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Politik: Magdeburger Innenminister stolpert in neue Affäre

Landtag setzt zweiten Untersuchungsausschuss zur Klärung von Polizeipannen ein

Von Frank Jansen

Das Thema Polizei wird für Holger Hövelmann allmählich ein Albtraum. Seit mehr als drei Jahren ist der sozialdemokratische Innenminister von Sachsen-Anhalt mit einer wuchernden Affäre in der Sicherheitsbehörde konfrontiert, im September 2007 setzte der Landtag einen Untersuchungsausschuss ein. Jetzt folgt der nächste: Am Donnerstag hat das Parlament mit den Stimmen der Fraktionen von FDP und Linkspartei einen weiteren Ausschuss installiert, der sich mit gravierendem Fehlverhalten in Polizei und Ministerium auseinandersetzen wird. Hövelmann selbst scheint fast zu resignieren – er verzichtete im Landtag auf eine Widerrede zum Antrag von FDP und Linkspartei. Bei der Abstimmung enthielten sich die Abgeordneten der Regierungspartner CDU und SPD. In beiden Parteien wird jetzt schon überlegt, wer nach der Landtagswahl im kommenden Jahr Hövelmanns Posten übernehmen könnte.

Im aktuellen Fall, den der Untersuchungsausschuss recherchieren wird, geht es um eine peinliche Personalie. Ende 2007 ernannte das Ministerium den Leitenden Kriminaldirektor Klaus-Peter Deppe zum Vizechef der neugeschaffenen Polizeidirektion Sachsen-Anhalt Nord. In der Polizeiabteilung des Innenministeriums war jedoch lange bekannt, dass Deppe hoch verschuldet ist und somit als besonders korruptionsanfällig gilt. Bereits im März 2002 wurde erstmals Deppes Gehalt gepfändet. Hövelmann, der sein Amt im Jahr 2006 angetreten hatte, erfuhr davon nichts. Hätte er gewusst, dass Deppe diversen Gläubigern mehrere hunderttausend Euro schuldet, wäre die Personalentscheidung anders ausgefallen, heißt es im Ministerium. Doch es kam noch schlimmer.

Die Staatsanwaltschaft Magdeburg leitete im März 2009 Ermittlungen gegen Deppe ein, wegen des Verdachts auf Betrug. Deppe soll einen Grundbuchauszug gefälscht haben, um an einen Kredit heranzukommen. Im Sommer wurde er vom Amt suspendiert. Im Februar dieses Jahres erhob die Staatsanwaltschaft Magdeburg Anklage gegen Deppe. Die Polizeiabteilung des Ministeriums bekam davon rasch Kenntnis, berichtete aber dem Minister nichts. Hövelmann las im März in der Presse, dass die Staatsanwaltschaft Deppe angeklagt hatte.

Der verärgerte Minister zog Konsequenzen. Er versetzte umgehend den Leiter der Polizeiabteilung des Ministeriums, Klaus-Dieter Liebau, und einen Referatsleiter auf andere, allerdings gleichrangige Posten. Vor dem Innenausschuss des Landtags berichtete Hövelmann über die Affäre, doch die Abgeordneten von FDP und Linkspartei fühlten sich nicht hinreichend über die Eigenmächtigkeiten von Liebau informiert. Die Folge ist der neue Untersuchungsausschuss.

Die Person Liebau ist zudem das Bindeglied zum ersten, noch immer tagenden Untersuchungsausschuss, der sich mit Fehlverhalten der Polizei bei der Bekämpfung des Rechtsextremismus befasst. Diese Affäre kam ins Rollen, als im Jahr 2007 drei Staatsschützer der damaligen Direktion Dessau dem Drängen des dortigen Vizepräsidenten widerstanden, weniger intensiv gegen braune Kriminalität zu ermitteln. Als der Fall öffentlich wurde, gerieten die Staatsschützer unter massiven Druck, gerade auch von Liebau. Der jedoch blieb im Fall Deppe seltsam passiv und ließ den Minister auflaufen.

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