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Politik: Mehr Bafög, mehr Ärger

Studienförderung und Stipendien: Die Länder dringen auf ein Vermittlungsverfahren – für die Koalition könnte das teuer werden

Berlin - Annette Schavan wird, nein: muss persönlich auftreten an diesem Freitag im Bundesrat. Die Bundesbildungsministerin hat nämlich ihre beiden wichtigsten Projekte des Jahres auf der Tagesordnung der Länderkammer stehen, und am Donnerstag sah es gar nicht gut aus dafür. Statt in der letzten Sitzung mit schwarzgelber Ländermehrheit diese Projekte erfolgreich zum Abschluss zu bringen, zeichnete sich sowohl bei der zweiprozentigen Erhöhung des Bafögs als auch beim Nationalen Stipendienprogramm für begabte Studenten die Anrufung des Vermittlungsausschusses ab. Also eine Ablehnung mit Aussicht auf späteren Kompromiss.

Der Hauptstreitpunkt ist das Geld. Die Finanzminister der Länder sind relativ geschlossen der Meinung, dass der Bund seine von ihm beschlossenen Projekte entweder selbst bezahlen oder den Ländern eine Kompensation zugestehen soll. Die Summen, um die es geht, sind recht überschaubar: 160 Millionen Euro für die Länder beim Bafög, 80 Millionen beim Stipendienprogramm. Die Länder halten dem aber ihre angespannte Haushaltslage entgegen. Seit Monaten steht ihre Forderung im Raum: einen Prozentpunkt mehr bei der Umsatzsteuer für Bildungsausgaben. In der Bundesregierung und im Bundestag hat man das abgelehnt, und man pochte auch darauf, dass die Länder einen Kofinanzierungsanteil an den Bundesprojekten zu leisten haben – auch wenn Bafög-Erhöhung und Stipendienprogramm vom Bund beschlossen worden sind. Bis zur Spitzenrunde der Union am Donnerstagabend gab es keine Bewegung, allenfalls Signale.

Um den angesichts der eher geringen Summen doch bemerkenswert zähen Streit zu verstehen, der nach Ansicht des baden-württembergischen Bundesratsministers Wolfgang Reinhart (CDU) in den Schützengräben geführt wird (Reinhart: „da müssen wir raus“), muss man einige Jahre zurückblättern. Damals wurde in der großen Föderalismusreform beschlossen, das übermäßige Kooperations- und Konfinanzierungsdickicht zwischen Bund und Ländern zu lichten – nicht zuletzt bei den Bildungsaufgaben. Vor allem auf Unionsseite war man dieser Meinung. Freilich haben sich Kanzlerin Angela Merkel und Annette Schavan nicht daran gehalten, und beide – glaubt man Aussagen auf Länderseite – haben es auch nicht für nötig gehalten, die angesichts der Abwendung von der Reform irritierten Ministerpräsidenten durch entsprechendes Entgegenkommen mit ins Boot zu nehmen.

Bayern legte nun am Donnerstag einen Antrag für das Vermittlungsverfahren vor, der darauf zielt, dass der Bund sämtliche Kosten im Stipendienprogramm übernimmt – und zwar sowohl den staatlichen 50-Prozent-Anteil an den Stipendien selbst (die andere Hälfte soll die Wirtschaft tragen) als auch die Verwaltungskosten. Bei einem Zugeständnis des Bundes hier wären die schwarz-gelben Länder aber wohl bereit, einen Teil der Bafög-Erhöhung selber zu stemmen.

Das Problem ist nur, dass die Bundesregierung – sollte dies das Ergebnis des Vermittlungsverfahrens am 14. September sein – dafür zehn Tage später im Bundesrat wohl keine eigene Mehrheit mehr hat. Denn dann ist die neue rot-grüne Regierung in NRW vermutlich im Amt. Der Bund braucht also entweder die Zustimmung der Grünen (in Hamburg und im Saarland) oder von SPD-Ländern. Die Sozialdemokraten waren am Donnerstag durchaus offen für ein Entgegenkommen, freilich nicht ganz kostenlos. Rheinland- Pfalz erwog einen Antrag für das Vermittlungsverfahren mit dem Ziel, einen Teil der Mittel aus dem Stipendienprogramm in eine nochmalige Erhöhung der Bafög-Förderung fließen zu lassen.

Sollte der Bund zu der von Bayern geforderten vollen Finanzierung des Stipendienprogramms bereit sein, dürfte sich die SPD auch hier nicht sperren – es kostet die Länder dann ja nichts. Und Blockadepolitik pur hat SPD-Chef Sigmar Gabriel kürzlich abgelehnt. Wie auch immer das Ergebnis bei Bafög und Stipendien am Ende aber aussieht – es dürfte teurer werden für Schavan und die Bundesregierung. Und sie sind selber schuld dran.

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