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In Sorge. Italiens

© dapd

Politik: Mehr Macht den Regierungen

Die Ideen des italienischen Premiers stoßen auf Ablehnung bei Union und FDP.

Berlin - Der italienische Ministerpräsident Mario Monti macht sich Sorgen. Nicht nur über sein Land, sondern über Europa insgesamt. Denn die Euro-Krise bedroht seiner Ansicht nach die Europäische Union in ihrer Existenz. „Die Spannungen, die in den letzten Jahren die Euro-Zone begleiten, tragen bereits die Züge einer psychologischen Auflösung Europas“, sagte er dem „Spiegel“. Wenn der Euro zu einem Faktor des europäischen Auseinanderdriftens werde, „dann sind die Grundlagen des Projekts Europa zerstört“, sagte Monti.

Der italienische Ministerpräsident, dessen Land die Euro-Krise derzeit stark zu spüren bekommt, hat auch eine Empfehlung für seine europäischen Regierungspartner parat. Monti forderte, dass sich die nationalen Regierungen ihre Handlungsfähigkeit gegenüber den nationalen Parlamenten gerade in der Euro-Krise bewahren müssten. „Wenn sich Regierungen vollständig durch die Entscheidungen ihrer Parlamente binden ließen, ohne einen eigenen Verhandlungsspielraum zu bewahren, wäre das Auseinanderbrechen Europas wahrscheinlicher als eine engere Integration.“

In Deutschland stößt der Italiener mit seiner Forderung nach einer Stärkung der Regierung gegenüber den Parlamenten nicht auf Zustimmung. Im Gegenteil. FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle lobte zwar Montis Verdienste während seiner Zeit als EU-Binnenkommissar. Er will ihn keinesfalls zu hart angehen, weshalb er die Gemeinsamkeiten mit Monti bei der Notwendigkeit für tiefgreifende Reformen in Europa betont. Dennoch sagt Brüderle dem Tagesspiegel: „Bei diesem notwendigen Prozess müssen wir aber aufpassen, dass Europa ausreichend demokratisch legitimiert bleibt. Wir brauchen ein Europa der Bürgerinnen und Bürger.“

Auch bei der CDU herrscht wenig Freude über Montis Vorstoß. Unionsfraktionschef Volker Kauder mahnte, dass eine Stärkung der europäischen Institutionen nicht auf Kosten der parlamentarischen Kontrolle geschehen dürfe. „Wenn ich so manche Entwicklung in Europa sehe, bin ich noch nicht davon überzeugt, dass die Übertragung von weiteren Kompetenzen auf europäische Institutionen ohne gleichzeitige parlamentarische Kontrolle überhaupt sinnvoll ist“, sagte er im Deutschlandfunk. Die Kernfrage sei, ob es auf Dauer funktionieren könne, wenn Europa immer mehr Macht erhalte, die Kontrolle aber durch die nationalen Parlamente stattfinde. Die Rechte der Parlamente dürften nicht durch eine Stärkung der europäischen Exekutive ausgehebelt werden, betonte Kauder.

In eine ähnliche Richtung argumentierte auch Michael Meister, Fraktionsvize der Union. „Wir brauchen in Europa nicht weniger, sondern mehr Demokratie“, sagte er dem Tagesspiegel. Es sei eben gerade nicht notwendig, die nationalen Regierungen zu stärken, sondern es müsse ein „Europa der Millionen geben und nicht der wenigen Regierungsvertreter“. Gerade das deutsche Parlament habe in den vergangenen Monaten bewiesen, dass es bei der Bewältigung der Euro-Krise verantwortungsvoll gehandelt habe. Er sieht Deutschland sogar in einer besonderen Verantwortung. „Wir brauchen mehr demokratische Legitimation und Kontrolle und bei diesem notwendigen Prozess muss Deutschland eine Vorreiterrolle übernehmen.“

Eine Führungsrolle von Deutschland in Europa verlangt auch der frühere Präsident der EU-Kommission und ehemalige italienische Ministerpräsident Romano Prodi. In einem Beitrag für die „Bild“-Zeitung schreibt Prodi, Deutschland habe die Aufgabe, als Vorreiter Europa in eine bessere Zukunft zu führen. „Deutschland kann sich nicht von Europa lossagen.“ Wenn sich jedoch Berlin von seiner historischen Führungsrolle verabschiede, wäre dies das politische Ende – sowohl Europas als auch von Deutschland, schrieb er. Christian Tretbar

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