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Politik: Luftpiraten reduzieren ihre Forderungen - Verzicht auf Lösegeld

Die Entführer des indischen Flugzeuges mit 160 Menschen an Bord haben ihre Forderungen am Mittwoch zurückgeschraubt. Die Luftpiraten verzichteten am sechsten Tag des Geiseldramas auf das verlangte Lösegeld in Höhe von 200 Millionen Dollar (rund 388 Millionen Mark) sowie auf die Übergabe der Leiche eines Kaschmir-Rebellen.

Die Entführer des indischen Flugzeuges mit 160 Menschen an Bord haben ihre Forderungen am Mittwoch zurückgeschraubt. Die Luftpiraten verzichteten am sechsten Tag des Geiseldramas auf das verlangte Lösegeld in Höhe von 200 Millionen Dollar (rund 388 Millionen Mark) sowie auf die Übergabe der Leiche eines Kaschmir-Rebellen.

Die in Afghanistan herrschende radikal-islamische Taliban-Miliz hatte sich schockiert und überrascht von der Lösegeldforderung gezeigt. Sie schaltete sich in die Verhandlungen ein und konnte die Kidnapper überreden, davon abzurücken. Lösegeld gilt als "un-islamisch". Die Geiselnehmer forderten aber weiterhin die Freilassung von 36 in Indien inhaftierten Moslemrebellen.

Die afghanische Taliban-Regierung machte Druck auf die indische Regierung, die Geiselnahme schnell zu beenden. Ansonsten werde die gekaperte Maschine, die seit Samstag auf dem Flughafen von Kandahar steht, zum Weiterflug gezwungen. Die indische Verhandlungsdelegation war auf noch lange dauernde Gespräche eingestellt. "Das ist eine Geduldsprobe", sagte Informationsminister Pramod Mahajan. Einige Techniker, die kurz in dem Flugzeug waren, berichteten von einer entspannten Stimmung. Die Entführer scherzten sogar mit den Piloten.

Die indische Regierung spielte den Verzicht der Entführer auf einen Teil ihrer Forderungen herunter. Dadurch ändere sich die Situation nicht grundlegend, sagte Informationsminister Mahajan. Die Kernforderung nach einer Freilassung von Rebellen sei "schwierig", da es sich um "Terroristen" handele.

Unter den Gefangenen, die freigepresst werden sollen, ist auch der islamische Geistliche Maulana Mashud Ashar. Die indische Regierung habe den Entführern bereits eine "angemessene Antwort" gegeben, so Mahajan. Über den Inhalt wollte der Informationsminister nichts sagen. Eine indische Delegation spricht seit Montagabend mit den Entführern. Die Verhandlungen gingen "Zentimeter um Zentimeter" voran, sagte der Verhandlungsführer.

Die Angehörigen der Entführten zeigten sich schockiert über die Forderung der Entführer nach der Freilassung von 36 Gesinnungsgenossen, die am Dienstag bekanntgeworden war. "Wenn die Regierung nicht einmal einen Fundamentalisten freilässt, wie soll sie dann 36 auf freien Fuß setzen"? fragte einer der Angehörigen. Sie hatten nach der Entführung wütend reagiert, weil die indische Regierung zunächst nichts unternommen hatte. Die Taliban-Regierung setzte die indische Regierung unter Druck, die Geiselnahme endlich zu beenden. Wenn die indische Seite keine Lösung finde, müsse die entführte Maschine Afghanistan verlassen, sagte der Taliban-Außenminister Wakil Ahmad Mutawakel. Falls die Entführer nicht freiwillig weiterflögen, "werden wir nachhelfen", drohte er. Eine Frist zur Beendigung des Geiseldramas setzte er jedoch nicht.

An Bord der entführten Maschine haben sich die Geiseln nach ersten Eindrücken von Technikern, die im Innern des Flugzeugs waren, an ihre Gefangenschaft gewöhnt. "Es gibt keine Panik, die Atmosphäre ist entspannt", sagte einer der Techniker. Einige Passagiere spielten Schach oder Karten. Die Kinder schliefen. Das ganze Flugzeug stank allerdings nach Fäkalien, und der Boden war mit Müll übersät.

Am Morgen wurden wieder Lebensmittel an Bord gebracht. Auch die Versorgung mit Medikamenten sei gesichert. Ein indischer Arzt, der unter den Geiseln ist, leistet Erste Hilfe, wie ein Sprecher des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK) mitteilte. Unter den Passagieren ist auch ein australischer Epileptiker. Nach Medienberichten hat keine der Geiseln ernste Beschwerden. Allerdings litten sie unter Angstzuständen und teilweise unter Muskelkrämpfen.

Das IKRK und die Vereinten Nationen haben Notfallzentren auf dem Flughafen eingerichtet. "Wir stellen unsere Hilfe als Unterstützung für das afghanische Gesundheitsministerium zur Verfügung, ebenso wie unsere Dienste als neutraler und unparteiischer Vermittler, der sich an den humanitären Bedürfnissen orientiert", sagte ein IKRK-Sprecher in Islamabad. In diesen Einrichtungen könnten mindestens 100 Menschen versorgt werden.

Die UN stellen zudem Lebensmittel und Medikamente für die 154 Geiseln an Bord der Maschine zur Verfügung. Der UN-Koordinator für Afghanistan, Erik de Mul sagte, die andauernde Krise habe die Mittel der Taliban-Führung erschöpft.

Der Airbus A-300 war am Freitag kurz nach dem Start in der nepalesischen Hauptstadt Kathmandu entführt worden. Nach einem Irrflug durch mehrere Länder landete die Maschine am Samstag in der südafghanischen Stadt Kandahar, wo sie seither auf dem Rollfeld steht. Mit mehr als 120 Stunden Dauer ist die Entführung der indischen Maschine bereits eine der längsten in der Luftfahrtgeschichte.

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