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Politik: „Mehr Geld und Betreuung“

Lässt die Spaßgesellschaft die Familien allein? Das mit der Spaßgesellschaft geht zurück.

Lässt die Spaßgesellschaft die Familien allein?

Das mit der Spaßgesellschaft geht zurück. Aber der zweite Teil Ihrer Frage stimmt durchaus: Die Familien werden von der Gesellschaft allein gelassen. Die Erziehungsleistung der Familien wird nicht anerkannt.

Hessens Ministerpräsident Koch bezeichnet Kinder ganz offen als Armutsrisiko.

Damit hat er völlig Recht. Es gibt einen Bericht der Bundesregierung zur Armutssituation in Familien. Darin lässt sich nachlesen, dass das Armutsrisiko für Familien umso größer ist, je mehr Kinder da sind.

Wie hat es dazu kommen können? Meist war doch eine Partei an der Regierung, die den Wert der Familie ausdrücklich betont.

In den ersten Jahren hat die Vorgängerregierung mit Heiner Geißler eine Menge auf den Weg gebracht. Nur: Bei dieser Wegweisung ist es geblieben. Man hat es nicht fortentwickelt. Das Erziehungsgeld etwa, eingeführt 1986, wurde bis heute um keinen Pfennig aufgestockt. Und die Einkommensgrenzen liegen heute nur noch auf Sozialhilfeniveau.

Warum ist das Thema Familie allen Parteien plötzlich so wichtig?

Offenbar hat man erkannt, dass das Sozialsystem Schiffbruch zu erleiden droht. Wie soll das alles finanziert werden, wenn die Leute immer weniger Kinder bekommen?

Die einen setzen auf Kinderbetreuung, die andern auf Familiengeld. Was ist wichtiger?

Eines geht ohne das andere nicht. Familien müssen genug Geld und bezahlbare Betreuungseinrichtungen haben. Es kann nicht sein, dass es nur die Alternative gibt: Entweder keine Zeit oder kein Geld für Kinder.

Stoibers Familiengeld-Vorschlag – drei Jahre lang 600 Euro pro Monat – kommt ja mächtig daher. Eine Mogelpackung?

Er hat ja schon gesagt, dass das nicht gleich bei Amtsübernahme umgesetzt wird. Und wenn ich alles in einen Pott tue, wie geplant, dann sind 600 Euro viel zu wenig. Die fordern wir ja schon allein als Erziehungsgeld.

Experten sagen, dass Familien verfassungswidrig belastet werden durch Sozialversicherungsbeiträge und indirekte Steuern.

Da ist eine Menge dran. Bei der Höhe der Abgaben wird nicht berücksichtigt, wie wirtschaftlich leistungsfähig die Familien sind. Wir fordern deshalb eine Anbindung der Sozialbeiträge an die Steuerschuld.

Das Verfassungsgericht hat mit seinem Pflegeurteil bereits ein solches Signal gesetzt. Warum passiert jetzt nichts bei Renten- oder Krankenversicherung?

Das fragen wir uns auch. Selbst in Karlsruhe wundert man sich, wie locker die Regierung mit diesem Urteil umgeht. Ohnehin haben wir den Eindruck, dass nur noch das Verfassungsgericht Familienpolitik macht. Von der Politik werden die Urteile dann möglichst weit runtergerechnet. Und man klopft sich auf die Schulter und sagt, was man für großartige Leistungen für die Familie erbringt.

Das Interview führte Rainer Woratschka.

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