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Politik: London schmeckt die EU-Reform nicht

Beim heutigen Treffen der Außenminister könnte es zum Streit über die Grundrechte-Charta kommen

Berlin - Der politische Streit um den neuen EU-Reformvertrag, der die Europäische Union effizienter machen soll, ist im Grundsatz gelöst – das ist jedenfalls die Hoffnung der EU-Außenminister, die sich an diesem Freitag in Portugal treffen. Allerdings könnte sich diese Hoffnung als trügerisch erweisen. Das liegt vor allem daran, dass in Großbritannien inzwischen lautstark ein Referendum über den Reformvertrag gefordert wird.

Der Reformvertrag soll die gescheiterte EU-Verfassung ersetzen. Bei einem dramatischen EU-Gipfel im Juni hatten die 27 EU-Staaten unter der Leitung von Kanzlerin Angela Merkel einen Kompromiss geschmiedet, der die Reform der EU nun doch noch ermöglichen soll. Während der EU-Gipfel wegen der starren Haltung der polnischen Führung fast gescheitert wäre, ist es nun der britische Regierungschef Gordon Brown, der das Reformvorhaben blockieren könnte.

Kaum war der EU-Gipfel vorbei, da begann in Großbritannien auch schon die Debatte über ein Referendum über den neuen Vertrag. Zwar ist eine Volksabstimmung über den Reformvertrag das Letzte, was sich Führungspolitiker der regierenden Labour-Partei wünschen. Aber weil die Forderung nach einem Referendum sowohl von Pro-Europäern als auch von euroskeptischen Tories erhoben wird, muss Premier Brown demnächst in der Europafrage wohl viel Führungskunst an den Tag legen. Den Europagegnern in Großbritannien ist vor allem die Grundrechte-Charta, für die Großbritannien bereits eine Opt-out- Klausel erwirkte, ein Dorn im Auge. Nun will London die Charta in einen Anhang zum Reformvertrag verbannen und deren rechtliche Bindewirkung möglichst gering halten. Dies dürften zahlreiche EU-Außenminister bei dem Treffen in Portugal aber kaum mitmachen.

Die Außenminister wollen in Viana do Castelo auch über das Verhältnis zwischen der EU und Russland beraten. Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn warnte dabei vor einer weiteren Verschlechterung der Beziehungen zwischen der EU und Moskau. „Es wäre fatal für das wirtschaftliche Interesse Europas, wenn wir hier auf eine Bahn kämen, auf der es immer nur bergab geht“, sagte Asselborn dem Tagesspiegel. Besonders im Verhältnis zwischen den neuen EU-Mitgliedern und Russland kommt es immer wieder zu Spannungen. Asselborn sprach sich aber dagegen aus, Konflikte einzelner Mitgliedstaaten mit Moskau zu „europäisieren“. Er räumte ein, dass Russland „kein einfacher Partner“ sei. Trotzdem müssten die Europäer „alles tun, damit wir ein vernünftiges Zusammenleben mit Russland fertigbringen.“ Es gebe „viele Anhaltspunkte, dass die Entwicklung zur Demokratie in Russland fortgesetzt wird – trotz aller Rückschläge“. Asselborn rief dazu auf, spätestens im kommenden Jahr den Streit um ein neues Partnerschaftsabkommen zwischen der EU und Russland zu lösen. Auf europäischer Seite hatten sich unter anderem Polen und Litauen gegen Verhandlungen über ein solches Abkommen gewandt.

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