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Bernd Matthies

© Kai-Uwe Heinrich

Matthies meint: Neue Waffen braucht die Welt

Schießen, erobern, berauben - das sind sichere Branchen. Dachte Bernd Matthies bislang. Doch jetzt kommt alles anders.

Es ist so wenig krisenfest in diesen Zeiten. Im Grunde ist es schon egal, ob man eine Automobilfabrik besitzt oder ein Großbordell, ob man Champagner abfüllt oder Deckchen stickt – das Geld ist weg, und bis es wiedergefunden wird, mag niemand mehr welches ausgeben. Auf die Frage, welche Gewerbe denn nun wirklich sicher seien, hätte ich bis vor kurzem gesagt: Nun ja, Schießen, Erobern, Berauben, Löcher in Menschen und strategisch wichtige Immobilien reinmachen, das geht immer, stecken Sie Ihr Geld in eine Waffenfabrik.

Und nun die schlechte Nachricht: Beretta, die berühmte italienische Manufaktur, verkündet Kurzarbeit wegen des Nachfrageeinbruchs aus den USA. Es heißt, derart drastische Maßnahmen habe es seit der Unternehmensgründung im 16. Jahrhundert nicht gegeben – und da war Amerika noch nicht mal richtig erfunden.

Was ist da drüben jetzt los? Haben die Waffenbeschaffer der Army strikte Order, ihre alten Berettas zu ölen und ungeachtet einzelner Gebrauchsspuren – z.B. Kerben am Griff – für einen weiteren Feldzug einzuplanen? Hat sich die Mafia entschlossen, aus Kostengründen für 2009 jegliches Massaker abzusagen? Oder ist der Obama-Effekt schon so weit gediehen, dass eine Art kollektiver Seufzer durch das Land zieht und die Waffenfreaks aller Art darauf vertrauen, ihre Probleme künftig im solidarischen Gespräch lösen zu können? 

Mutmaßungen, natürlich. Umgekehrt wäre ja denkbar, dass die Krise schwerere Waffen erfordert und die Kunden auf Uzi oder Kalaschnikow umsteigen, weil Beretta im Schnellfeuersektor eher schwach sortiert ist. Und es ist zu berücksichtigen, dass die US-feindlichen Kräfte im Irak vermutlich innerhalb weniger Tage auf das Werfen von Schuhen umsteigen werden, das jetzt bei George W. Bushs Abschiedsbesuch erstmals ausprobiert wurde. Es wirkt auf uns wie eine hilflose Geste, bedeutet aber im kulturellen Kontext des Landes ungefähr soviel wie: „Stirb, du räudiger Sohn eines stinkenden Ziegenbocks!“ Ja, versuchen Sie mal, das mit einer Beretta zu formulieren.

Der aktuelle Tipp kann also nur lauten: Investieren Sie in Schuhfabriken. Für den Kampfeinsatz lassen sich die Sohlen sicher ein wenig vergiften.

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