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Tatort Wüste. Algerien stellt die Stürmung der besetzten Gasförderanlage als Erfolg dar. Prüfen kann man die Angaben nur schwer, es gibt kaum Zeugen.

© dpa

Mali-Einsatz: Von Afghanistan nach Afrika

Washington will den Kampf gegen die Hintermänner der Geiselnahme in Algerien aufnehmen – eine Marschroute für den Westen. Das wahre Ausmaß des Blutbads auf dem Gasfeld ist noch unklar, weil die algerischen Sicherheitsbehörden nur bruchstückhaft über Einzelheiten informieren.

Nach dem blutigen Ende der Geiselnahme ausländischer Arbeiter in Ostalgerien haben die USA angekündigt, die Hintermänner dieser Al-Qaida-Aktion zu jagen. „Al Qaida sollte wissen, dass sie uns nicht entkommen können“, sagte US-Verteidigungsminister Leon Panetta. Die algerische Armee hatte die tagelange Geiselnahme am Samstag mit einem zweiten militärischen Angriff endgültig beendet. Vorläufigen algerischen Angaben zufolge wurden 32 islamistische Terroristen getötet. Die Zahl der getöteten Geiseln dürfte sich auf knapp 50 belaufen. Noch immer werden westliche Arbeiter vermisst.

US-Präsident Barack Obama versprach, zusammen mit „unseren Partnern“ in Europa und Afrika „diese Geißel des Terrorismus in der Region zu bekämpfen“. Der Terroranschlag auf die Gasförderanlage in der algerischen Wüste mache die Bedrohung deutlich, „welche Al Qaida und andere gewalttätige extremistische Gruppen in Nordafrika darstellen“. Verteidigungsminister Panetta sagte: „Egal ob in Algerien, in Mali oder wo auch immer: Wir werden nicht erlauben, dass Al Qaida ein Versteck hat, von dem aus sie terroristische Akte ausführen kann.“ Die Aussagen zeigen, welche Dimension die USA der islamistischen Bedrohung in Nordafrika zumessen und dass sie offenbar zu einem weitergehenden Engagement in der Region bereit sind als zunächst angekündigt. Bisher hatte Washington lediglich logistische Hilfe für die französische Militärintervention in Mali zugesagt, mit der die Geiselnahme in Algerien direkt in Zusammenhang stand.

Für den Terrorangriff hatte eine Al-Qaida-Gruppe namens „Bataillon des Blutes“ die Verantwortung übernommen. Ihr Führer ist der Algerier Mokhtar Belmokhtar, der sich in dem von Islamisten besetzten Norden Malis aufhalten soll. Mitte Januar hatte Frankreich begonnen, die immer weiter in den Süden Malis vorrückenden Islamisten aus der Luft und mit Bodentruppen anzugreifen. Mehrere europäische Staaten und die USA helfen bei der Mali-Mission. Das Al-Qaida-Kommando wollte mit der Geiselnahme in Algerien ein Ende der westlichen Intervention in Nordmali erzwingen.

Auch am Sonntag war das wahre Ausmaß des Blutbads auf dem BP-Gasfeld Tigantourine in der Nähe der libyschen Grenze noch unklar, weil die algerischen Sicherheitsbehörden nur bruchstückhaft über Einzelheiten informierten. Es kam der Eindruck auf, dass das Regime in der Hauptstadt Algier sich bemühte, den umstrittenen Militäreinsatz gegen die Terroristen als vollen Erfolg darzustellen und unangenehme Wahrheiten zu verschweigen.

Ein Kommando der Al Qaida aus mehr als 30 schwer bewaffneten Terroristen hatte am Mittwoch die riesige Anlage in der Sahara gestürmt und mehr als 130 ausländische Arbeiter gefangen genommen. Auch fast 700 algerische Arbeiter waren zunächst in der Hand der Islamisten, die meisten wurden jedoch in den ersten Stunden freigelassen. Die Gasförderanlage, eine der größten in Algerien, wird von der britischen BP zusammen mit der algerischen Gesellschaft Sonatrach und der norwegischen Statoil betrieben.

In einem ersten Militärangriff am Donnerstag hatte die Armee laut Zeugenaussagen fünf Geländewagen, in denen die Kidnapper mit einem Teil der Geiseln flüchten wollten, mit Raketen beschossen. Dabei sollen fast alle Fahrzeuginsassen umgekommen sein. Am gleichen Tag versuchten algerische Soldaten, das Gelände zu stürmen, was nicht durchweg gelang. Aber immerhin konnten etliche Ausländer befreit werden. Ein Teil der Terroristen verschanzte sich jedoch mit sieben westlichen Geiseln in einem Gebäude auf dem Gasfeld. Am Samstag erfolgte ein neuer Angriff der Armee, bei dem die elf verbliebenen Terroristen getötet wurden.

Auch die sieben letzten Geiseln starben. Nach algerischen Angaben wurden sie von den Kidnappern hingerichtet. Es handelte sich um drei Belgier, zwei Amerikaner, einen Briten und einen Japaner. Inoffiziellen Berichten zufolge wurden später bei der Durchsuchung des Geländes zahlreiche verbrannte Leichen gefunden. Außerdem wurden noch fünf Norweger, zehn Japaner und auch einige Angehörige anderer Staaten vermisst.

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