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Merkel beim RCDS: Nicht alle applaudieren der Kanzlerin

Senioren-Union und konservative Studentenvertreter: Angela Merkel umwirbt ihre Verbündeten. Doch in deren Reihen regt sich Unmut.

Nur auf den ersten Blick ist alles wie immer: Angela Merkel, die „sehr verehrte Bundeskanzlerin“, schreitet durch die Stuhlreihen nach vorne, und alle erheben sich. Der Ring Christlich-Demokratischer Studenten (RCDS) feiert sein 65-jähriges Bestehen und die Kanzlerin ist als Festrednerin gekommen. Im Saal in der Glinkastraße in Berlin-Mitte sind wenige Frauen, viele Männer und fast ebenso viele dunkle Anzüge.

Der RCDS hat etwa 8000 Mitglieder an mehr als 100 Hochschulgruppen, viel weniger als die Junge Union; er ist kein offizieller Teil der CDU, aber sein Vorsitzender ist beratender Teilnehmer am CDU- Bundesvorstand. Ein Pflichttermin für die Kanzlerin in diesen Tagen, in denen Angela Merkel ihre Verbündeten beisammen halten muss.

Auf den RCDS war für sie lange Zeit Verlass. 2013 verantwortete der Verband eine Kampagne mit dem Titel „Studenten für Merkel“; wer wollte, konnte ein Foto von sich hochladen, die Hände zur typischen Merkelraute geformt und dazu: „Ich wähle Angie. Und du?“. In ihrer halbstündigen Rede bemüht sich Merkel um Lob und Themen für die Zielgruppe, also Studenten – nein, „Studierende, wie man heute sagt“. Da holt sie sich einen Lacher ab. Sie streut Spitzen gegen „die Linken“ ein, spricht über Digitalisierung, Geld für Forschung und Entwicklung, Big Data Mining und künstliche Intelligenz.

Einige wollen Merkel nicht mehr als Kanzlerin

Doch sie spricht auch über die Flüchtlingspolitik und wiederholt, was sie seit einiger Zeit sagt: Integration müsse besser werden. Wer keinen Schutz braucht, müsse gehen. Bei der Fluchtursachenbekämpfung müsse man noch lernen, „vom Wohle Afrikas wird abhängen, wie wir in Deutschland leben“. Sie wiederholt auch: „Wer vor Terror, Krieg und Verfolgung flieht, dem gewähren wir Schutz.“ Da applaudiert der Saal für eine Weile.

Eine aktuelle Umfrage bescheinigt Merkel wachsende Beliebtheit in der Bevölkerung. Morgens hatte sie noch die Bundesdelegiertenversammlung der Senioren-Union besucht und sich der Unterstützung der Alten versichert. „Sie können sicher sein, dass die große Mehrheit der Älteren hinter Ihnen steht“, hatte ihr der Vorsitzende Otto Wulff zugerufen. Und nun also Applaus der Jungen. Ist alles gut für die Kanzlerin?

„Ich habe viele gesehen, die nicht geklatscht haben“, sagt Jenovan Krishnan, der Bundesvorsitzende des RCDS, als Merkel schon gegangen ist. Er selbst hatte Merkel in seinem Grußwort „einen erfolgreichen Wahlkampf“ gewünscht – da ist er ihr sogar voraus: Noch hat sie ihre Kandidatur nicht erklärt. Doch es gebe im Verband etliche, die wegen der Flüchtlingspolitik gegen eine erneute Kanzlerinnenkandidatur Merkels seien, sagt Krishnan.

Eigentlich hätte Merkel nach ihrer Rede noch Fragen entgegennehmen sollen. „Wir hatten das als Generaldebatte geplant“, sagt Krishnan. Vor allem der bayerische Landesverband hätte Frage gehabt, zur Obergrenze und dem „Wir schaffen das“. Doch Merkel kränkelt, man sah es ihr an. Sie muss gehen. Die Fragen bleiben unbeantwortet.

Jonas Schaible

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