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CDU-Spitzenkandidat in Brandenburg, Michael Schierack, will keine Maut für kleine Straßen.

© dpa

Maut: Brandenburger CDU-Chef attackiert Dobrindts Pläne

CSU-Chef Horst Seehofer hat die CDU ermahnt, das Mautkonzept von Verkehrsminister Dobrindt nicht weiter zu zerreden. Doch die Kritik aus der Union reißt nicht ab.

Die Ordnungsrufe von Bayerns Ministerpräsident und CSU-Chef Horst Seehofer in Richtung CDU beim Thema Maut verhallen offenbar wirkungslos. Kaum hat Seehofer seine Unionskollegen in einem Interview mit der "Bild-Zeitung" aufgefordert, sich endlich hinter das Mautkonzept von CSU-Verkehrsminister Alexander Dobrindt zu stellen, meldet sich ein weiterer CDU-Spitzenpolitiker mit Kritik zu Wort. Brandenburgs CDU-Landeschef und Spitzenkandidat für Landtagswahl, Michael Schierack, sagte dem Tagesspiegel: "Hände weg von den kleinen Straßen! Vor allem der kleine Grenzverkehr, der auch für Brandenburg wichtig ist, darf nicht betroffen sein. " Die Pläne Dobrindts seien "kein großer Wurf." Grundsätzlich müssten zudem die Vorgaben des Koalitionsvertrages eingehalten werden, dass eine Maut europakonform sein müsse und sie für den Autofahrer in Deutschland nicht teurer sein dürfe. "Und es muss gewährleistet sein, dass Einnahmen aus einer Maut tatsächlich in die Verkehrsinfrastruktur investiert werden", sagte Schierack.

Seehofers Lieblingsprojekt

Die CSU hatte in den Koalitionsverhandlungen die Pkw-Maut auf Autobahnen durchgesetzt. Dobrindt hat ein Konzept vorgelegt, das eine Maut für alle Straßen vorsieht - was in CDU, SPD und auch der CSU selbst umstritten ist, weil etliche Politiker wie Schierack Nachteile für den sogenannten kleinen Grenzverkehr fürchten. In der vergangenen Woche hatten sowohl der Chef der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Volker Kauder, als auch die Vorsitzende der CSU-Landesgruppen im Bundestag, Gerda Hasselfeldt, Berichten widersprochen, die CSU werde solange alle anderen Gesetzesvorhaben der großen Koalition blockieren, bis die Maut verabschiedet sei.

Deutliche Worte an Schäuble

Im Stich gelassen fühlt sich Seehofer vor allem von Finanzminister Wolfgang Schäuble. Der "Spiegel" berichtete, der Finanzminister habe massive Bedenken, ob das Konzept Dobrindts umsetzbar ist. Danach heiße es in einer sechsseitigen Bewertung warnend, am Ende könnten "im Ergebnis erheblich weniger als 600 Millionen Euro pro Jahr für die Straßeninfrastrukturfinanzierung übrig bleiben". Angesichts der komplizierten Berechnung der Maut bestünden zudem "erhebliche Zweifel, ob die veranschlagten Systemkosten nicht zu niedrig angesetzt sind". Falls die Maut ein Zuschussgeschäft werde, müsse das Verkehrsministerium die fehlenden Mittel bereitstellen. Seehofer sieht darin offenkundig den vorläufigen Höhepunkt eines Feldzuges aus Teilen der CDU gegen die Maut: „Das erhärtet eigentlich meine Vermutung, dass der Finanzminister ja alles tun möchte, um das zu verhindern“, sagte er am Sonntag der „Süddeutschen Zeitung“.

Auch der Innenminister hat Bedenken

Laut "Spiegel" hegt Innenminister Thomas de Maizière (CDU) zudem verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Maut, weil sie gegen den Gleichheitsgrundsatz des Grundgesetzes verstoßen könne. Der Hintergrund ist, dass Kleinlaster dann anders als Pkw und Lkw von einer Maut ausgenommen wären.

Offene Drohungen

Seehofer drohte der CDU am Wochenende mit Konsequenzen, sollte die Kritik am Maut-Konzept nicht aufhören. Nach den Landtagswahlen in Thüringen und Brandenburg kommenden Sonntag werde die CSU ansonsten “etwas deutlich“ werden, sagte er der "Bild-Zeitung". Dann sei "die politische Schonzeit" vorbei. "Wir sind nicht die FDP." Diese sei 2009 mit dem Versprechen der Steuersenkungen angetreten und habe nicht geliefert. Das Ergebnis sei bekannt.

Dobrindt setzt nach

Dobrindt selbst verteidigte seine Pläne gegenüber dem Tagesspiegel. „Mein Konzept ist grundgesetzkonform und es ist europarechtskonform“, sagte der Minister. Die Pkw-Maut bringe keine Ungleichheit, sondern beseitige stattdessen „ eine eklatante Ungleichheit, nämlich dadurch dass unsere Straßen zukünftig auch von denjenigen angemessen mitfinanziert werden die diese bisher kostenlos benutzen.“ Die von ihm vorgeschlagene Vignette sei eine einfache und unbürokratische Lösung, und werde etwa in Österreich und der Schweiz erfolgreich praktiziert.

Rückendeckung von Gabriel

Unerwarteten Beistand erhält Dobrindt von Wirtschaftsminister und SPD-Chef Sigmar Gabriel. Er macht sich die Kritik seiner Beamten nach Tagesspiegel-Informationen ausdrücklich nicht zu Eigen. Aus seinem Haus verlautete statt dessen, der Minister zeige Verständnis für Seehofers Verärgerung und wolle Dobrindt bei der Umsetzung der Maut unterstützen. Gabriel halte es für ein legitimes Anliegen, ausländische Nutzer deutscher Straßen an deren Finanzierung zu beteiligen. Obendrein sei der Minister der Überzeugung, dass man in Koalitionen auch jene Projekte mittragen müsse, die nicht aus der eigenen Feder stammten. Ansonsten dürfe man sich nicht wundern, wenn man mit eigenen Vorhaben gegen die Wand laufe.  

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