zum Hauptinhalt

Politik: Merkel stoppt Türkei-Kampagne

CDU-Chefin rückt nach interner Kritik von Unterschriftenaktion gegen EU-Beitritt ab / Umfragewerte sinken

Berlin - Nach deutlicher Kritik auch aus den eigenen Reihen sind CDU-Chefin Angela Merkel und der CSU-Vorsitzende Edmund Stoiber von der Idee abgerückt, eine Unterschriftenaktion gegen einen Türkei-Beitritt zu organisieren. Stoiber sagte, es mache keinen Sinn, auf dem Vorstoß zu beharren, weil der Streit darüber die ansonsten von CDU und CSU gemeinsam getragene Türkei-Politik überdecken würde.

Merkel hatte bereits am Donnerstag bei einem Treffen mit CDU-Ministerpräsidenten entschieden, die Idee fallen zu lassen. Es habe die Gefahr bestanden, dass die Aktion missverstanden werden könne, sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der Unions-Bundestagsfraktion, Volker Kauder. Merkel hatte den Vorschlag von CSU-Landesgruppenchef Michael Glos zunächst als überlegenswert bezeichnet. Nach dem Abrücken der Unionsspitze kündigten die rechtsextremen Parteien DVU und NPD an, die Kampagne durchzuführen.

Der baden-württembergische Ministerpräsident Erwin Teufel (CDU) sagte, man solle das Instrument der Unterschriftenaktion jetzt nicht wegwerfen, aber es „in den Schrank schließen und dann herausholen, wenn es wirklich aktuell ist“. Der stellvertretende CDU-Chef Christoph Böhr bezeichnete die Entscheidung als „absolut richtig“. Für Merkel sei dies „ein strategischer Erfolg“. Die CDU-Chefin habe den Vorschlag im Schulterschluss mit Stoiber leise aus der Diskussion gezogen, „ohne dass sie in die Rolle der Neinsagerin schlüpfen musste“.

Der SPD-Vorsitzende Franz Müntefering kritisierte, die Union hätte „ahnungslos und ohne Gefühl“ die Idee erst aufgegriffen und jetzt wieder verworfen. „Solchen Leuten sollte man die Regierng nicht überlassen“. Auch in der Bevölkerung wäre die Aktion auf wenig Zustimmung gestoßen: Laut Politbarometer fänden nur 27 Prozent die Unterschriftensammlung gut, 69 Prozent lehnen sie ab. Auch 64 Prozent der Unions-Anhänger sind dagegen. Die Türkische Gemeinde in Deutschland hält einen Boykott der Unionsparteien bei der Bundestagswahl 2006 für möglich.

Der Reformstreit zwischen CDU und CSU lässt das Ansehen der Union und vor allem von Merkel sinken. Merkel rutschte bei der Bewertung in den Negativbereich. Wäre am Sonntag Bundestagswahl, käme die Union auf 42 Prozent der Stimmen – zwei Punkte weniger als noch vor drei Wochen. Die Wähler nehmen CDU und CSU als die am stärksten zerstrittenen Parteien wahr.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false