situation am Lageso sagte er nichts.

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Gabriel reagiert: Der Chef schreitet nochmal zum Pult und erklärt: "Junge Menschen gewinnt man nicht dadurch, dass man ihnen nach dem Mund redet, sondern indem man mit ihnen spricht und streitet, das tue ich." Die Partei müsse sein, wie das Leben. Nicht schwarz, nicht weiß. Es geht um Mittelwege. Oder wie Willy Brandt gesagt habe: "Die SPD ist die Partei des donnernden sowohl-als-auch." Er halte nichts von "Entweder-Oder-Themen." Auch sei es schlechter Stil den anderen mangelhafte Performance öffentlich vorzuwerfen. Und es sei nicht hilfreich zu behaupten, in der SPD würden ja nur schöne Reden gehalten. Uekermann hatte Gabriel eine vier Minus erteilt im Vorfeld des Juso-Bundeskongress vor wenigen Wochen. Uekermann selbst kandidiert heute für den SPD-Parteivorstand.

Jusos lassen Kritik ab: "Ich will meine Kritik offen loswerden", sagt Johanna Uekermann, Vorsitzende der Jungsozialisten. Die Jusos hätten sich geärgert, wie das mit der Vorratsdatenspeicherung abgelaufen sei. Auch über die Debatte in der Griechenland-Krise habe sie sich geärgert. Ja, es gebe Erfolge. Aber man müsse das Vertrauensproblem lösen. "Wir müssen eine klare Handlung haben aber auch danach handeln." Man müsse die jungen Menschen in Deutschland wieder gewinnen. Sie attestierte Gabriel eine "wirklich starke Rede". Aber sie könne jeden verstehen, der der SPD nicht mehr glaube. "Reden halten ist das eine, danach zu handeln ist das andere. Es darf nicht nur bei schönen Freitagsreden bleiben", fordert Uekermann. Reden und handeln müssten wieder in Einklang gebracht werden.

Aussprache: Nach der Rede von Gabriel gibt es nun eine Aussprache. Unter anderem trat die Parteilinke Hilde Mattheis auf, die mehr Steuer- und Verteilungsgerechtigkeit gefordert hat und die Einführung der Vermögenssteuer verlangt. Gabriel hatte in seiner Rede Steuererhöhungen aber eine Absage erteilt.

Fazit: Harte Angriffe auf den politischen Gegner gab es in der Rede von Sigmar Gabriel nur selten. Die CDU machte er für das Erstarken des Front National in Frankreich verantwortlich und den grünen warf er vor, sich zu fein für die Sorgen in der Bevölkerung zu sein. Im Wesentlichen war die Rede aber geprägt von großer Ernsthaftigkeit. 1:48 Stunde hat Gabriel über Aufkommenden Rechtspopulismus, über die Balance in der Flüchtlingspolitik und den Fokus auf die arbeitende Mitte gesprochen. Selbstkritisch sprach er auch über einige Fernsehauftritte und es gab ein paar persönliche Momente. Besonders zurückhaltend reagierten die Delegierten auf den wirtschaftspolitischen Teil seiner Rede, die darin endete, dass er die Ambitionen der SPD auf das Kanzleramt und damit letztlich auch seine eigenen unterstrich.

Persönlicher Schluss. Vorsitzender der SPD zu sein, sei kein Opfergang, sagt Gabriel. "Für mich ist es das stolzeste und ehrenhafteste was man in diesem Land haben kann." Langer Applaus, der längste bisher. Am Ende wird er persönlich. Seine Mutter habe eher die Sorge gehabt, dass ihr Bengel die Schule schaffe. Er fordert die Genossen auf, sich von den Umfragen nicht kirre machen zu lassen. "Klar könnten die besser sein". Auf dem Weg zur Wahl 2017 sei es wichtig, jeden Tag "auf unsere Überzeugungen zu schauen", nicht auf die Umfragen. Und am allerwenigstens solle man auf die neunmal Klugen Beobachter unserer Partei hören. "Die SPD ist geschlossen und selbstbewusst." Die SPD wolle Deutschland regieren. "Natürlich vom Kanzleramt aus, von wo denn sonst?" Seine Tochter habe ihn am Dienstag beim Zubettgehen gefragt, wie lange er denn noch zu Angela Merkel fahren müssen. "Da habe ich gesagt, keine Angst, nur noch bis 2017."

SPD-Chef Sigmar Gabriel auf dem Bundesparteitag seiner Partei in Berlin.
SPD-Chef Sigmar Gabriel auf dem Bundesparteitag seiner Partei in Berlin.

