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Medienschelte: Elysée attackiert entführte Journalisten

Die Entführung von zwei französischen Journalisten in Afghanistan vor drei Wochen hat zu einer öffentlichen Polemik geführt, die ein Schlaglicht auf das Verhältnis zwischen Regierung und Medien in Frankreich wirft. Der Elysée den Journalisten Leichtsinn vor.

In einem Rundfunkinterview hatte Claude Guéant, Generalsekretär des Elysee-Palastes, den beiden Reportern des Senders France 3, die am 30. Dezember mit ihrem Dolmetscher und zwei weiteren Begleitern nordöstlich von Kabul mutmaßlich von Taliban gekidnappt worden waren, unverantwortliches Handeln vorgeworfen. Ein Scoop dürfe „nicht um jeden Preis“ gesucht werden, sagte er. Durch ihr Verhalten hätten die Journalisten Gefahren für die französischen Truppen in Afghanistan heraufbeschworen, da diese nun unter erhöhten Risiken nach ihnen suchen müssten. Die Suche, die die Truppen von ihrer eigentlichen Aufgabe ablenke, habe schon jetzt „beträchtliche Kosten von einer Million Euro“ verursacht, sagte Guéant.

Die Journalistengewerkschaft SDJ bezeichnete die Vorwürfe des Elysee-Generalsekretärs als „skandalös“. Sie zeugten von einem „erschreckenden Zynismus“. Die Organisation Reporter ohne Grenzen nannte sie „schändlich“. In einer Solidaritätserklärung erinnerten namhafte französische Journalisten die Regierung daran, dass der Staat jedem französischen Bürger Beistand schulde, auch wenn es sich um Journalisten handele.

Guéant, der als Generalsekretär des Elysee-Palastes als engster Vertrauter von Staatspräsident Nicolas Sarkozy gilt, steht mit seiner Auffassung offensichtlich nicht allein da. Zuvor hatte sich bereits Außenminister Bernard Kouchner darüber ausgelassen, dass die beiden Reporter vor ihrem Vorhaben „gewarnt“ worden seien. Den Ton hatte Präsident Sarkozy indes selbst vorgegeben, als er, wie berichtet wurde, in einer Kabinettssitzung unmittelbar nach der Entführung von einem „sträflichen Leichtsinn“ sprach, der den Staat nun viel Geld koste.

Die beiden Journalisten – ein Reporter und ein Kameramann –, deren Namen von France 3 nicht bekannt gegeben werden, hatten sich nach Absprache mit ihrer Redaktion ohne militärische Begleitung in die Provinz Kapisa begeben, um für eine geplante Magazinsendung die Stimmung der dortigen Bevölkerung zu dokumentieren. Nach Aussage von Mitarbeitern des Senders handelt es sich bei den beiden nicht um Abenteurer, sondern um erfahrene Kollegen, die sich außer in Afghanistan auch in anderen Krisengebieten durch Besonnenheit ausgezeichnet hätten. Die Direktion des Senders hüllte sich zu der Polemik in Schweigen. Man wolle Verhandlungen über eine Freilassung der Entführten nicht gefährden, heißt es.

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