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Politik: Lob für den Täter

Widersprüche im Prozess um Folter in Abu Ghraib

Fort Hood/Washington Im US-Militärprozess gegen den mutmaßlichen Rädelsführer der Gefangenenmisshandlungen von Abu Ghraib, Charles Graner, sind am Freitag die Schlussplädoyers gehalten worden. Danach hatten die Geschworenen das Wort. Von der Verteidigung aufgebotene Zeugen hatten zuvor ein teilweise widersprüchliches Bild von den Vorgängen und Verhältnissen in dem irakischen Gefängnissen gezeichnet. Die meisten von ihnen bestätigten, dass Graner an vielen Misshandlungen teilgenommen habe.

Sie äußerten sich aber unterschiedlich zur Frage, ob es tatsächlich Befehle von Vorgesetzten gab, den Willen der Gefangenen durch Gewaltanwendung und Erniedrigung zu brechen. Graners Anwalt stützt seine Verteidigung hauptsächlich auf das Argument, dass sein Mandant nichts anderes getan habe, als Anweisungen zu folgen. Dafür sei er auch mehrfach gelobt worden.

Am Donnerstag sagte eine ebenfalls der Misshandlung beschuldigte Gefreite in dem Prozess auf dem Stützpunkt Fort Hood (Texas) aus, Geheimdienstoffiziere hätten den Befehl gegeben, die Gefangenen „weich zu klopfen“. Auf Fragen der Staatsanwaltschaft musste sie dann einräumen, dass sie früher eine sexuelle Beziehung zu Graner hatte und weiterhin eng mit ihm befreundet sei.

Ein weiterer Zeuge, ein ehemaliger Gefangener, schilderte mehrere Fälle, in denen er von Graner schwer geschlagen worden sei, nachdem dieser in seinem Beisein eine Anweisung dazu erhalten habe. Im folgenden Kreuzverhör durch die Anklage sagte er dann aber, er könne sich nicht mehr genau erinnern, ob es sich wirklich um einen Befehl gehandelt habe.

Ein Geheimdienstoffizier hatte bereits am Mittwoch ausgesagt, Wachsoldaten seien aufgefordert wurden, „den Willen der Gefangenen für die Verhöre zu brechen“. Es habe aber keine Befehle zum Foltern gegeben. Ein weiterer Zeuge der Verteidigung gab an, dass Graner von einem hochrangigen Geheimdienstoffizier in Abu Ghraib „ein guter Job“ bescheinigt worden sei, nachdem der Gefreite einen Gefangenen bewusstlos geschlagen habe. Im Kreuzverhör porträtierte er dann Graner als einen Mann, der mehrfach Befehle von Vorgesetzten missachtet habe und 2003 gemaßregelt worden sei, weil er bei den Misshandlungen zu weit gegangen sei.

Das Weiße Haus räumte unterdessen indirekt ein, beim Kongress gegen ein geplantes Anti-Folter-Gesetz interveniert zu haben. Die „New York Times“ hatte berichtet, ein Gesetz zum Verbot von Folter bei Verhören sei auf Drängen des Weißen Hauses fallen gelassen worden. Sprecher Scott McClellan sagte, die Regierung sei gegen Folter, das Gesetz lehne sie aber ab, weil es schon genügend andere mit einem Folterverbot gebe. Die bisherige Sicherheitsberaterin Condoleezza Rice erklärte in einem Brief, ein derartiges Gesetz würde ausländische Gefangene schützen, die darauf nach geltenden Bestimmungen keinen Anspruch hätten. dpa

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