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Politik: Massenprotest gegen Wahl in der Ukraine

Zehntausende demonstrieren gegen Fälschungen / Pro-russischer Premier zum Sieger erklärt

Begleitet von massiven Protesten der Opposition und Fälschungsvorwürfen ist am Montag der bisherige Premier Viktor Janukowitsch zum Sieger der Präsidentschaftswahl in der Ukraine erklärt worden. Nach Angaben der Zentralen Wahlkommission entfielen nach Auszählung von über 99 Prozent der Stimmen auf den Regierungschef 49,4 Prozent, auf Oppositionsführer Viktor Juschtschenko 46,7 Prozent der Stimmen. Wahlbeobachter der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) prangerten die Missachtung demokratischer Prinzipien an. Juschtschenko rief seine Anhänger zum Widerstand auf. Mehr als 100 000 Menschen gingen allein in Kiew auf die Straße, um gegen Manipulationen bei der Wahl zu protestieren. Der Stadtrat von Kiew sowie vier weitere Städte weigerten sich, das offizielle Ergebnis der Abstimmung anzuerkennen.

„Wir werden eine organisierte Bewegung des zivilen Widerstands beginnen“, sagte Juschtschenko. Er appellierte an seine Anhänger, die Proteste „bis zum Sieg“ fortzusetzen. Der Wahlkommission warf er vor, eine „Blankovollmacht zur Fälschung“ ausgestellt zu haben. Erste Wählerbefragungen hatten den Oppositionschef deutlich vor dem prorussischen Janukowitsch gesehen. Den ersten Wahlgang vor drei Wochen hatte Juschtschenko knapp gewonnen.

Das Gebäude der Wahlkommission und der Präsidentensitz in Kiew wurden am Montag von Spezialeinheiten bewacht. Die Behörden warnten die Opposition vor weiteren Protesten. Die Generalstaatsanwaltschaft, der Geheimdienst und das Innenministerium teilten in einer gemeinsamen Erklärung mit, sie seien zum sofortigen Einschreiten bereit.

Die Opposition zweifelt besonders die Ergebnisse und die offizielle Wahlbeteiligung in den Hochburgen von Janukowitsch im Osten des Landes an. Hunderte ihrer lokalen Wahlkommissionsmitglieder waren dort aus den Wahllokalen verwiesen worden. So sollen in der Industrieregion des Donbass über 96 Prozent abgestimmt haben. In einigen Wahllokalen habe die Beteiligung gar über 100 Prozent gelegen, sagte Juschtschenko. Der einzige unabhängige TV-Sender strahlte mehrere Amateur-Filme aus, die von Manipulationen bei der Auszählung zeugen: So wurden für Juschtschenko abgegebene Stimmen in einigen Wahllokalen dessen Rivalen zugeschlagen. Von Unregelmäßigkeiten berichteten auch in Deutschland lebende Ukrainer: So wurden offenbar Wähler, die sich in der ukrainischen Botschaft in Berlin registriert hatten und dort ihre Stimme abgaben, von der Zentralen Wahlkommission nicht aus den Wählerlisten in ihrer jeweiligen Heimatstadt gestrichen. Die ukrainische Botschaft wollte die Vorwürfe nicht bestätigen.

Auch die EU kritisierte, dass internationale Standards nicht eingehalten wurden. Die EU werde die ukrainische Regierung auffordern, den Ablauf der Wahl und das Ergebnis zu überprüfen, sagte der niederländische Außenminister Bernard Bot. Dazu würden die ukrainischen Botschafter einbestellt. Die USA drohten zudem mit Konsequenzen: „Sollte sich die Wahl als grundlegend manipuliert erweisen, könnten wir unsere Beziehungen zur Ukraine überprüfen und Schritte gegen Personen in Betracht ziehen, die an dem Betrug beteiligt waren“, sagte ein Sprecher des US-Außenministeriums. Der russische Präsident Wladimir Putin dagegen gratulierte Janukowitsch und nannte seinen Sieg „überzeugend“.

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