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Politik: Machtkampf in Nigeria mit fast allen Mitteln

Präsident Obasanjo darf zu den Wahlen nicht mehr antreten – und will nun die Teilnahme seines Stellvertreters verhindern

In den nun fast 50 Jahren seiner Unabhängigkeit hat Nigeria seine Fürsprecher immer wieder bitter enttäuscht. Bis 1999 wurde der bevölkerungsreichste Staat in Afrika, bedingt durch starke regionale und religiöse Spannungen, ständig von Militärcoups und Unruhen geplagt. Die Gouverneurs- und Präsidentschaftswahlen an diesem und dem kommenden Wochenende geben dem westafrikanischen Ölstaat nun jedoch die Möglichkeit eines friedlichen Machtwechsels: Erstmals seit der Unabhängigkeit im Jahre 1960 könnte auf eine Zivilregierung nicht eine Militärdiktatur, sondern eine weitere Zivilregierung folgen. Der gegenwärtige Präsident Olusegun Obasanjo darf nach zwei Amtszeiten nicht wieder kandidieren, weil der Senat ihm eine dritte Amtszeit verweigert hat.

Die Wahl in Nigeria ist die mit Abstand wichtigste in Afrika in diesem Jahr. Viel wird von ihrem Ausgang abhängen: der zaghaft angelaufene Kampf gegen die Korruption, die Stabilität eines Landes mit rund 135 Millionen Menschen, aber auch eine mögliche Lösung der tiefen Krise im Nigerdelta, einem der weltweit größten Öllagerstätten.

Umso bedenklicher stimmen die Begleitumstände der Wahl. Als größtes Problem hat sich der Versuch von Präsident Obasanjo erwiesen, seinem langjährigen Vizepräsident Atiku Abubakar die Wahlteilnahme zu verbauen. Zwischen beiden gibt es schwere Differenzen. Die Ursache ihres Zerwürfnisses findet sich in Abubakars Widerstand gegen den (gescheiterten) Versuch Obasanjos, die Verfassung für eine dritte Amtszeit zu verändern. Anfang Februar schlug Obasanjo zurück. Überraschend veröffentlichte Nigerias Economic and Financial Crimes Commission eine Namensliste jener Politiker, die nach ihrem Befinden zu korrupt sind, um bei Wahlen zu kandidieren. Unter den 135 Politikern sticht ein Name ins Auge: der von Vizepräsident Atiku Abubakar, der nun als Präsidentschaftskandidat des oppositionellen Action Congress antritt. Die regierende People’s Democratic Party (PDP) hat Obasanjos Wunschkandidaten Umaru Yar’Adua nominiert.

Auf der Liste wird dem Vizepräsidenten unter anderem vorgeworfen, nicht weniger als 125 Millionen Dollar aus der Staatskasse für persönliche Geschäfte veruntreut zu haben. Diese und ähnliche Beschuldigungen, die Abubakar entschieden zurückweist, sind indes unbewiesen. Auch gibt es Anzeichen dafür, dass Präsident Obasanjo den Kampf gegen die Korruption dazu nutzt, um ihm missliebige Politiker aus dem Verkehr zu ziehen.

Wie hochkorrupt Nigeria ist und wie schwer es deshalb auch werden dürfte, die Vorwürfe unabhängig zu untersuchen, zeigt eine Aussage der Antikorruptionsbehörde. Sie geht davon aus, dass seit der Unabhängigkeit rund 380 Milliarden Dollar von Nigerias Machthabern gestohlen oder verschwendet worden sind.

Das letzte Wort im Streit zwischen Obasanjo und Abubakar haben nun die Gerichte: Nachdem das Berufungsgericht in Abuja den Wahlausschluss von Abubakar bekräftigt hat, hat dieser nun beim Obersten Gericht Berufung eingelegt. Eigentlich sollte der Fall dort am vergangenen Donnerstag verhandelt werden, doch erklärte die Regierung diesen Tag und auch den Freitag kurzerhand zu Feiertagen – mit der Begründung, Wahlberechtigten die Gelegenheit zu geben, an den Ort ihrer Stimmabgabe zu reisen. Doch selbst wenn es nun am Montag zu einem endgültigen Entscheid käme, dürfte es Abubakar schwer fallen, gegen die Maschinerie der Regierungspartei zu bestehen.

Unterdessen kamen bei der bereits am Samstag stattfindenden Gouverneurswahl im Süden des Landes mindestens 14 Menschen bei Unruhen ums Leben.

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