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Politik: Mehrheit für Rauchverbot ungewiss

Grüne und Linke unterstützen Gruppenantrag von SPD-Politikern / Die FDP warnt vor Regelungswut

Berlin - An Anläufen im Bundestag, den Nichtraucherschutz in Deutschland zu verbessern, hat es nicht gefehlt. Schon Anfang der 70er Jahre scheiterte der erste Versuch von Parlamentariern, die Deutschen vor dem Passivrauchen zu schützen. Ob es dem nun von einigen SPD-Abgeordneten angekündigten Gruppenantrag zum Nichtraucherschutz besser ergehen wird, ist ungewiss. In der SPD-Fraktion kann Lothar Binding nach eigenen Angaben auf 50 Unterstützer hoffen. Doch wie die Stimmung in der Fraktion insgesamt ist, vermag die Fraktionspressestelle nicht einzuschätzen.

Offene Türen dürfte Binding bei Grünen und Linksfraktion einrennen. Die drei grünen Bundestagsabgeordneten Birgitt Bender, Ulrike Höfken und Harald Terpe hatten erst vor wenigen Tagen zum Weltnichtrauchertag einen besseren Schutz vor dem Passivrauchen gefordert. Sie setzen sich für Rauchverbote in öffentlichen Gebäuden und Gaststätten ein. Auch die Linksfraktion sieht Deutschland beim Nichtraucherschutz international abgehängt. Die Gesundheitspolitikerin Monika Knoche sagte dem Tagesspiegel am Sonntag, das gesellschaftliche Klima verändere sich: „Der Bundestag muss endlich nachziehen und darf sich nicht länger von der Tabaklobby einschüchtern lassen.“

Auf die FDP dagegen braucht Binding nicht zu hoffen. Ihr sucht- und drogenpolitischer Sprecher, Detlef Parr, sagte dem Tagesspiegel am Sonntag: „Wir sollten uns nicht anstecken lassen von der europaweiten staatlichen Regelungswut. Die FDP hält die Prinzipien Freiwilligkeit und Eigenverantwortung hoch.“

Bei der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und der Europäischen Union schütteln die Verantwortlichen seit Jahren den Kopf über die deutsche Weigerung, das Tabakwerbeverbot umzusetzen und den Nichtraucherschutz zu verbessern. Nach Einschätzung des Deutschen Krebsforschungszentrums in Heidelberg, das in Deutschland als WHO- Kollaborationszentrum für Tabakkontrolle fungiert, ist das deutsche Beharren auf der individuellen Freiheit, seine und anderer Leute Gesundheit zu ruinieren, auf die starke Tabaklobby zurückzuführen. Der Verband der Deutschen Cigarettenindustrie (VdC) habe es schon immer verstanden, erfolgreich Einfluss auf unabhängige Wissenschaftler zu nehmen, um die Studien, die vor dem Passivrauchen warnten, zu entkräften. Zudem habe der Verband auch stets Politiker erfolgreich auf seine Seite ziehen können. In den 80er Jahren konnte die Lobby sogar auf den Präsidenten des Bundesamts für Gesundheit zählen. Karl Überla betrieb nämlich gleichzeitig noch ein privates Forschungsinstitut in München und machte 1982 im Auftrag des VdC eine Studie über „Passivrauchen und Lungenkrebs“ – offenbar mit dem gewünschten Ergebnis.

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