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Politik: Mehr als 70 Tote im Südirak

Heftige Straßenschlachten unter Schiiten – zwei Millionen Pilger feiern Aschura-Fest in Kerbela

Kerbela - Am Rande der Feierlichkeiten zum Aschura-Fest im Irak sind bei blutigen Straßenschlachten im Süden des Landes mehr als 70 Menschen getötet worden. Im 350 Kilometer südlich von Bagdad gelegenen Nassirija und in der zweitgrößten irakischen Stadt Basra lieferten sich Anhänger der „Gläubigen der Mehdi-Armee“ heftige Gefechte mit den Sicherheitskräften, wie die Polizei am Samstag mitteilte. Derweil feierten in der Stadt Kerbela etwa zwei Millionen Schiiten unter strengsten Sicherheitsvorkehrungen den Höhepunkt des Aschura-Fests.

Nach Angaben der Polizei wurden bei den seit Freitagabend andauernden Kämpfen 53 Anhänger der schiitischen Sekte getötet, allein in Basra starben 35 ihrer Mitglieder. Unter den Todesopfern waren laut Polizei auch neun Polizisten und vier Zivilisten. Mehr als hundert Sektenanhänger wurden festgenommen. In Nassirija durchsuchte die Armee den Vorort El Salhijah nach weiteren Anhängern der Gruppe. Eine mit Sprengstoff verminte Moschee wurde von Spezialisten gesprengt. Die „Gläubigen der Mehdi-Armee“ hoffen auf die Rückkehr des Imams Mehdi, der im achten Jahrhundert in jugendlichem Alter verschwunden war. Der Imam soll nach Ansicht der Sektenmitglieder „der Welt Gerechtigkeit bringen“.

In Kerbela verliefen die Zeremonien zum Aschura-Fest zunächst ohne Zwischenfälle, wie der Gouverneur der Provinz, Akil el Chasali, mitteilte. Hunderte schwarz gekleidete Männer und Frauen strömten in die etwa 110 Kilometer südlich von Bagdad gelegene Stadt und passierten mehrere Kontrollpunkte, die Armee und Polizei rund um Kerbela errichtet hatten. In Prozessionen mit Selbstgeißelungen gedachten die Gläubigen des Todes des schiitischen Imams Hussein, der in der heiligen Stadt begraben liegt. Im Anschluss an die Feierlichkeiten sollten die Gläubigen in Bussen nach Hause gebracht werden. Unter der Herrschaft Saddam Husseins waren die Feierlichkeiten untersagt. Am Donnerstagabend hatten Unbekannte nach einem Bericht von Aswat al Irak versucht, westlich von Basra einen Vertrauten von Großayatollah Ali al Sistani zu töten. Mohammed Falak, der sich um die Aussöhnung zwischen Schiiten und Sunniten im Süden bemüht, sei auf dem Weg zu einem Kondolenzbesuch gewesen, als die Angreifer das Feuer auf ihn und seine Begleiter eröffneten.

Das Aschura-Fest, wichtigstes religiöses Fest der Schiiten, ist immer wieder Ziel von Anschlägen sunnitischer Aufständischer. Am Donnerstag waren bei einem Selbstmordattentat bei einer schiitischen Prozession in der Stadt Bakuba acht Menschen ums Leben gekommen.

Imam Hussein und seine Anhänger wurden im Jahr 680 in der Schlacht bei Kerbela im Irak von den Truppen des sunnitischen Kalifen Jasid getötet. Für Schiiten markiert das Ereignis einen schmerzlichen Höhepunkt im Ringen um die Führungsrolle im Islam.

Unterdessen zeigte sich der Anführer der libanesischen Hisbollah, Scheich Hassan Nasrallah, am Samstag erstmals seit mehr als einem Jahr wieder in der Öffentlichkeit. Vor Zehntausenden von Anhängern drohte Nasrallah bei einer Kundgebung im Süden Beiruts dem Nachbarn Israel Vergeltung für den Fall „neuer Aggressionen“ an. „Ich verkünde hiermit, dass unsere Streitkräfte in ständiger Alarmbereitschaft sind und sich jedem möglichen Krieg gegen den Libanon entgegenstellen werden“, sagte der Hisbollah-Führer. Die proiranische Schiitenpartei und Israel hatten im Sommer 2006 einen 33 Tage währenden Krieg geführt, der durch die Entführung zweier Israelis ausgelöst worden war.

Nasrallah verurteilte die jüngsten Militärschläge Israels im Gazastreifen. Mit Blick auf die vom amerikanischen Präsident George W. Bush initiierten Friedensgespräche zwischen Israel und den Palästinensern wies der Hisbollah-Führer jeglichen Friedensplan zurück, der auf eine „Kapitulation“ hinauslaufe. Der einzige Weg zur Freiheit sei der „Widerstand“. dpa/AFP

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