zum Hauptinhalt
Angela Merkel und Premier Naftali Bennett bei der Kabinettssitzung.

© Ilia Yefimovich/dpa

Update

Ehrenstipendium im Namen der Kanzlerin: Israels Premierminister nennt Merkel „moralischen Kompass“ Europas

Bei ihrem Besuch in Israel wird Merkel mit der Einrichtung eines Ehrenstipendiums gewürdigt. Die Kanzlerin betont die deutsche Verantwortung.

Bei ihrem Abschiedsbesuch in Jerusalem hat Bundeskanzlerin Angela Merkel die Sicherheit Israels als „zentralen Punkt“ auch für künftige deutsche Regierungen bezeichnet. „Deutschland ist nicht neutral, wenn es um Fragen der Sicherheit Israels geht, sondern die Sicherheit Israels ist Teil unserer Staatsräson“, sagte sie am Sonntag bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem israelischen Premierminister Naftali Bennett. Das gelte auch, wenn man in Einzelfragen unterschiedlicher Meinung sei. Dem werde sich jede Bundesregierung verpflichtet fühlen, ebenso wie dem Kampf gegen Antisemitismus.

Am Mittag traf die Kanzlerin mit Israels Präsident Izchak Herzog zusammen. Der überraschte Merkel mit einem besonderen Geschenk: der Einrichtung eines Ehrenstipendiums in ihrem Namen für herausragende Wissenschaftlerinnen am Weizmann-Institut, einem der weltweit führenden Forschungsinstitutionen.

[Wenn Sie die wichtigsten News aus Berlin, Deutschland und der Welt live auf Ihr Handy haben wollen, empfehlen wir Ihnen unsere runderneuerte App, die Sie hier für Apple- und Android-Geräteherunterladen können.]

Herzog würdigte Merkel als „wahre Freundin Israels“ und eine der wichtigsten Führungspersönlichkeiten der Moderne. Anschließend besuchte Merkel die Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem in Jerusalem geplant, wo sie in Anwesenheit von Bennett einen Kranz niederlegte.

In das Gästebuch schrieb sie, der entschiedene Kampf gegen Antisemitismus, Hass und Gewalt sei Verpflichtung für jede Bundesregierung. Eine für Ende August geplante Reise der Kanzlerin nach Israel war wegen der Entwicklung in Afghanistan abgesagt worden. Bei Merkels Gesprächen in Israel ging es unter anderem um das iranische Atomprogramm und die Frage eines unabhängigen Palästinenserstaates.

Bundeskanzlerin Angela Merkel hält in der Halle der Erinnerung in Jerusalem für einen Moment inne.
Bundeskanzlerin Angela Merkel hält in der Halle der Erinnerung in Jerusalem für einen Moment inne.

© Ariel Schalit/AP/dpa

Bennett sagte, der Iran habe in den vergangenen drei Jahren einen „riesigen Sprung“ in der Urananreicherung geschafft. Israel habe die Verantwortung, Teheran „mit Taten, nicht nur mit Worten“ daran zu hindern, eine Atombombe zu entwickeln. Das Atomprogramm sei an einem „kritischen Punkt“ angelangt, die Haltung Deutschlands in der Frage besonders wichtig.

Israel hat die Rückkehr zu dem Atomabkommen bisher strikt abgelehnt, das Land sieht sich durch seinen Erzfeind Iran in der Existenz bedroht. Die USA hatten unter Präsident Donald Trump das Abkommen 2018 einseitig aufgekündigt. Als Reaktion fuhr der Iran seine Uran-Anreicherung wieder hoch.

Merkel betonte, man müsse iranische Drohungen gegen die Existenz Israels sehr ernst nehmen. „Wenn wir uns anschauen, wie die Urananreicherung voranschreitet, ist das ein Thema großer Dringlichkeit.“ Sie habe das Atomabkommen niemals für ideal gehalten, aber für besser als nichts. Die neue US-Administration habe zwar die Rückkehr zu der Vereinbarung in Aussicht gestellt habe, aber nun verstreiche Tag für Tag. Und der Iran gebe keine Anzeichen dafür, die Verhandlungen wieder aufzunehmen.

„Mit jedem Tag, der verstreicht, wird die Anreicherung von Uran erhöht“, warnte Merkel bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Bennett. „Das ist schon eine sehr kritische Situation.“ Sie sehe auch Russland und China in der Verantwortung. „Es stehen uns sehr, sehr entscheidende Wochen in dieser Frage bevor.“

Bundeskanzlerin nimmt an Kabinettsitzung teil

Merkel war am Sonntagmorgen in Jerusalem von Bennett empfangen worden, anschließend nahm sie als erste deutsche Regierungschefin an einer Sitzung des israelischen Kabinetts teil. „Es bleibt ein Glücksfall der Geschichte, dass es gelungen ist, nach der Shoa zwischen Deutschland und Israel solche Beziehungen aufzubauen und deshalb wird das Thema der Sicherheit Israels auch immer ein zentrales Thema für jede deutsche Regierung sein“, sagte Merkel.

„Und demnach müssen wir auch handeln, selbst wenn wir unterschiedlicher Meinung in verschiedenen Einzelfragen sind.“ Man sei vielleicht manchmal unterschiedlicher Meinung darüber, ob es eine Zwei-Staaten-Lösung geben solle, aber man sei sich einig, dass es die Vision eines dauerhaft demokratischen jüdischen Staates Israel geben müsse.

