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Politik: Merkel sieht Europa in der Verantwortung

Kanzlerin betont Langfristigkeit des Engagements / Ex-Unifil-Sprecher: 2000 Mann zusätzlich genügen

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Die Bundesregierung wird sich nach Angaben von Bundeskanzlerin Angela Merkel gemeinsam mit anderen EU-Staaten verstärkt um eine politische Lösung des Nahostkonflikts bemühen. „Es wird mir im Augenblick zu viel über die militärische Komponente und zu wenig über den langfristigen politischen Prozess gesprochen“, sagte Merkel am Montag. Dabei gehe es um Fortschritte im israelisch-palästinensischen Konflikt, der eine zentrale Rolle spiele. „Ein Fortschritt in diesem Bereich würde sehr, sehr viel Nutzen haben für den Fortgang des gesamten politischen Prozesses in der Region“, sagte Merkel. Bei der Suche nach einer Lösung dieses Konflikts sollte auch das Nahostquartett – USA, Russland, EU und UN – wieder eine Rolle spielen.

Nach Meinung der Kanzlerin gibt es eine enge Verbindung von Nahostkonflikt und dem Atomstreit mit dem Iran. „Für mich hängen die Dinge schon sehr zusammen“, sagte Merkel. Europa müsse bei der Ausweitung des UN-Mandats für den Libanon eine wichtige Rolle spielen. „Ein Unifil-Mandat, bei dem Europpa nicht einen großen Teil der Verantwortung tragen würde, wäre kein gutes Signal für den Iran", warnte die Kanzlerin. Die EU-Staaten würden sich auch mit Bodentruppen an dem Mandat beteiligen.

Skeptisch beurteilt dagegen der langjährige Sprecher der Unifil, Timur Göksel, die Pläne der internationalen Gemeinschaft. Die Entsendung von bis zu 15 000 zusätzlichen Soldaten sei „unrealistisch“ und „unnötig“, sagte er dem Tagesspiegel. 2000 zusätzliche Soldaten zu den knapp 2000 bereits in Südlibanon stationierten Kräften seien „genug“, sagte Göksel, der von 1979 bis 2003 die Unifil-Truppe leitete. Eine UN-Friedenstruppe könne einen Waffenstillstand nur überwachen, aber keinen Frieden schaffen. Es sei undenkbar, dass internationale Soldaten die islamistische Hisbollah entwaffnen: „Denn das bedeutet Krieg.“ Man müsse aufpassen, dass eine Interventionstruppe in der Region nicht wie eine Besatzungstruppe wahrgenommen werde.

Die Idee, deutsche Grenzschützer an die Grenze zu Syrien zu entsenden, hält Göksel für wenig durchdacht. „Die Deutschen können diese Grenze nicht überwachen“ sagte der Libanon-Experte, der heute an der Amerikanischen Universität in Beirut unterrichtet. Eingreifen könnte nur die libanesische Grenzpolizei, dazu hätten ausländische Kräfte kein Mandat. Außerdem sei die Grenze sehr lang, teilweise nicht markiert und die Bewohner benachbarter Dörfer auf beiden Seiten würden täglich die Grenze überschreiten. „Wenn dies alles unterbunden werden soll, gäbe es eine Intifada“, glaubt Göksel.

Sinnvoll wäre es, die libanesische Polizei und Grenzpolizei auszubilden, da bestehe Bedarf. Auch bei der Entschärfung der tausenden von Streubomben in Südlibanon bräuchten die Libanesen Unterstützung. Nach Angaben von Human Rights Watch sind etwa 40 Prozent der „vielen tausend“ Streubomben, die die israelische Armee hinterlassen hat, nicht explodiert und gefährden die Bevölkerung. Darunter ist nach Angaben des Militärexperten der Organisation, Marc Galasco, amerikanische Munition von 1973 aus Zeiten des Vietnam-Krieges.

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