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Nie um ein Statement verlegen: Boris Johnson.

© Peter Nicholls/Reuters

Londoner Bürgermeister plädiert für Brexit: Boris Johnson, immer schön contra

Unberechenbares Großtalent und Camerons Rivale: Der Bürgermeister von London wirbt für den Brexit – und dabei auch für sich. Ein Porträt.

Boris kann alles. Er ist in Brüssel geboren, spricht fließend Französisch, fährt Fahrrad und er liebt Berlin. Warum sich Leute wie sein eigener Großvater und Margaret Thatcher einst über die deutsche Wiedervereinigung so aufgeregt haben, kann er nicht nachvollziehen. All das klingt ausgesprochen proeuropäisch.

Er war aber auch in Eton und Oxford, dort Mitglied im elitären Bullingdon Club, und lieferte später, als Brüssel-Korrespondent des „Daily Telegraph“ leidenschaftlich gemeine Berichte über die Kommission von Jacques Delors. Das klang so europakritisch, dass Thatcher ihn einmal als ihren Lieblingsjournalisten bezeichnet haben soll.

"Fuck off and die"

Inzwischen ist Alexander Boris de Pfeffel Johnson Bürgermeister von London und konservativer Parlamentsabgeordneter. Und weil er sowohl Latein lesen als auch Taxifahrer mit „Fuck off and die“ abkanzeln kann, ohne dass es ihm schaden würde, gilt er als unberechenbares Großtalent der Tories und als Rivale von Premier David Cameron.

Mit Spannung wurde erwartet, wie er sich nach dem EU-Gipfel entscheiden würde – für oder gegen den Verbleib der Briten in der Union. Er hat sich nun für den Brexit entschieden, weil, wie der 51-Jährige im „Daily Telegraph“ schreibt, Europa sich „bis zur Unkenntlichkeit verändert“ habe.

Mit dem unkonventionellen blonden Wuschelkopf hat die Out- Fraktion – neben Justizminister Michael Gove – ein weiteres starkes Zugpferd gewonnen. Zu Johnson gehört aber jedoch, dass dieses politische Pferd stets in alle Richtungen galoppieren kann. Im „Telegraph“ schreibt er: „Es gibt nur einen Weg, wie wir die Veränderungen bekommen, die wir brauchen, und der besteht darin, für den Austritt zu stimmen, denn die gesamte Geschichte der EU zeigt, dass sie nur dann wirklich auf eine Bevölkerung hört, wenn sie Nein sagt.“ Damit erweckt er den Eindruck, es könnte – mit ihm als Premier? – einen besseren Deal mit der EU geben.

Während ihm nun die einen vorhalten, sich in einer politisch so wichtigen Frage taktisch verhalten zu haben, kritisiert umgekehrt Richard Tice, der Mitbegründer der „Leave.EU“-Kampagne, dass Johnson den Eindruck erwecke, es könne ein zweites Referendum geben. Am Montag verteidigte ihn sein Vater Stanley, der selbst fünf Jahre lang konservatives Mitglied des EU-Parlaments gewesen ist, gegen den Vorwurf, vor allem Cameron beerben zu wollen. Um diese Frage geht es beim Referendum aber eben auch.

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