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Norbert Walter-Borjans (l.) und Saskia Esken (M.) auf dem SPD-Parteitag, etwas abseits Olaf Scholz (r.).

© REUTERS/Fabrizio Bensch

Manipulation bei SPD-Umfrage?: Was an den Vorwürfen gegen Forsa dran ist

„Ideologischer Linkskurs“ oder „pragmatische Mitte“? Forsa wurde auf Twitter vorgeworfen, tendenziöse Fragen zu stellen. Was steckt dahinter?

Am Wochenende sorgte eine Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Forsa für Empörung in den sozialen Medien. Kritik erntete aber nicht etwa das Umfrageergebnis, das die SPD in der Wählergunst nur noch bei elf Prozent taxierte, sondern die Art der Fragestellung.

Ein Screenshot, der auf Twitter viral ging, zeigt eine Meinungsfrage zur neuen SPD-Spitze, auf die zwei Antworten möglich sind: Entweder „die SPD gewinnt mit einem ideologischen Linkskurs“ oder „die SPD gewinnt mit einem Mitte-Kurs“.

Twitter-Nutzer und Juso-Mitglied Jan Beyer teilte den Screenshot. Er bezeichnete die Fragen als Suggestivfragen und schrieb: „Das ist alles, nur nicht wissenschaftlich“. Die zwei offensichtlich wertenden Adjektive zu den vorgestellten politischen Richtungen – „ideologisch“ oder „pragmatisch“ – sahen viele Twitter-Nutzer als Zeichen für die Manipulation von Umfrage-Ergebnissen. Andere bezweifelten, dass der Screenshot echt ist.

Forsa äußerte sich am Montag gegenüber dem ZDF-Korrespondenten Florian Neuhann. Er hatte sich bei Forsa informiert und teilte seine Erkenntnisse – ebenfalls auf Twitter. „Siehe da, es ist alles etwas anders“, schrieb der Journalist.

Das Umfrage-Unternehmen teilte mit: Die auf Twitter vielfach geteilte Frage sei nicht Teil der Fragen des „Trendbarometer“ gewesen, für das Forsa vom 2. bis 6. Dezember rund 2500 Menschen befragt hatte. Die Frage sei auch in keiner anderen Umfrage gestellt worden, hieß es. Zwar sei der Screenshot authentisch. Aber die Frage sei „in einem Pre-Test zur Überprüfung der Methodik gestellt worden“.

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In der eigentlichen Umfrage sei diese Frage so nie gestellt worden, gab der ZDF-Korrespondent Florian Neuhann die Antwort von Forsa wieder. In der finalen Umfrage sei stattdessen eine Frage gestellt worden, die frei von Wertungen war: „Glauben Sie, dass die SPD eher mit einem Linkskurs oder mit einem Mitte-Kurs neue Wähler gewinnt?“ Eine Anfrage des Tagesspiegels hat Forsa bisher nicht beantwortet.

Woher kommt der Screenshot? Ein Umfrage-Teilnehmer berichtet

Jan Beyer, der den Screenshot bei Twitter teilte, sagte dem Tagesspiegel, ein Bekannter habe das Foto von der Fragen vorher auf Facebook geteilt. Dem Tagesspiegel sagte er: „Mit einer so hohen Resonanz hatte ich nicht gerechnet.“

Der Bekannte, ein Mann aus Hessen, sagte dem Tagesspiegel am Telefon: „Ich erhielt vergangenen Samstag eine Aufforderung, an einer Kurzumfrage zur aktuellen politischen Situation teilzunehmen.“ Er sei dafür angemeldet und erhalte diese Aufforderungen öfter. Als Belohnung für die Teilnahme an Online-Befragungen erhalte er Lose.

Ob es sich bei der Umfrage um eine Vorab-Umfrage gehandelt habe, könne er nicht sagen: „Das war für mich nicht erkennbar.“ Den Screenshot habe er geteilt, da er sich über die Art der Fragestellung gewundert habe.

Jan Beyer hat seinen Twitter-Post mittlerweile gelöscht. „Es war nicht meine Absicht, irgendwelche Verschwörungstheorien zu befeuern“, schrieb er auf Twitter.

Forsa ist eines der führenden Markt- und Meinungsforschungsinstitute Deutschland. Die Umfragen, die Forsa durchführt, werden in vielen Zeitungen zitiert – auch im Tagesspiegel. Es ist nicht das erste Mal, dass das Unternehmen in der Kritik steht.

2008 zum Beispiel hatte die SPD Forsa Meinungsmache vorgeworfen. Auch darin ging es um Umfrageergebnisse für die SPD. Forsa kam damals zu schlechteren Ergebnissen für die SPD als andere Forschungsinstitute. Forsa wies die Vorwürfe zurück. Der Chef von Forsa, Manfred Güllner, ist seit 1964 SPD-Mitglied.

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