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Macher oder Repräsentant: Ratspräsident muss seine Rolle selbst finden

Wie viel Durchschlagskraft der künftige Ratspräsident haben wird, hängt auch von der Person des Amtsinhabers selbst ab.

Berlin - Die Diskussion um eine bessere Außenvertretung der Europäischen Union („EU-Außenminister“) und eine Führungsfigur an der Spitze („ständiger EU-Ratspräsident“) ist fast so alt wie das Jahrzehnt. Wenn die beiden Brüsseler Posten nun nach jahrelanger Debatte besetzt wurden, so geht dies auf den demnächst in Kraft tretenden EU-Reformvertrag von Lissabon zurück. Dort sind die beiden Ämter vorgesehen – neben anderen Neuerungen wie der Einschränkung von Vetomöglichkeiten einzelner EU-Staaten und verstärkter Mitspracherechte des EU-Parlaments. Die Debatte um diese Reformen begann bereits im Jahr 2002; damals trat im belgischen Laeken der EU-Konvent unter der Leitung des früheren französischen Präsidenten Valéry Giscard d''Estaing zusammen. Sein Ziel: die EU angesichts der bevorstehenden Erweiterung handlungsfähiger und demokratischer zu machen.

Seit dem Treffen von Laeken hat die EU eine über siebenjährige Reformdebatte hinter sich, die immer wieder von Rückschlägen und neuen Anläufen gekennzeichnet war. Erst scheiterte die zunächst geplante EU-Verfassung 2005 bei Referenden in Frankreich und den Niederlanden, dann fiel deren überarbeitete und abgespeckte Neufassung, der Lissabon-Vertrag, im vergangenen Jahr in Irland durch. Im Oktober stimmten die Iren dem Vertrag im zweiten Anlauf zu. Damit hatte der Vertrag eine weitere entscheidende Hürde genommen.

Bei der jahrelangen Debatte um die EU-Reform standen deren Kernpunkte, also auch der „EU-Außenminister“ und der ständige EU-Ratspräsident, nie zur Disposition. Je intensiver in den vergangenen Wochen aber die Diskussion um die Besetzung der beiden Ämter wurde, umso deutlicher wird allerdings auch: An der Spitze der EU wird auch künftig ein gewisses Kompetenzgerangel herrschen – allen Reformen zum Trotz.

Denn es ist nicht geklärt, ob der künftige ständige EU-Ratspräsident sich im europäischen Alltag am machtvollen Politikstil à la Sarkozy oder doch eher am repräsentativen Amtsverständnis eines deutschen Bundespräsidenten orientieren wird. In erster Linie hat der maximal fünf Jahre amtierende Ratspräsident die Aufgabe, die EU-Gipfel vorzubereiten und zu leiten. Dies würde der EU, in der alle sechs Monate ein anderes Land den Vorsitz übernimmt, mehr Kontinuität geben. Ob der EU-Ratspräsident sein Amt eher wie ein Protokollführer unter der Aufsicht der Staats- und Regierungschefs wahrnimmt oder tatsächlich eine echte Machtposition aufbaut, wird nicht zuletzt von ihm selbst abhängen.

Die „EU-Außenministerin“ wiederum soll künftig die beiden Ämter zusammenführen, die bislang vom EU-Außenbeauftragten Javier Solana und der EU-Außenkommissarin Benita Ferrero-Waldner wahrgenommen wurden. Allerdings wird die neue Amtsinhaberin damit leben müssen, dass sich die EU-Kommission etliche Felder der europäischen Außenpolitik nicht streitig machen lassen will. Dazu zählen Fragen des Handels, der Entwicklungshilfe und der EU-Erweiterung.

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