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Politik: Mazedonien: Friedensvertrag ohne Frieden

In Mazedonien haben sich am Mittwoch die Ereignisse überstürzt. Wenige Stunden nach einem blutigen Angriff der albanischen Rebellen auf einen Armeekonvoi haben die politischen Vertreter der slawischen und albanischen Mazedonier am Ohridsee ihre Unterschriften unter den Entwurf für ein Friedensabkommen gesetzt.

In Mazedonien haben sich am Mittwoch die Ereignisse überstürzt. Wenige Stunden nach einem blutigen Angriff der albanischen Rebellen auf einen Armeekonvoi haben die politischen Vertreter der slawischen und albanischen Mazedonier am Ohridsee ihre Unterschriften unter den Entwurf für ein Friedensabkommen gesetzt. Eine formelle Unterzeichnungszeremonie ist allerdings erst für Montag in Skopje geplant.

EU-Vermittler Francois Leotard erklärte, bis zur Unterzeichnung werde der "politische Prozess" noch weiter geführt. Die wichtigsten Streitpunkte wie die Aufwertung der albanischen Sprache und eine bessere Vertretung der albanischen Minderheit in den Polizeikräften waren schon zuvor ausgeräumt worden.

Zuerst hatte es im Laufe des Tages so ausgesehen, als würden nach dem blutigen Rebellenangriff auf den Armeekonvoi die Friedensverhandlungen kurz vor dem Ziel zusammenbrechen. Bei dem blutigen Überfall auf die Autobahn zwischen Skopje und Tetovo sind mindestens zehn Soldaten der Regierungstruppen ums Leben gekommen. In der Hauptstadt begann am Abend eine wütende Kundgebung mazedonischer Nationalisten, die vor dem Parlament Barrikaden errichteten und Schmährufe gegen den gemäßigten Präsidenten Boris Trajkowski skandierten. Aus Furcht vor Ausschreitungen haben die Behörden für die zentralmazedonische Stadt Prilep, Herkunftsort der getöteten Soldaten, eine nächtliche Ausgangssperre verhängt.

Der Überfall auf der Autobahn war der bisher schwerste Zwischenfall im sechs Monate alten Konflikt zwischen albanischen Rebellen und mazedonischen Regierungstruppen. Die Rebellen schossen rund 20 Kilometer westlich von Skopje mit Panzergranaten und Maschinengewehren auf den Konvoi mit Autobussen und Armeelastwagen. Die Polizei blockierte den Verkehr bereits an der Ausfahrt der Hauptstadt Richtung Tetovo. Die Armee flog mit Hubschraubern Angriffe gegen die Stellungen der Rebellen südlich der Autobahn. Die Kämpfe erfassten am Nachmittag laut Augenzeugen auch die abgeschnittene Stadt Tetovo. In der albanischen Hochburg soll es zu Straßenkämpfen und Plünderungen von Geschäften gekommen sein.

Der blutige Überfall auf die Regierungstruppen folgte nur einen Tag nach einem Schlag der mazedonischen Polizei gegen angebliche Kämpfer der UCK: Das Innenministerium hatte am Dienstag nach eigenen Angaben albanische Rebellen aufgegriffen und ein Waffenlager entdeckt. Ein Augenschein im Unterschlupf der "Terroristen" ergab jedoch am Dienstag ein anderes Bild. Außer in den von Blut durchtränkten Matratzen waren in den beiden Schlafräumen keine Einschusslöcher zu sehen. Die Männer waren offensichtlich in ihren Betten mit gezielten Schüssen hingerichtet worden. Am Abend des dramatischen Tages hatte Mazedonien zwar trotzdem einen Friedensvertrag, aber noch immer keinen Frieden.

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