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Politik: Mazedoniens Lebensversicherung

Gleich drei Briefe mit demselben Inhalt sind derzeit gen Brüssel unterwegs: Mazedoniens Präsident Boris Trajkovski, Regierungschef Ljubco Georgievski und Parlamentspräsident Stojan Andov formulieren ein identisches Anliegen: Die internationale Schutztruppe möge doch bitte im Lande bleiben. Ob die Friedenssoldaten dabei weiterhin unter der Fahne der Nato oder neu unter der EU-Flagge ihren Aufgaben nachgehen werden, ist aus mazedonischer Sicht nicht relevant.

Gleich drei Briefe mit demselben Inhalt sind derzeit gen Brüssel unterwegs: Mazedoniens Präsident Boris Trajkovski, Regierungschef Ljubco Georgievski und Parlamentspräsident Stojan Andov formulieren ein identisches Anliegen: Die internationale Schutztruppe möge doch bitte im Lande bleiben. Ob die Friedenssoldaten dabei weiterhin unter der Fahne der Nato oder neu unter der EU-Flagge ihren Aufgaben nachgehen werden, ist aus mazedonischer Sicht nicht relevant. Ohnehin möchte man langfristig Mitglied bei beiden Organisationen werden. Hauptsache, die Lebensversicherung wird nicht aufgekündigt. Was für ein Kontrast zum vergangenen Herbst: Damals mussten die internationalen Vermittler die mazedonische Führung mit massivem Druck dazu zwingen, die befristete Stationierung der Truppe zu akzeptieren.

Italien soll ab Ende März die Führung der Nato-Friedenstruppe "Amber Fox" in Mazedonien übernehmen. Dies soll den Friedensprozess zwischen Albanern und Slawen weiter unterstützen. Um über die Verlängerung des Nato-Einsatzes zu verhandeln, hält sich Nato-Generalsekretär Lord George Robertson zurzeit in Mazedonien auf. Das gegenwärtige Mandat für die von der Bundeswehr geführte 1000 Mann starke Friedenstruppe läuft am 26. März aus. Wenn die mazedonische Regierung zustimmt, könnte der Auftrag in der zweiten Jahreshälfte an die EU übergehen. Der ehemalige Nato-Generalsekretär und jetzige Hohe Kommissar für die Außen- und Sicherheitspolitik, Javier Solana, will, dass die EU die Führung in Mazedonien übernimmt, damit die gemeinsame europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik besser sichtbar wird.

Die Außenminister der EU sollen Freitag und Samstag bei ihrer informellen Zusammenkunft in Caceres eine grundsätzliche Entscheidung darüber treffen. Zwölf der 19 Nato-Mitgliedstaaten sind EU-Mitglieder. Sie haben grundsätzlich keine Einwände. Allerdings gelten die Briten als skeptisch, solange nicht die enge Verzahnung mit den Nato-Planungs- und Führungskapazitäten gesichert ist. Viele halten es zudem für sicherer, auf dem Balkan die Amerikaner im Boot zu behalten, die dort immer noch größeres politisches Ansehen genießen als die Europäer. Dieses Ziel könnte indirekt über die Nato-Strukturen erreicht werden. Ferner wäre bei einem EU-Engagement die Integration der Russen in Mazedonien möglich, die sich an der gegenwärtigen, von der Nato geführten Operation nicht beteiligen. Die USA haben selbst keine Einwände gegen eine Übernahme durch die EU. Strittig ist allerdings der Termin. Die Bundesregierung setzt sich dafür ein, dass die Nato bis Oktober die führende Organisation bleibt. Spanien plädiert für den Juni-Termin, nach den erwarteten Wahlen in Mazedonien. Wenn es bereits im Juni zur Übergabe an die EU käme, könnte Italien die Führung des EU-Einsatzes behalten und so Kontinuität gewährleisten.

Insgesamt würde sich kaum etwas ändern, wenn die EU die Führung der Mission übernähme. Oberbefehlshaber wäre der deutsche stellvertretende Nato-Oberbefehlshaber Europas, General Dieter Stöckmann vom Nato-Hauptquartier in Mons. Wie die übrigen Befehlsstrukturen von EU und Nato sich zueinander verhalten werden, muss noch verhandelt werden. Es dürfte dabei bleiben, dass die EU nur die politischen Grobentscheidungen fällt. In Nato-Kreisen heißt es deshalb: "Auch wenn EU draufsteht, ist trotzdem Nato drin."

Geändert hat sich dagegen die Einstellung der Bevölkerung zur Schutztruppe: Aus dem gespannten Verhältnis hat sich beinahe so etwas wie eine Liebesgeschichte entwickelt. Vor allem im slawisch-mazedonischen Mehrheitsvolk war die Skepsis gegenüber der fremden Truppe groß. Den Nato-Soldaten eilte dort aufgrund der Kosovo-Erfahrung der Ruf als "Albanerfreunde" voraus. Das Verhältnis begann sich im besonders schneereichen Winter zu entkrampfen. Unter deutscher Führung und nur noch 700-Mann stark hat die Nato-Truppe heute eine andere Aufgabe: Die neuen, ethnisch gemischten Einheiten der mazedonischen Polizei kehren gemäß Stufenplan ohne größere Zwischenfälle in die ehemaligen Rebellendörfer zurück. Unbewaffnete Beobachter der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) schauen den Polizeikräften dabei auf die Finger. Die Nato-Soldaten begleiten die Rückkehr im Hintergrund, um bei Zwischenfällen einschreiten zu können. Zur deutschen Truppenführung ist auf allen Seiten nur Lob zu hören. Selbst die skeptischen Mazedonier sprechen den deutschen Soldaten die Neutralität nicht mehr ab.

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