© AFP

Gabriel will 10-Jahres-Plan: "Wir müssen in Deutschland endlich wieder mehr Politik wagen." Die SPD müsse weiterdenken. "Wir können das, wir wollen das und wir werden das auch tun", kündigt Gabriel an. Man müsse Politik machen, die zehn Jahre voraus denke. Dafür brauche man qualifizierte Arbeitnehmer, starke Gewerkschaften, große und kleine Arbeitgeber. Aber vor allem Investitionen in Infrastruktur. Es gehe um die Erneuerung des sozialdemokratischen Versprechens. "Wir wollen, dass die Menschen frei leben." Es müsse möglich sein, dass jeder etwas aus seinem Leben machen könne - "selbstbestimmt und frei". Das sei der Auftrag. "Für die Zukunft brauche man Mut und wir haben diesen Mut."

Gabriel macht sich für Kurs der Mitte stark: "Die SPD muss sich an das Zentrum der Arbeitswelt wenden", sagt Gabriel. Man dürfe keine Scheu haben. Die SPD müsse sich zur arbeitenden Mitte bekennen.

Digitalisierung: Deutschland und Europa müsste sich zum Ziel setzen, in zehn Jahren die modernste digitale Infrastruktur auf der Welt zu haben.

Zweites Fazit: Sigmar Gabriel versucht in der Flüchtlingspolitik die Balance zwischen Willkommenskultur und Begrenzung der Zuwanderung. Er widmet sich auch dem aufkommenden Rechtspopulismus in Europa und macht da auch die CDU für den Erfolg des Front National in Frankreich verantwortlich.

Gabriel setzt sich für Investitionen ein. "Wir dürfen nicht einfach nur immer Nein zu allem sagen, sondern wir müssen auch sagen, was wir wollen." Deutschland brauche mehr Unternehmer, mehr Start-Ups.

Gabriel bleibt beim Flüchtlingsthema. "Die ersten 20 Artikel des Grundgesetzes sind die Leitkultur und daran wird sich nichts ändern", sagt er. Die, die kommen müssten bereit sein, "unsere Lebensgewohnheiten, unseren Konsens zu respektieren." Deutschland sei ein Land der Freiheit und Antisemitismus werde in diesem Land nicht hingenommen. Integration sei Staatsaufgabe, sonst werde aus dem Satz "Wir schaffen das", der Satz "Ihr schafft das schon".

Flüchtlinge: Die Flüchtenden dürften nicht gegen die hier Lebenden ausgespielt werden. Es müsse eben deshalb Wohnungsbau für alle geben, die bezahlbare Wohnungen brauchen. "Wenn man die Armen gegen die Armen gegeneinander ausspielt, schiebt man den Brandsatz mitten in die Gesellschaft und das werden wir nicht zulassen."

SPD-Chef Sigmar Gabriel.
SPD-Chef Sigmar Gabriel.

© REUTERS

Waffenexporte: Sigmar Gabriel kündigt an, weniger Waffen exportieren zu wollen. Noch sei man an frühere Beschlüsse der Bundesregierung gebunden, aber künftig solle es weniger Waffenexporte geben.

Vision der SPD. Die Vision der SPD sei, dass es Gerechtigkeit nicht nur für wenige, sondern für viele geben. Dafür brauche man nun aber keinen neuen Nationalismus. Forderung nach globaler Gerechtigkeit höre sich ungefähr so an, wie zu Gründungszeiten der SPD die Forderung nach Abschaffung des Kaiserreichs und der Gleichberechtigung von Männern und Frauen.

Dankesrunde von Gabriel: Sigmar Gabriel dankt Frank-Walter Steinmeier für seinen Einsatz im Kampf gegen die Fluchtursachen. Dafür gibt es bisher fast den längsten Applaus.

Gabriel dankt Freiwilligen und Öffentlichen Dienst: Der SPD-Chef dankt den zahlreichen Freiwilligen und den Mitarbeitern im öffentlichen Dienst in den Kommunen. "Ohne euch würden wir das nicht schaffen." Aber auch bei den Helfern kämen Fragen auf, ob man das wirklich schaffe. "Das Tempo, in dem die Menschen zu uns kommen, müssen wir verringern." Es sei leicht, Willkommenskultur in klimatisierten Sitzungsräumen des Bundestages oder in Redaktionsstuben zu entwickeln. Die "wahren Helden der Integration" seien die, die Probleme und Konflikte mitbekämen und sich nicht bequatschen ließen von den Ausländerfeinden. Es seien dies Menschen, die in orten leben, wo es auch im Winter heiß sei, weil man dort der "Hitze der kulturellen Reibung" nicht entgehen könne. Diese "wahren Helden der Integration" dürfe man nicht verlieren. Sie erwarten, dass "wir nicht so tun können, als könnten wir jedes Jahr so viele Menschen aufnehmen und dass wir die Kontrolle wieder gewinnen". Er sei gegen Obergrenzen, die seien "nutzlos", aber die Zahl der Flüchtlinge müsse reduziert werden. Es gehe um Steuerung und Ordnung.

