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Chaos in der Stadt.

© REUTERS

Politik: Massenschießerei mitten in Washington

Angreifer töten auf einem Marinestützpunkt in der US-Hauptstadt offenbar mindestens zwölf Menschen.

Washington - Ab 8 Uhr 20 war die US-Hauptstadt am Montagmorgen im Ausnahmezustand. Landungen und Abflüge am innerstädtischen Ronald-Reagan-Flughafen wurden vorübergehend ausgesetzt, zahlreiche Straßen südlich des Kapitols gesperrt, Busse umgeleitet, teilweise standen Metrozüge still, zehn Schulen südlich des Anacostia-River wurden von innen verriegelt, Anwohner aufgefordert, in ihren Häusern zu bleiben und die Fenster geschlossen zu halten. Präsident Barack Obama und Verteidigungsminister Chuck Hagel erhielten fortlaufend Informationen: Auf dem Gelände des Kommandozentrums der US- Marine, nur wenige Minuten von Kapitol und Weißem Haus entfernt, hatten ein Mann oder mehrere Männer auf Angestellte in einem Gebäude geschossen. Von mindestens zwölf Toten und noch mehr Verletzten war die Rede. Erinnerungen an den Amoklauf des US-Militärpsychologen Nidal Hasan im November 2009 auf dem texanischen Militärstützpunkt Fort Hood wurden wach.

Bis zum Nachmittag (Ortszeit) war noch immer nicht klar, was sich genau ereignet hat. Zunächst waren die Behörden von einem Amokläufer als Einzeltäter ausgegangen. Etwas später hieß es, es seien mehrere Schützen involviert, was Spekulationen über eine geplante Aktion einer Gruppe laut werden ließ. Am Mittag sagte die Polizeichefin der Stadt, einer der Angreifer sei getötet worden, man gehe aber potenziell von zwei weiteren Angreifern aus. Die beiden wurden als ein weißer und ein schwarzer Mann, beide etwa 40 Jahre alt, beschrieben. Der Weiße ausgestattet mit einer Pistole, der Schwarze mit einem Gewehr. Beide, so hieß es, trügen eine Art militärischer Uniform. Allerdings konnte die Polizei am Nachmittag noch nicht sagen, wo sich die beiden aufhielten. Das Gebäude, in dem nach offiziellen Angaben 3000 Menschen arbeiten, wurde weitgehend, aber nicht vollständig evakuiert. Helikopter überflogen die Anlage, Polizei, FBI und Militär waren vor Ort.

Augenzeugen berichteten, ein Schütze habe am Morgen vom vierten Stock des Gebäudes aus auf Personen auf der Terrasse einer Cafeteria im ersten Stock das Feuer eröffnet. Später seien in einem Flur im dritten Stock Schüsse gefallen.

Angesichts der unklaren Lage wurden in Washington und darüber hinaus an Militärstützpunkten und Regierungsgebäuden die Sicherheitsmaßnahmen erhöht. Der Senat unterbrach seine Sitzungen und vertagte wegen der Schießerei noch anstehende Abstimmungen, wie der Mehrheitsführer im Senat, Harry Reid, am Nachmittag bekannt gab. Drohungen allerdings habe es nicht gegeben. Eine Rede des US-Präsidenten zum fünften Jahrestag der Lehman-Pleite wurde zwar aus dem Rosengarten ins Innere des Weißen Hauses verlegt. Dazu allerdings hieß es, das sei nur dem regnerischen Wetter geschuldet. Auch die 90-minütige Schließung des Reagan-Flughafens habe man nur angeordnet, um die Polizei-Helikopter am nahe gelegenen Navy-Gelände nicht zu behindern.

Obama verurteilte die Schießerei am Mittag als „feigen Akt“ und versprach, alle Sicherheitsbehörden, lokale wie nationale, würden nahtlos zusammenarbeiten, um diejenigen zur Verantwortung zu ziehen, die für die Schießerei verantwortlich seien. „Wir kennen noch nicht alle Fakten“, warnte der US-Präsident vor seiner eigentlich angesetzten Rede zum Auslöser der Wirtschaftskrise. Aber Amerika sehe sich mit einer weiteren „Massenschießerei“ konfrontiert.

Die größte Sorge blieb am Nachmittag in der US-Hauptstadt, dass noch immer zwei weitere Angreifer irgendwo auf dem Gelände vermutet wurden, wie die Polizeichefin sagte. Washingtons Bürgermeister Vincent Gray erklärte, man wisse nichts über die Motive, gehe aber von einem „isolierten Vorfall“ aus. Es gebe keinen Anlass, einen Terrorakt zu vermuten. Ausschließen könne er das aber ebenso wenig. Barbara Junge

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