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Politik: Lügen, Halbwahrheiten und Erinnerungslücken: Staatsanwälte sollen entscheiden, wer Recht hat

Im ersten Moment war sich Rüdiger Frohn nicht ganz sicher, wie Wolfgang Clement diese Bemerkung gemeint hat. Kurz vor der Verabschiedung im Herbst vergangenen Jahres hatte der Düsseldorfer Ministerpräsident seinem Kanzleichef das Etikett "brillianter Jurist" angeheftet.

Im ersten Moment war sich Rüdiger Frohn nicht ganz sicher, wie Wolfgang Clement diese Bemerkung gemeint hat. Kurz vor der Verabschiedung im Herbst vergangenen Jahres hatte der Düsseldorfer Ministerpräsident seinem Kanzleichef das Etikett "brillianter Jurist" angeheftet. Hinter diesem öffentlichen Lob verbarg sich auch eine kleine Spitze, weil alle Welt wusste, dass Frohn den politisch ungestümen Clement gelegentlich mit juristischen Überlegungen zu bremsen versucht hatte. Als Rüdiger Frohn jetzt in seiner neuen Funktion als Chef des Präsidialamtes wieder in Düsseldorf auftauchte und dem Flugausschuss stellvertretend für Johannes Rau Rede und Antwort stehen musste, tauchte dieses Wort vom "brillianten Juristen" wieder auf. Mit gedrechselten Formulierungen hielt er die Frager der CDU auf Abstand und pochte darauf, dass die Regierung Rau auf Fragen der Opposition nach den Flügen mit WestLB Privatjets 1998 eine "richtige, zutreffende und zwingende Antwort" erteilt habe.

Für Vorgänge rings um diese Antworten interessieren sich inzwischen die Düsseldorfer Staatsanwälte und Frohn muss sich gegen den Verdacht der "uneidlichen Falschaussage" wehren. Der frühere CDU-Fraktionschef Helmut Linssen und sein Kollegen Helmut Diegel bezichtigen Frohn offen der Lüge und haben damit die Ermittler auf den Plan gerufen. Frohn hatte vor dem Ausschuss erzählt, dass er Linssen und Diegel in einem vertraulichen Gespräch in der Lobby des Landtages in jenen Tagen kurz vor dem Wechsel von Johannes Rau zu Wolfgang Clement darauf hingewiesen habe, dass die Herren der Opposition doch bitte etwas präziser fragen mögen, wenn sie die WestLB Flüge des scheidenden Ministerpräsidenten interessierten. "Wer etwas zu Rau wissen will, muss zu Rau fragen", will Frohn seinen politischen Konkurrenten zugerufen haben.

Die Frage hat erhebliche Sprengkraft. Wenn Frohn das so getan hat, wäre manche Empörung der Union über die Flugaffäre und deren frühe parlamentarische Behandlung kaum nachzuvollziehen. Damals hatten drei CDU-Abgeordnete nach den Flügen von Regierungsmitgliedern mit den Jets der WestLB gefragt. Die Landesregierung hatte allerdings nur die Flüge von Wolfgang Clement und Finanzminister Heinz Schleußer offen gelegt, dies durch eine geschickte Formulierung allerdings auch deutlich gemacht. Auch eine Nachfrage Diegels hat Frohn nur ausweichend beantwortet, eben so, wie das "brilliante Juristen" offensichtlich zu tun pflegen, wenn sie nur die halbe Wahrheit offenbaren wollen. Daran soll sich nun das Gespräch zwischen Frohn, Diegel und später auch Linssen angeschlossen haben, in dem man offen darüber geredet hat, dass Rau - obwohl jeder wusste, dass er geflogen ist - in dieser Antwort nicht erwähnt wird. Diegel und Linssen haben die Sache damals, unabhängig davon, ob das Gespräch mit Frohn so stattgefunden hat, auf sich beruhen lassen.

Frohn hat am 11. Dezember vorigen Jahres noch einmal mit Linssen über diesen Vorgang geredet, weil die Debatte mit Begriffen wie "Lüge" kurz zuvor begonnen hatte. Da Frohn als Jurist weiß, was man in einem solchen Fall tut, hat er am Tag darauf einen Vermerk über dieses Gespräch Clement zugefaxt. "Wenn ich da ein schlechtes Gewissen hätte, hätte ich die Geschichte dem Ausschuss jetzt nicht erzählen müssen", sagt Frohn.

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