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Weht der Wind ins Gesicht. Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen.

© dpa

MAD sollte Medien bespitzeln: Ursula von der Leyen feuert früheren Abteilungsleiter

Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen feuert einen früheren Abteilungsleiter. Er hatte mit Heckler&Koch den MAD kontaktiert, um gegen negative Berichterstattung über das Sturmgewehr G36 vorzugehen.

Wie bereits angedroht feuert Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) wegen der G36-Affäre einen früheren Abteilungsleiter ihres Hauses, der Geheimdienstmethoden gegen kritische Berichte einsetzen wollte. Ein Ministeriumssprecher sagte am Freitag, die notwendigen Schritte gegen den Mann seien eingeleitet. Unterdessen sprach sich auch die SPD für einen Untersuchungsausschuss zur Aufklärung der Sturmgewehraffäre aus, womit die Einsetzung eines solchen Gremiums feststehen dürfte.
Das Personalverfahren gegen den früheren Abteilungsleiter Detlef Selhausen ist allerdings etwas kompliziert, weil der 59-Jährige derzeit als Beamter beurlaubt ist und als Geschäftsführer den Fuhrpark der Bundeswehr leitet. Selhausen war bis Februar 2014 für den Bereich Ausrüstung und Informationstechnik im Ministerium zuständig. Von der Leyen entband ihn bereits damals wegen der gravierenden Mängel im Rüstungsbereich von dieser Aufgabe. Er soll nun auch seine Geschäftsführertätigkeit aufgeben müssen.
Von der Leyen hatte am Donnerstag bestätigt, dass die Herstellerfirma des G36, das Unternehmen Heckler&Koch aus Baden-Württemberg, sich im Jahr 2013 wegen der öffentlichen Kritik an ihrem Gewehr an den Bundeswehr-Geheimdienst MAD gewandt hatte. Die Firma wollte laut Unterlagen aus dem Ministerium erreichen, dass mit Hilfe des Militärischen Abschirmdiensts (MAD) die kritische Berichterstattung gestoppt wird. Heckler&Koch bestreitet dies.
Als "völlig inakzeptabel" bezeichnete die Ministerin es am Donnerstag, "dass sich der damalige Abteilungsleiter Rüstung mit einem Brief an den MAD vom 6. Dezember 2013 diese Initiative zu eigen gemacht hat" - und drohte mit personellen Konsequenzen.
Diese zog sie nun am Freitag. Nicht ausgeschlossen ist, dass weitere Ministeriumsmitarbeiter im Zuge der Affäre gehen müssen.

Kooperation mit Heckler&Koch in Frage gestellt

Weitere Aufklärung der Verstrickungen zwischen Ministerium und Waffenhersteller sowie der politischen Verantwortung soll nun wahrscheinlich ein Untersuchungsausschuss leisten. Nach den Grünen sprach sich auch die SPD für einen solchen Ausschuss aus.
Die SPD-Fraktion würde den Antrag unterstützen, sagte der SPD-Verteidigungspolitiker Rainer Arnold im Rundfunk Berlin-Brandenburg. Eine wesentliche Verantwortung für die Affäre wies Arnold dem früheren Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) zu, weil die meisten Vorgänge um das Gewehr in seine Amtszeit fielen.
Angesichts der Enthüllungen stellt das Ministerium zudem die weitere Kooperation mit Heckler&Koch in Frage. "Selbstverständlich ist das kein günstiger Rahmenzusammenhang für die Zusammenarbeit zwischen einem Ministerium der Bundesregierung, der Bundeswehr und dem Hersteller", sagte Ministeriumssprecher Jens Flosdorff am Freitag in Berlin.
Die Bundeswehr verfügt über rund 170.000 Stück der Waffe. Weil die Gewehre bei hohen Außentemperaturen oder vielen Schüssen hintereinander überhitzen und nicht mehr treffen, will von der Leyen sie in ihrer bisherigen Version ausmustern. Erwogen wird bislang aber ausdrücklich auch eine "Produktverbesserung" der bisherigen Waffe - also ein neuer Auftrag an Heckler&Koch.
Die G36-Affäre führte zudem zu scharfen Wortwechseln in der Koalition. SPD-Generalsekretärin Yasmin Fahimi erklärte, von der Leyen sei "die Kontrolle ihres Hauses entglitten". Die Ministerin dürfe "einer rückhaltlosen Aufklärung nicht länger im Weg stehen". Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) entgegnete im Südwestrundfunk, die SPD müsse "auch einmal die Luft anhalten können", bis die Dinge in einem Untersuchungsausschuss geklärt seien. (AFP)

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