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Politik: Lockerbie-Prozess: Auch nach Urteil lehnt Libyen Verantwortung ab

Libyen hat auch nach dem Urteil gegen den Libyer Abdel Basset Al Megrahi offiziell jede Verantwortung für den Lockerbie-Anschlag abgelehnt. Der Sprecher des Außenministeriums Hassuna al Shawsh bezeichnete das Urteil des schottischen Gerichts im niederländischen Camp Zeist als "reine juristische Angelegenheit", "Libyen als Staat" habe damit nichts zu tun.

Libyen hat auch nach dem Urteil gegen den Libyer Abdel Basset Al Megrahi offiziell jede Verantwortung für den Lockerbie-Anschlag abgelehnt. Der Sprecher des Außenministeriums Hassuna al Shawsh bezeichnete das Urteil des schottischen Gerichts im niederländischen Camp Zeist als "reine juristische Angelegenheit", "Libyen als Staat" habe damit nichts zu tun. Man akzeptiere das Urteil gegen einen libyschen Staatsbürger und hoffe, dass nun "eine neue Seite" in den Beziehungen zu den USA und zum Westen aufgeschlagen werden könne. Das Gericht hatte Megrahi wegen des Anschlags auf ein US-Passagierflugzeug im Jahr 1988 als Mörder schuldig gesprochen. Bei dem Anschlag starben 270 Menschen. Der Mitangeklagte El Amin Chalifa Fahima wurde freigesprochen.

Entgegen der offiziellen Linie in Tripoli erklärte der libysche Botschafter in London, Mohamed Azwai, gegenüber der BBC, dass sein Land Kompensationszahlungen für die Lockerbie-Opfer nicht völlig ausschließe. "Wir haben schon gesagt, dass wir jede Kompensation zahlen werden, falls unser Volk schuldig ist, aber bis es so weit ist, betrachten wir die Sache juristisch als noch nicht abgeschlossen." Man werde über Schadenersatz nachdenken, falls das Urteil im Revisionsverfahren bestätigt werde.

Der britische Außenminister Robin Cook sagte dazu, er finde "doch ziemlich interessant, dass der Botschafter diese weiteren Schritte nicht ausschließt". Wenn der Schuldspruch bestehen bleibe, müsse Libyen akzeptieren, dass es diese weiteren Schritte unternehmen müsse. Das bedeute, dass Libyen in einer offiziellen Erklärung die Verantwortung für den Bombenanschlag auf das US-Passagierflugzeug im Dezember 1988 übernehmen und außerdem Schadensersatz zahlen müsse. Vorher könnten die noch bestehenden Sanktionen gegen das Land nicht aufgehoben werden.

Nur wenige arabische Zeitungen machten das Urteil am Donnerstag zu ihrem Aufmacher, meist findet es sich jedoch auf der ersten Seite. Meist schon in der Überschrift wird die offizielle libysche Position wiedergegeben, nach der das Land keine Verantwortung für den Anschlag trägt.

In Washington war der Schuldspruch im Lockerbie-Prozess am MIttwochabend begrüßt worden. Damit sei ein Mitarbeiter des libyschen Geheimdienstes verurteilt worden, erklärte das Präsidialamt in Washington. Es forderte, die Regierung Libyens müsse nun die Verantwortung übernehmen. Das Urteil bedeute nicht automatisch ein Ende der UN-Sanktionen gegen Libyen. Die US-Regierung werde zunächst mit der britischen Regierung beraten. Dann werde sie an Libyen herantreten, um über die weiteren Schritte zu beraten, die Libyen entsprechend der UN-Resolution vor einer Aufhebung der Sanktionen unternehmen müsse. Im UN-Sicherheitsrat gab es entsprechend keine Bewegung: Konsultationen der Mitgliedsstaaten ergaben nach Angaben von Diplomaten, dass die Gegensätze zwischen den USA und Großbritannien einerseits und China und weiteren Ländern auf der anderen Seite nicht ausgeräumt sind.

Im arabischen Lager steigt unterdessen der Druck zur Aufhebung der seit neun Jahren bestehenden Sanktionen gegen Libyen: Der Generalsekretär der Arabischen Liga, Esmat Abdel Meguid, forderte das sofortige Ende aller Sanktionen. Darüber wolle er mit UN-Generalsekretär Kofi Annan nächste Woche sprechen.

Im libyschen Fernsehen wurde die Entschädigung der Opfer der US-Luftangriffe auf Tripoli und Benghazi gefordert. Dabei starben im April 1986 insgesamt 37 Menschen, darunter eine Adoptivtochter von Präsident Muammar Gaddafi. Die Bombardierungen waren eine Vergeltungsaktion für einen Anschlag auf die Berliner Diskothek "La Belle", bei dem zwei Menschen getötet wurden. Die USA zeigten sich überzeugt, dass Libyen hinter dem Anschlag steht.

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