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Was tun mit der Bürokratie?

© imago

Matthies meint: Eins raus – oder lieber gleich zwei?

Es gibt da eine Idee aus England, wie man die Bürokratie eindämmt. Könnte so etwas in Deutschland funktionieren? Eine Glosse.

In der Politik ist immer höchste Vorsicht geboten, wenn sich die Politiker quer durch die Parteien in einer bestimmten Frage einig sind. Denn dann ist die Wahrscheinlichkeit sehr hoch, dass wenig später genau das Gegenteil verwirklicht wird. Und wenn sich sogar die Kanzlerin höchstpersönlich der betreffenden Auffassung anschließt, dann können wir diese als unwiderruflich erledigt betrachten, dead law walking.

Der englische Einschub lag deshalb nahe, weil es hier um eine Idee aus England geht: „one in, one out“. Sie bedeutet, dass eine Regelung, die Bürger oder Wirtschaft belastet, nur dann Gesetz werden darf, wenn dafür eine andere, ähnliche, rausfliegt. Und das Beunruhigende daran ist nun, dass das alle gut finden. Und dass der Regierungssprecher am Montag mitgeteilt hat, die Kanzlerin wolle die Einführung prüfen.

Es wäre so schön gewesen, und so konsensfähig. Nur gilt ja seit der Hochblüte der Azteken, dass noch nie, nie ein Politiker öffentlich mitgeteilt hat, er sei für den zügigen Ausbau der Bürokratie und jede Menge neue belastende Gesetze. Die Bürokratie wuchert trotzdem, sie unterläuft den Verantwortlichen irgendwie, ups, schon wieder so eine blöde Rechtsverordnung, wo kommt die denn her? Denn alle, vom Wutbürger bis zum stocknüchternen Leitartikler, wollen weniger Gesetze und fordern im gleichen Atemzug mit Inbrunst neue, solange sie immer die jeweils anderen treffen.

Kaiserliche Sektsteuer

Nun also „eins rein, eins raus“. Oder gar zwei raus, wie die radikalen Bürokratiebekämpfer fordern, unerbittlich, bis nur noch die rauchenden Reste der Verfassung das verschlankte, sehnig-straffe Deutschland zusammenhalten? Daraus wird nie was, denn wenn dieses Land beispielsweise es nicht einmal geschafft hat, über alle Regimes und Staatsformen hinweg die kaiserliche Sektsteuer abzuschaffen, dann zeigt sich daran der tatsächliche Spielraum.

Interessant wäre vor allem, wie das formell überhaupt funktionieren soll. Irgendeine Kann-Bestimmung im vierten Spiegelstrich mit mehreren Vorbehalten nützt gar nichts. Aber stellen wir uns mal vor, es gibt wirklich eine bindende Regel. Dann marschiert die Bundesregierung mit ihren frischen Gesetzen zum Bundespräsidenten, um sie unterschreiben zu lassen, und der sagt: Augenblick mal – was streicht ihr denn dafür? Dafür haben sie im Moment viel zu viel Angst vor Joachim Gauck. Und deshalb wissen wir schon jetzt, was beim Prüfen rauskommt: nichts. One out.

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