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Bernd Riexinger, Parteivorsitzender Die Linke.

© Gregor Fischer/picture alliance/dpa

Martenstein zu einer „überspitzten“ Äußerung: Das Erschießen liegt wohl in der DNA der Linksradikalen

Warum ist das Medienecho auf die Erschießungsfrage der Linkspartei so verhalten? Etwas vergleichbares von der AfD hätte viel mehr provoziert. Eine Glosse.

Eine Glosse von Harald Martenstein

Bei einer Strategiekonferenz der Linken wurde darüber diskutiert, wie die Partei „das Land verändern“ könnte. Eine Genossin aus Berlin, Sandra L., wollte erklären, was nach der „Revolution“ zu tun sei, nachdem „wir das eine Prozent Reiche erschossen haben“.

Parteichef Riexinger griff ein, er erklärte: „Wir erschießen sie nicht, wir setzen sie für nützliche Arbeit ein.“ Es gab Beifall. Aus welchem gedanklichen Repertoire stammt diese Parole noch gleich? Als die Sache bekannt wurde, distanzierten sich beide von ihren Äußerungen, die Rede war von Ironie.

Ein Prozent der Bevölkerung: das wären rund 800.000 Erschießungen. Jedes Mitglied der Linken dürfte dreizehn Reiche erschießen. Man sorgt sich sofort um Gregor Gysi, Jakob Augstein und andere erklärte Linke, die ja vermutlich zum reichsten Prozent zählen. Sandra hat wohl eher an Friedrich Merz und Friede Springer gedacht. Weniger Menschen sind ja auch gut für die CO2-Bilanz.

Das Medienecho war verhalten

Ich habe mich über das verhaltene Medienecho gewundert. Man erinnert noch den Sturm, nachdem Frauke Petry gesagt hatte, der Grenzschutz müsse „notfalls von der Schusswaffe Gebrauch machen“, dies stehe im Gesetz.

Was wäre wohl passiert, wenn auf einer AfD-Konferenz jemand über Massenerschießungen von Ausländern fantasiert hätte? Wenn Bernd Riexingers Gegenstück, der neue AfD-Chef Chrupalla, stattdessen Zwangsarbeit vorgeschlagen hätte. Wenn beide hinterher von „Ironie“ gesprochen hätten.

Hätte die „Süddeutsche“ dies einen „Diskussionsbeitrag“ genannt, wie sie es im Falle von Sandra L. getan hat? Man hätte nach einem Parteiverbot gerufen. Im Falle der Linken rufen sogar in der CDU manche nach Koalitionen.

Fast zeitgleich mit der Erschießungsdebatte stellten acht Linkspolitiker Strafantrag gegen Angela Merkel, wegen „Beihilfe zum Mord“, Deutschland habe die Ermordung des iranischen Terrorgenerals Soleimani unterstützt. Zumindest Israelhasser müssen vor der Linken keine Angst haben.

Eine Entschuldigung wird es nicht geben

In der Erschießungsfrage ist die Partei gespalten. Ulla Jelpke etwa, innenpolitische Sprecherin, kann „keinen Skandal erkennen“, eine Entschuldigung findet sie übertrieben, die Äußerungen nur „überspitzt“. Überspitzt bedeutet im Allgemeinen: Die grobe Richtung stimmt.

In der „taz“ rät ein Selektivhumanist, lieber die „Gewalt an den Außengrenzen der EU“ zu geißeln, dass die Linke tatsächlich Arbeitslager einführt, sei „unwahrscheinlich“.

Allerdings ist mir kein kommunistisches Land bekannt, in dem politische Gegner nicht liquidiert worden wären. Das liegt wohl in der DNA dieser Denkrichtung. Im Gegensatz zum Rechtsradikalismus erfreut sich Linksradikalismus gesellschaftlicher Akzeptanz, Beweis: Wenn er seine Haltung zeigt, regt sich wenig Widerstand.

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