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Politik: Mehr Platz für die Flüsse – aber nicht bei uns

Bund und Länder streiten bei der Flusskonferenz über den Hochwasserschutz. Bayern hält das für Wahlkampf

Von Dagmar Dehmer

Werner Schnappauf (CSU), der bayerische Umweltminister, hält die Flusskonferenz, zu der die Bundesregierung nach Berlin geladen hatte, nur für eines: für Wahlkampf. Und dafür nutzte er seine Redezeit dann auch. Anstatt zu Konferenzen zu laden, hätte die Regierung längst handeln können, polterte er. Im übrigen wollte er sich beim geplanten Bau von neuen Staustufen an der Donau zwischen Straubing und Vilshofen nicht reinreden lassen. Diesen Ausbau hatten zuvor schon Umweltminister Jürgen Trittin (Grüne) und Verkehrsminister Kurt Bodewig (SPD) übereinstimmend abgelehnt.

„Natürlich wird die Flusspolitik nicht neu erfunden“, gab Trittin zu. Aber die Hochwasserkatastrophe an Donau, Mulde und Elbe verleihe einem vorsorgenden Hochwasserschutz „den nötigen Nachdruck“, der bisher offenbar gefehlt habe, sagte Verbraucherministerin Renate Künast (Grüne). Trittin und Künast kritisierten die „zersplitterten Zuständigkeiten“ für Hochwasser- und Katastrophenschutz in Deutschland. Wie Schnappauf forderten sie ein europäisches Flussmanagement, „weil Wasser keine Grenzen kennt“, wie die niederländische Staatssekretärin im Verkehrsministerium, Melanie Henriette Schultz van Haegen–Maas Geesteranus feststellte. Deshalb verlangten Trittin und Künast mehr Kompetenzen für den Bund. Da mochten jedoch weder Schnappauf noch sein Amtskollege aus Niedersachsen, Wolfgang Jüttner (SPD), folgen. Die Länder hielten in Berlin allesamt zäh an ihren Zuständigkeiten fest.

Mehr Unterstützung wünschte sich die Umweltministerin aus Sachsen-Anhalt, Petra Wernicke (CDU). Sie verlangte vor allem mehr Geld für die Sanierung der Deiche entlang der Elbe. Sie kritisierte ihre Vorgängerregierung, die „falsche Prioritäten“ gesetzt habe. Es sei „zu viel Naturschutz und zu wenig Hochwasserschutz“ betrieben worden, meinte sie. Dass der Elbeausbau vorläufig gestoppt wurde, begrüßte sie, wies jedoch darauf hin, dass auch Verkehrsminister Bodewig noch im August am Ausbau hatte festhalten wollen. Neben dem Deichbau hält Wernicke steuerbare Polder für das wirksamste Mittel im Hochwasserschutz, freie Überflutungsflächen seien lang nicht so effektiv.

Dieses Argument kann Emil Dister, Leiter des WWF-Aueninstituts in Rastatt, nicht nachvollziehen. Die Lehre aus der Hochwasserkatastrophe könne nur sein, „dass die Flüsse mehr Raum brauchen“. Darüber gab es in Berlin auch weitgehend Einigkeit. Doch im Detail verstehen die verschiedenen Beteiligten Unterschiedliches darunter. Der WWF forderte in Berlin, Deiche großflächig rückzuverlagern. Das wichtigste sei, „neue Überschwemmungsflächen zu gewinnen“.

Brigitte Zypries, Staatssekretärin im Innenministerium, sah auch beim Katastrophenschutz Reformbedarf. Ihr Ministerium will die Zuständigkeiten in einer neuen Behörde, dem Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe, zusammenfassen und mit den Ländern ein zentrales Krisenmanagement aufbauen. Schließlich sei es nur der Eigeninitiative der Nürnberger Feuerwehr zu verdanken gewesen, dass es im August eine zentrale Koordinierungsstelle für die Ausgabe von Sandsäcken gegeben habe.

Am Rande der Konferenz kritisierte Wirtschaftsminister Werner Müller (parteilos) erneut die schleppende Auszahlung der Bundesmittel für sächsische Unternehmen. Er kündigte an, Experten der Bundeswehr, die sonst für die Regulierung von Manöverschäden zuständig sind, nach Dresden zu schicken, um die Auszahlung zu beschleunigen.

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