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Politik: Mario Monti bittet Kirche zur Kasse

Geld für die Sanierung des Staatshaushalts.

Rom - Der Anlass war festlich, die Botschaft ernüchternd: An der traditionellen Feier des Jahrestags der Lateranverträge in Rom teilte Mario Monti den italienischen Bischöfen mit, dass künftig auch auf kirchlichen Liegenschaften Steuern erhoben würden. Mit den Lateranverträgen von 1929 wurde das Verhältnis zwischen dem italienischen Staat und dem Vatikan geregelt: Es wurde festgeschrieben, was des Kaisers und was Gottes ist. Und die Steuerhoheit über kirchliche Liegenschaften außerhalb des Vatikans ist gemäß Vertrag des Kaisers, also des Staates.

Die Kirche und kirchliche Orden und Organisationen besitzen in Italien etwa 100 000 Liegenschaften und Gebäude. Darunter befinden sich rund 8800 Schulen sowie 4700 Spitäler, Heime, Krippen und soziale Einrichtungen. Hinzu kommen zu Hotels und Pensionen umfunktionierte Klöster und Konvente. Bisher musste die Kirche nur für Einrichtungen mit „ausschließlich kommerziellem Zweck“ Steuern entrichten – und das sind wenige. Damit ein Hotel oder ein Krankenhaus als steuerbefreiter „Ort des Kultes“ gelten konnte, genügte es bisher in der Regel, wenn im entsprechenden Gebäude eine Kapelle vorhanden war. Mitunter tat es auch ein Kruzifix oder ein Madonnenbild, das irgendwo an einer Wand hing.

Damit soll nun Schluss sein: Laut Montis neuem Gesetz muss die Kirche künftig auf allen Gebäuden Liegenschaftssteuern bezahlen, die in irgendeiner Weise kommerziell genutzt werden. Dabei wird der Grad der kommerziellen Nutzung vom Finanzamt und nicht etwa von der Kirche bestimmt. Befreit von der Steuerpflicht bleiben einzig Gebäude, die „ausschließlich dem Kultus“ dienen – also Kirchen, Oratorien, Seminare und Ordenshäuser.

Über die Höhe des zusätzlichen Steuerbetrags, den die Kirche künftig an den Staat abliefern muss, gehen die Meinungen noch auseinander: Kirchennahe Schätzungen gehen von rund 100 Millionen Euro aus, das Finanzamt beziffert die künftigen Mehreinnahem inoffiziell auf zwei Milliarden Euro jährlich. Die Wahrheit dürfte ungefähr in der Mitte liegen.

Mario Monti, der das Tabu nun durchbrechen will, hat zwei starke Verbündete: Die Krise, die von allen und damit auch von der Kirche Opfer abverlangt, sowie die EU, die ein Verfahren wegen unerlaubter Staatshilfen und Wettbewerbsverzerrung eingeleitet hat. Würde Italien dieses Verfahren verlieren, müsste die Kirche nicht nur, wie von Montis neuem Gesetz vorgesehen, in Zukunft Immobiliensteuern entrichten, sondern diese gleich auch noch rückwirkend für die letzten fünf Jahre nachzahlen. Dominik Straub

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