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Seit Jahren wird am neuen Hauptstadtflughafen gebaut - mal mehr, mal weniger. Frühestens 2020 kann geflogen werden.

© Sophia Kembowski/dpa

Matthies meint: Aus der Welt der Besserwisser

Die Zeiten für Ingenieure sind hart: Von Dirigenten sind sie zu Schraubern mutiert, meint unser Kolumnist. Eine Glosse.

Eine Glosse von Lars von Törne

Wer sich mal so richtig gemobbt fühlen will, der sollte bei der nächsten größeren Party beiläufig erwähnen, dass er Autoingenieur sei und den modernen Diesel für eine tolle Sache halte; man wird ihn ansehen wie irgendwas, was die Katze reingeschleppt hat.

Der deutsche Ingenieur ist nicht länger der Fahrdynamik-Dirigent, der die Partituren der motorisierten Welt deutet, sondern ein nichtsnutziger Schrauber-Dämon, der eben diese Welt böswillig vor die Wand lenkt.

James Bonds alter Widersacher Stavros Blofeld würde das Universum heute zweifellos nicht mit Laserkanonen, sondern mit gefälschter Motor-Software bedrohen.

In diesem Licht gewinnt an symbolischer Bedeutung, was uns der Donau- Kurier aus dem niederbayerischen Riedenburg berichtet. Dort gibt es einen Fliesenlegermeister, der ausdrücklich nicht mehr für „Ingenieure, Doktoranden und Professoren der Firmen Audi und Siemens“ arbeitet.

Diese Personen, so schimpft er, lebten in einer komplett anderen Besserwisser-Welt der Milli- und Nanometer, in der selbst akkurat lotrechte Wände als komplett schief und natürliche Marmor-Muster als unerträglich chaotisch gelten. Die Folge seien Rechtsstreitigkeiten und Zahlungsausfälle, wie es sie bei anderen Berufsgruppen nicht gebe, und bei Bandarbeitern der besagten Firmen ebenfalls nicht.

Wenn nur noch Taten helfen können

Diskriminierung? Der Fliesenleger hat danach einen traurigen Brief von den Eltern eines Audi-Ingenieurs bekommen, dem niemand mehr im weiten Umkreis ein Haus bauen will. Sie würden bürgen, im Voraus zahlen und versichern, dass ihr Sohn die Baustelle vor der Schlüsselübergabe nicht einmal betritt, aber all das genügt nicht.

Das Apokalypse-Argument scheint da bei keine Rolle zu spielen. Aber all das liefert Puzzlesteine zum Bild eines Fanatikers, der für ein paar Mikrometer weniger Spaltmaß glatt seine Großmutter verkaufen würde und sich mit einem versteckten Computerprogramm jederzeit vom Hof machen kann wie der Oktopus in seiner Tinte.

Auffällig viele Diplom-Ingenieure sind übrigens in den AfD-Fraktionen zu finden, was dem Berufsstand glatt den Rest geben könnte. Nur noch Taten können helfen. Ingenieure! Baut wenigstens unseren Flughafen fertig! Dann gibt’s eventuell Bewährung.

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