Merkel: Werden Antisemitismus weiter mit aller Macht bekämpfen

Merkel versprach, man werde Antisemitismus weiter mit aller Macht bekämpfen. „Wir wissen, dass auch heute Antisemitismus in Deutschland vorkommt, dass er sogar verstärkt vorkommt.“ Sie habe für die derzeitige und jede künftige Bundesregierung deutlich gemacht, „dass wir uns gegen alle Erscheinungsformen des Antisemitismus entschieden wehren werden“.

Merkel von Teilnahme an Kabinettssitzung berührt

Die Teilnahme an der Sondersitzung des israelischen Kabinetts bezeichnete Merkel als „sehr berührendes Ereignis“. Die Zusammenkunft habe den Charakter einer „kleinen Regierungskonsultation“.

Merkel betonte, nach den Bundestagswahlen und dem bevorstehenden Ende ihrer Kanzlerschaft auch in den Beziehungen zu Israel „einen guten Übergang zur nächsten Regierung in Deutschland erreichen“ zu wollen. Die deutsch-israelischen Regierungskonsultationen seien ihr stets wichtig gewesen. In diesem Format habe sich eine „sehr große Breite der deutsch-israelischen Beziehungen“ gezeigt. Merkel äußerte sich auch zu dem – nach ihren Worten – „ganz besonderen Kabinett in Israel“.

Angela Merkel, Premier Naftali Bennett und die Ministerinnen der Regierung.
Angela Merkel, Premier Naftali Bennett und die Ministerinnen der Regierung.

© Amos Ben-Gershom/GPO/dpa

In dem Land regiert derzeit unter Führung von Bennett eine Koalition aus acht Parteien. In Gesprächen mit Bennett habe sie von ihren Erfahrungen in Koalitionsregierungen berichtet, sagte Merkel. „Ein solches Maß an Diversität“ wie in der israelischen Regierung habe sie jedoch „wirklich nicht kennengelernt“.

Premier nennt Merkel „moralischen Kompass“ Europas

Bennett würdigte Merkel als „moralischen Kompass des gesamten europäischen Kontinents“. Israel sei dankbar für Merkels besonderen Einsatz für seine Sicherheit, sagte Bennett am Sonntag zum Auftakt einer gemeinsamen Sitzung mit der israelischen Regierung in Jerusalem.

Er lobte Merkels Rolle „bei der Festigung dieser außergewöhnlichen Beziehung, die auf einer historischen, riesigen Wunde basiert“. Merkel habe während ihrer Amtszeit Israel gegenüber keine „neutrale“ Position eingenommen, sondern stehe stets klar an der Seite des jüdischen Staates.

Bei Merkels Gesprächen in Israel sollte es unter anderem um das iranische Atomprogramm, die Frage eines unabhängigen Palästinenserstaates und bilaterale Themen gehen. Bennett sagte, der Iran habe in den vergangenen drei Jahren einen „riesigen Sprung“ in der Urananreicherung geschafft. Israel habe die Verantwortung, Teheran „mit Taten, nicht nur mit Worten“ daran zu hindern, eine Atombombe zu entwickeln.

Iranisches Atomprogramm Thema

Israel hat die Rückkehr zu dem Atomabkommen bisher strikt abgelehnt, das Land sieht sich durch seinen Erzfeind Iran in der Existenz bedroht. Die USA hatten unter Präsident Donald Trump das Abkommen 2018 einseitig aufgekündigt. Als Reaktion fuhr der Iran seine Uran-Anreicherung wieder hoch.

Merkel betonte, man müsse iranische Drohungen gegen die Existenz Israels sehr ernst nehmen. „Wenn wir uns anschauen, wie die Urananreicherung voranschreitet, ist das ein Thema großer Dringlichkeit.“ Sie habe das Atomabkommen niemals für ideal gehalten, aber für besser als nichts. Die neue US-Administration habe zwar die Rückkehr zu der Vereinbarung in Aussicht gestellt habe, aber nun verstreiche Tag für Tag. Und der Iran gebe keine Anzeichen dafür, die Verhandlungen wieder aufzunehmen.

„Mit jedem Tag, der verstreicht, wird die Anreicherung von Uran erhöht“, warnte Merkel bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Bennett. „Das ist schon eine sehr kritische Situation.“ Sie sehe auch Russland und China in der Verantwortung. „Es stehen uns sehr, sehr entscheidende Wochen in dieser Frage bevor.“

Präsident Herzog überrascht Merkel

Am Mittag traf die Kanzlerin mit Präsident Izchak Herzog zusammen. Der überraschte Merkel mit einem besonderen Geschenk: der Einrichtung eines Ehrenstipendiums in ihrem Namen für herausragende Wissenschaftlerinnen am Weizmann-Institut, einem der weltweit führenden Forschungsinstitutionen. Auch Herzog würdigte Merkel als „wahre Freundin Israels“ und eine der wichtigsten Führungspersönlichkeiten der Moderne.

In Begleitung Bennetts besucht Merkel am Nachmittag außerdem die Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem. Anschließend erhält sie die Ehrendoktorwürde des Haifa Technion - Israel Institute of Technology. Merkel hält sich seit Samstag zu einem dreitägigen Arbeitsbesuch in Israel auf. Es ist der achte Besuch der Kanzlerin in dem Land. Die Reise Merkels war ursprünglich für Ende August geplant, wegen der Krise in Afghanistan nach der Machtübernahme der Taliban aber verschoben worden. (AFP, dpa)

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false