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Politik: Massaker als Fußnoten

Neue Proteste in China gegen Japans Schulbücher

Peking - Es war eines der schlimmsten Massaker in Asiens Geschichte. Im Winter 1937 marschierten japanische Armeeverbände in Chinas damalige Hauptstadt Nanjing ein. „Sie ermordeten jeden, den sie sahen“, sagt ein Überlebender. Zwischen 100000 und 300000 Zivilisten wurden in einem sechs Wochen dauernden Blutrausch von der Armee abgeschlachtet, 80000 Frauen vergewaltigt.

In der Neuauflage eines Schulbuchs des japanischen Fuso-sha-Verlages ist das Massaker von Nanjing nur „ein Vorfall“, Opferzahlen lernen die Schüler nicht. Ähnlich verharmlosend werden andere Kriegsverbrechen, die Kolonialisierung Koreas sowie die Angriffskriege auf die Nachbarländer dargestellt. Zehntausende Frauen, die als Zwangsprostituierten der Japaner missbraucht wurden, bleiben unerwähnt.

Das Buch ist Ursache des derzeitigen Streits zwischen Japan und seinen Nachbarn. Zehntausende Chinesen demonstrierten bereits, für das Wochenende wird eine neue Welle heftigerProteste erwartet, wie es sie auch in Korea gegeben hatte. Schon 2001, als die erste Auflage des Fuso-sha-Geschichtsbuchs erschien, protestierten Peking und Seoul in Tokio. Und selbst in Japan ist das Geschichtsbuch umstritten. „Da wird versucht, die Wahrheit über die Invasionen zu verwässern“, sagt Geschichtsprofessor Kentaro Awaya. Auch in anderen neuen Schulbüchern sehen Kritiker eine Verharmlosung der Kriegsvergangenheit. Die erste Auflage desFuso-sha-Buches werde nur von 0,01 Prozent der Schulen verwendet, berichten japanische Medien.

Hinter dem Machwerk steht die „Japanische Gesellschaft zur Reform der Geschichtsbücher“, Tsukuru-kai, eine rechtsextreme Bewegung mit tausenden Mitgliedern. Sie versucht seit 1997 durch Schulbücher reaktionäres Gedankengut in die Lehrpläne zu bringen. Die Beschäftigung der Schüler mit Kriegsverbrechen nennt sie „masochistisch“. Leitmotiv für den Unterricht solle die „Liebe zur Geschichte unseres Landes sein“. Tokios Regierung versteckt sich hinter Gesetzen. Die Veröffentlichung der Bücher sei ein Beispiel „für die Freiheit der Meinung und Veröffentlichung“, sagte Japans Botschafter in China.

Harald Maass

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