Deutschland, ein Wunder: "Ist es nicht ein Wunder, das Deutschland zum Ort der Hoffnung geworden ist?", fragt Gabriel. Er erinnert an den Krieg, Vertreibung und die Wiedervereinigung. Natürlich stelle das Deutschland vor Herausforderung. "Wir haben glückliche Zeiten für unser Land."

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Gabriel geht auf Flüchtlingspolitik ein: "Die Allermeisten europäischen Mitgliedstaaten halten uns für verrückt", sagt Gabriel mit Blick auf die deutsche Flüchtlingspolitik. Man dürfe diese Länder nicht ausgrenzen. Er sei gegen Sanktionen dieser Länder. "Die, die Flüchtlinge aufnehmen sollten mehr bekommen". Gesellschaften, die selbst sozial zerrissen seien, nehmen keine Flüchtlinge auf. Gabriel fordert ein Ende der Schuldzuweisungen und Kritik in Europa. "Wir müssen uns gegen den Anti-Europäischen Zeitgeist stellen." Deutschland müsse Solidarität in Flüchtlingsfrage einfordern, aber "wir müssen auch mehr helfen bei Wachstum und Beschäftigung".

Gabriel sagt der Steuerhinterziehung den Kampf an: Reiche dürften nicht mit Samthandschuhen angefasst werden. "Wer in Europa Steuern hinterzieht, sind doch die wahren Asozialen unseres Landes."

Zwischenfazit: Sigmar Gabriel wirkt konzentriert und fokussiert. Er stellt Politikverdrossenheit, Europa-Skeptizismus, Rechtsradikalismus in den Mittelpunkt seiner Rede, die mit "ernsten Zeiten" überschrieben ist.

AfD bleibt für Gabriel rechtspopulistisch: Gabriel kritisiert den SWR, weil der Sender die AfD nicht mehr rechtspopulistisch nennen will. "Wir zahlen keine TV-Gebühren fürs Weggucken."

Arbeiterpartei SPD: Gabriel sieht in der SPD die einzige Partei, die sich mit den Problemen auseinandersetze. Linke machten nur unrealistische Versprechen, Grüne seien sich zu fein. "Wir stammen aus dem Arbeitermilieu. Auch wenn wir seit Jahrzehnten keine Arbeiterpartei mehr sind, sind wir aber doch für die da, für die das Leben manchmal verdammt anstrengend ist. Wirksamste Mittel gegen Rechtsradikalismus ist eine Gesellschaft, in der Arbeitsleistung anerkannt wird.

Gabriel gibt CDU Mitschuld am Aufstieg von Front National: "Ich habe Angela Merkel immer davor gewarnt, Frankreich diesen Sparkurs aufdiktieren zu wollen", sagt Gabriel. Wenn die europäischen Konservativen besser zugehört hätten, "wäre Frau Le Pen nicht so weit, wie sie jetzt gekommen ist".

Gabriel zum "Pack": "Wir wollen für die rassistische Propaganda dieses Packs nicht auch noch Steuergelder ausgeben", sagt Gabriel mit Blick auf die NPD. Im Sommer sprach er beim Besuch eines Flüchtlingslagers in Bezug auf rechte Demonstranten und Pöbler von "Pack", wofür er auch aus dem bürgerlichen Lager Kritik bekam.

Gabriel wird etwas lockerer: Es gebe einen harten Umgang mit Medien. "Und manchmal habe ich mich danach schon gefragt, ob ich nicht besser andere Worte hätte wählen sollen." Gabriel spielt auf seine Interviews an, die wie mit Bettina Schausten oder Marietta Slomka im Streit endeten. Er mahnte aber an, nicht hinter jeder Äußerung auch von ihm politische Spiele zu vermuten. Er kündigte aber auch an, das ein oder andere Interview "gelassener" zu führen. Es seien ernste Zeiten, aber ein bisschen Lockerheit sei schon erlaubt.

Gabriel kündigt Mitgliederbefragung an: Sigmar Gabriel will die Mitglieder seiner Partei darüber entscheiden lassen, wenn sich das Bundestagsmandat zum Einsatz der Bundeswehr in Syrien ausdehnt. "Sollte das Mandat, das der Deutsche Bundestag in der letzten Woche verabschiedet hat, verändert und die direkte Beteiligung von Deutschland an Kampfhandlungen oder gar Bodentruppen in Syrien oder der Region eingefordert werden, dann werde ich als Vorsitzender der SPD die Mitglieder der SPD fragen, wie sich die SPD verhält", sagte Gabriel. Nur die Mitglieder hätten "das Recht, in einer so entscheidenden Frage die Position der SPD zu bestimmen".

