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Politik: Machtgerangel in der FDP

Parteichef Westerwelle will auch die Fraktion führen – Amtsinhaber Gerhardt brüskiert vor allem der Stil

Von Antje Sirleschtov

Berlin - Einen Tag vor dem Beginn der Sondierungsgespräche der FDP mit ihrem Wunschpartner Union waren die Liberalen am Mittwoch heftig bemüht, die internen Personaldebatten um ihr Führungsteam zu ersticken. Ein rasch anberaumtes Gespräch von Parteichef Guido Westerwelle mit Fraktionschef Wolfgang Gerhardt sollte zur Klärung der Frage dienen, in welcher Führungskonstellation sich die Liberalen in den kommenden Wochen an einer eventuellen Regierungsbildung beteiligen und danach im Bundestag weiterarbeiten.

Hintergrund ist das Bestreben Westerwelles, unabhängig von einer Regierungsbeteiligung der Liberalen zum Fraktionsvorsitzenden gewählt zu werden. Im Thomas-Dehler-Haus, dem Sitz der FDP-Parteiführung, ließ man am Mittwoch keinerlei Zweifel daran, dieses Ziel auch umzusetzen. Obwohl Westerwelle selbst noch am Vortag seine Partei aufgefordert hatte, öffentliche Personalspekulationen zu unterlassen, drängte es den Generalsekretär der FDP, Dirk Niebel, am Mittwoch erneut in die Medien. Dem Nachrichtensender N24 sagte Niebel: „Natürlich hat der Parteivorsitzende und Spitzenkandidat als Wahlsieger das Zugriffsrecht auf jedes Amt.“ Mit einer ähnlichen Forderung hatte sich der nordrhein-westfälische Landeschef Andreas Pinkwart bereits am Vortag zu Wort gemeldet – und war von Westerwelle dafür zur Ordnung gerufen worden. Westerwelle könne im Augenblick internen Hickhack um seine Person und die Wolfgang Gerhardts nicht gebrauchen, hieß es aus Parteikreisen. Für beide hätten eventuelle Koalitionsverhandlungen und die „Durchsetzung eines schwarz-gelben Regierungsauftrages“, wie es Westerwelle nennt, oberste Priorität.

Auch Fraktionsmitglied Sabine Leutheusser-Schnarrenberger bezeichnete den Streit Westerwelles und Gerhardts um den Posten des Fraktionschefs am Mittwoch als „überflüssig“. In der gegenwärtigen unübersichtlichen politischen Lage benötige die Partei beide Politiker in den Verhandlungen, sagte sie. Schnarrenberger plädierte daher dafür, die Frage des Fraktionsvorsitzes erst einmal zu verschieben und letztlich vom Ausgang der Regierungsbildung abhängig zu machen.

Wie am Mittwoch aus der Umgebung Gerhardts verlautete, wolle dieser es nächste Woche bei der konstituierenden Fraktionssitzung nicht auf eine Kampfkandidatur gegen Westerwelle ankommen lassen. Dies sei der augenblicklichen Situation wenig zuträglich.

Gerhardt geht es offenbar vor allem um den Stil, mit dem er das Amt an Westerwelle abgeben soll. Nachdem die Partei in ihm monatelang den künftigen Bundesaußenminister gesehen hat, will Gerhardt nicht einfach auf den hinteren Abgeordnetensitzen Platz nehmen. Dazu kommt, dass Westerwelle Gerhardt bereits Anfang 2001 nach einem langen Führungsstreit aus dem Amt des Parteivorsitzenden verdrängt hat, was jetzt erneut in Erinnerung gerufen wird.

Im Bundestagswahlkampf haben beide Politiker, der seriös wirkende 61-jährige Gerhardt und der zupackende, 18 Jahre jüngere Westerwelle, weitestgehend ohne Auseinandersetzungen agiert und damit störungsfrei breitere Wählerschichten angesprochen. Grundlage dieser Zusammenarbeit war allerdings der feste Glaube beider an eine Regierungsbeteiligung unter einer Kanzlerin Angela Merkel. Gerhardt durfte damit auf das Amt des Außenministers hoffen, Westerwelles Weg an die Fraktionsspitze schien barrierefrei. Absprachen über eine Zeit, in der die Liberalen abermals in der Opposition sitzen, wenn auch als stärkste Kraft, hat es jedoch nicht gegeben.

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