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Mehr Transparenz im Berliner Politikbetrieb - diese Forderung hat sich verstärkt, seit die EU-Kommission ankündigte, ihre Kontakte mit Lobbyisten offenzulegen.

© dpa

Lobbyisten in Berlin: Politiker fordern Offenlegung von Kontakten

Der SPD-Bundestagsabgeordnete Marco Bülow verlangt, dass Minister, Staatssekretäre und Abteilungsleiter ihre Kontakte mit Lobbyisten veröffentlichen sollten - nach dem Vorbild einer Transparenz-Offensive des neuen EU-Kommissionschefs Jean-Claude Juncker.

In Brüssel soll es bald transparenter zugehen im Verhältnis von Verwaltung und Lobbygruppen. Schon von Dezember an soll als „generelle Regel“ gelten, dass die EU-Kommissare und ihre wichtigsten Mitarbeiter ihre Kontakte mit Lobbyisten veröffentlichen. Außerdem dürfen sie nur noch solche Interessenvertreter treffen, die in einem Lobbyregister verzeichnet sind. Dieser Eintrag im Transparenzregister der Europäischen Union ist noch freiwillig, aber die Kommission strebt eine Verbindlichkeit binnen drei Jahren an. In Berlin wird das Thema zwar lang und breit debattiert, aber bisher tut sich wenig. Die Befürworter von mehr Transparenz im Geflecht von Politik, Bürokratie und Interessengruppen sehen daher die Nachricht aus Brüssel positiv und erwarten nun mehr Schwung für ihr Anliegen.

Auch Staatssekretär Kelber wirbt für Offenlegung

Der Parlamentarische Staatssekretär im Justizministerium, Ulrich Kelber (SPD), und der SPD-Abgeordnete Marco Bülow gehören zu der kleinen Gruppe im Bundestag, die ihre Lobbykontakte schon jetzt offenlegt. Bülow möchte, dass auch die Regierung so verfährt. Neben den Ministern und Staatssekretären sollten auch die Abteilungsleiter der Ministerien ihre Lobbykontakte veröffentlichen müssen, sagte Bülow dem Tagesspiegel. Man müsse sehen können, welche Verbandsvertreter in welchem Ministerium häufiger ein und aus gingen und welche weniger oft oder gar nie dort erschienen. So könne die Öffentlichkeit erkennen, welche Wertigkeit hinter den Lobbykontakten der Exekutive stehe. Es gehe nicht darum, dass diese Gespräche nicht stattfinden, betonte Bülow, sondern darum, dass Abgeordnete und Bürger wissen, wer mit wem redet und wie oft. Dadurch ließen sich auch Ungleichgewichte vermeiden, die Ministerien müssten stärker darauf achten, mit allen Seiten in einem Gesetzgebungsverfahren in Kontakt zu kommen. Auch alle Abgeordneten sollten ihre Kontakte veröffentlichen, forderte Bülow. Einen entsprechenden freiwilligen Kodex haben mittlerweile gut 40 Mitglieder des Bundestags akzeptiert, sie nennen ihre Gesprächspartner regelmäßig. Auch Staatssekretär Kelber warb für die Offenlegung: „Es tut politischen Entscheidungsträgern gut, aktiv über Kontakte zu Lobbyisten zu berichten.“

Der Grüne Schick sieht "Schieflage" bei Lobbyisten aus Finanzbranche

Der Grünen-Finanzpolitiker Gerhard Schick sagte dieser Zeitung, eine systematische Offenlegung von Kontakten mit Lobbyisten nach Brüsseler Vorbild sei auch für Spitzenpolitiker und -beamte in Berlin wünschenswert. Der Bundestagsabgeordnete, der seit Frühjahr 2013 seine eigenen Termine mit Lobbyisten – etwa Interessenvertretern aus der Finanzbranche – veröffentlicht, sprach von einer „Schieflage“ auf der Seite der Lobbyisten: Während beispielsweise viele Lobbyisten im Finanzsektor die Steuervermeidung ihrer Auftraggeber im Auge hätten, fänden Interessenvertretungen wie die Brüsseler Nichtregierungsorganisation „Finance Watch“ vergleichsweise wenig Gehör, sagte Schick. Eine ähnliche Kritik äußerte auch der Grünen-Europaabgeordnete Sven Giegold: „Aktuell lässt sich die EU-Kommission in Expertengruppen zu Steuerpolitik von eben den Steuertricksern von PricewaterhouseCoopers beraten, die durch die Luxemburg-Leaks als wichtigste Beihelfer zur Steuerprellerei enttarnt wurden.“

Lobbycontrol: Einführung eines verpflichtenden Transparenzregisters hat Vorrang

Timo Lange von Lobbycontrol verwies darauf, dass es auch jetzt schon möglich sei, Lobbykontakte der Regierung öffentlich zu machen – wenn auch auf dem etwas umständlichen Weg über Kleine Anfragen im Bundestag. „Von daher wäre es nicht schlecht, wenn die Regierung von sich aus informiert, mit welchen Interessensgruppen sie sich getroffen hat.“ Die Öffentlichkeit könne dann erkennen, wer in welchem Ausmaß auf Entscheidungen habe Einfluss nehmen können. „Umgekehrt könnte das den Druck auf die Regierung verstärken, auch andere relevante Interessengruppen anzuhören“, sagte Lange weiter. Auch er plädiert dafür, die Offenlegung der Kontakte zumindest auf die Spitzenbeamten auszudehnen. Wie der Grünen-Politiker Schick vertritt Lobbycontrol ebenfalls die Ansicht, dass zuerst ein verpflichtendes Lobbyregister in Berlin eingeführt werden müsse. Auf diesem Wege könne „mehr Transparenz im Bereich der politischen Interessenvertretung“ sichergestellt werden, betonte Lange.

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