Gabriel zum IS: Jede politische Lösung komme zu spät, wenn der "Islamische Staat" erst ein Land erobert habe. Er mag sich nicht ausmalen, wenn Deutschland sich der Solidarität mit Frankreich verweigert hätte. "Ich verstehe aber auch die Zweifler". Er habe großen Respekt vor ihren Argumenten. Es sei normal, dass sich in der SPD die gleichen Sorgen und Zweifel wiederfinden wie im Rest der Bevölkerung, egal, ob es um die Flüchtlingsfrage oder den Syrien-Einsatz gehen. "Die Zweifel sind auch bei uns zuhause." Es sei gut, dass "wir es uns schwer machen. "Es gibt in der SPD keinen Hurra-Patriotismus, sondern Nachdenklichkeit."

SPD-Vorsitzender und Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) spricht am 10.12.2015 in Berlin beim Bundesparteitag der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (SPD).
SPD-Vorsitzender und Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) spricht am 10.12.2015 in Berlin beim Bundesparteitag der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (SPD).

© dpa

Gabriel sorgt sich um Kinder und Enkel. "Wenn es einen Grund gibt sich politisch zu engagieren, dann dafür, dass es unseren Kindern und Enkeln genauso gut geht, wie uns." Aufgebaut habe das die Vorgängergeneration. Man müsse darüber sprechen, wie man das Land voran bringen. "Wir müssen das Land repolitisieren, denn es geht um die Zukunft Deutschlands und Europas."

Sigmar Gabriel beginnt: Der Parteivorsitzende startet seine Rede. Man befinde sich in ernsten Zeiten. Europa, sagt er, erscheint unfähig gemeinsame Antworten auf Flüchtlingskrise zu finden. "Lasst uns lieber nachdenklicher sein als zu laut" Nicht Parteitaktik dürfe Handeln bestimmen, sondern Ernsthaftigkeit und Besonnenheit. Aber das dürfe man schon sagen: "Wir Sozialdemokraten sind der stabile Faktor dieser Bundesregierung." Ohne SPD wäre Land durch Streit in der Union gelähmt. "Das ist kein übertriebenes Eigenlob, sondern schlicht die Wahrheit."

Einspielfilm: Der Parteivorstand stimmt auf die Rede von Sigmar Gabriel mit einem Film ein. Gezeigt werden Alte, Junge, Männer Frauen unterlegt mit dem Slogan "Wir sind das Deutschland."

Digitaler Wandel wird konkret. Die Abstimmungs-Tablets müssen zunächst mehrere Minuten erklärt werden. Eine Probeabstimmung läuft.

Technik-Freunde bei der SPD: Zum ersten mal setzt die SPD Tablets zur Abstimmung und zur Wahl ein. Mit einem Pin loggt man sich ein und gibt seine Stimme ab. Dass zunächst ausgerechnet der Parteilinke Ralf Stegner kein Gerät hatte, sei aber Zufall, versichert Doris Ahnen, die den Parteitag derzeit leitet.

Oppermann sieht auch Flüchtlinge in der Pflicht: Thomas Oppermann macht sich in seiner Rede für eine Willkommenskultur in Deutschland stark, sagt aber auch, dass es klare Vorgaben für Flüchtlinge gebe. Dazu gehörten die Werte des Grundgesetzes.

Thomas Oppermann macht den Auftakt: Der zweite Tag des SPD-Parteitages ist eröffnet. Den Auftakt macht Fraktionschef Thomas Oppermann, der die SPD als "treibende Kraft" in der Regierung bezeichnet. Er lobte Gerhard Schröder und die Agenda-Reformen, sagte aber auch, dass Änderungen notwendig gewesen seien. Als Beispiele führt er den Mindestlohn an.

Alle Augen auf Sigmar Gabriel: Es ist der Tag des Vorsitzenden. SPD-Chef Sigmar Gabriel muss mit seiner Grundsatzrede, die gegen 9:45 Uhr erwartet wird, die Delegierten auf dem Bundesparteitag überzeugen. Denn ein Ergebnis unter 80 Prozent in der anschließenden Vorsitzenden-Wahl wäre ein Problem für Gabriel. Er ist zwar mittlerweile seit 2009 in diesem Amt und hat auch keine unmittelbare Konkurrenz in den eigenen Reihen zu fürchten, aber er wird in der Partei trotzdem kritisch beäugt. Und einen geschwächten Vorsitzenden in eine Kanzlerkandidatur zu schicken, kommt einer frühzeitigen Kapitulation gleich.

Wahl-Freitag bei der SPD: Heute stehen zahlreiche Wahlen auf dem Programm. Zuvorderst natürlich die Wiederwahl des Vorsitzenden Sigmar Gabriel. Aber auch die drei Stellvertreter stehen wieder zur Wahl. Außerdem wird mit Katarina Barley eine neue Generalsekretärin gewählt.

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