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Politik: Machte Deutschland beim Irakkrieg mit?

Der Verdacht: BND soll US-Militär Informationen geliefert haben / Opposition plant Untersuchungsausschuss

Berlin - Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) gerät durch Vorwürfe über eine Beteiligung des Bundesnachrichtendienstes (BND) an Kriegshandlungen im Irak unter Druck. Nach Berichten des ARD-Magazins „Panorama“ und der „Süddeutschen Zeitung“ sollen BND-Mitarbeiter während des Irakkriegs die USA unterstützt und möglicherweise sogar bei der Identifizierung von Bombenzielen geholfen haben.

Der Außenamtschef, der damals als Kanzleramtsminister für die Geheimdienste zuständig war, und der BND wiesen am Donnerstag die Darstellungen zurück. Die Opposition forderte die Regierung auf, die Vorwürfe schnell zu klären. FDP-Fraktionsgeschäftsführer Jürgen Koppelin sagte dem Tagesspiegel: „Wir wollen den Untersuchungsausschuss.“ Allerdings bedürfe es dazu der Zustimmung der Grünen: „Der Schwarze Peter liegt jetzt bei den Grünen.“ Linksfraktionschef Oskar Lafontaine nannte einen Untersuchungsausschuss „unvermeidlich“. Die rot-grüne Regierung sei in Sachen Irakkrieg „unglaubwürdig“ geworden.

Steinmeier sagte, jeder Nachrichtendienst-Mitarbeiter sei „selbstverständlich an die politische Grundentscheidung der Bundesregierung gebunden und eine aktive Unterstützung von Kampfhandlungen ausgeschlossen“. Er bestätigte, BND- Mitarbeiter seien während des Irakkriegs im Frühjahr 2003 „auf Entscheidung der Bundesregierung“ in Bagdad geblieben, um ein „Mindestmaß an eigenen Erkenntnissen“ über den Kriegsverlauf zu erlangen. Ex-Außenminister Joschka Fischer sagte: „Der Sachverhalt sagt mir nichts“.

Ein Sprecher des BND legte dar, es habe keine „Kooperation mit einer der Krieg führenden Parteien“ gegeben. Es seien keinerlei Zielunterlagen oder Koordinaten für Bombenziele zur Verfügung gestellt worden. Ein Sicherheitsexperte sagte dem Tagesspiegel: Die BND-Männer hätten den Amerikanern das Gebäude der Botschaft eines neutralen Landes aus der Region genannt, das nicht zum Ziel eines Bombenangriffs hätte werden dürfen. „Das war knapp“, sagt der Fachmann, „die US-Luftwaffe hatte den Komplex schon im Visier.“ Nach einem Bericht der „Los Angeles Times“ haben Mitarbeiter des BND direkt an der Zielauswahl für die Bombardierung eines Restaurants mitgewirkt, in dem sich angeblich Saddam Hussein aufhielt. Das berichtete das Blatt unter Berufung auf amerikanische Quellen.

Die SPD-Fraktion gab sich nach den Worten ihres Parlamentarischen Geschäftsführers Olaf Scholz überzeugt, dass die Bundesregierung die Vorwürfe „im zuständigen Parlamentarischen Kontrollgremium aufklären wird“. Aus der Grünen-Fraktion verlautete, die Regierung habe zugesagt, am Mittwoch den Auswärtigen Ausschuss über die Aktivitäten der BND-Mitarbeiter zu informieren.

FDP-Chef Guido Westerwelle sagte der „Stuttgarter Zeitung“, wenn sich die Berichte bestätigten, sei „der Antikriegskurs der alten Regierung als Lebenslüge von Rot-Grün entlarvt“. Sollten die Darstellungen zutreffen, wäre dies ein „ungeheuerlicher Vorgang“, sagte Grünen-Fraktionschefin Renate Künast. Dann hätten BND-Beamte „aktiv die Politik der Bundesregierung konterkariert“ und dazu beigetragen, dass Deutschland faktisch am Irakkrieg teilgenommen habe. fan/ddp

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