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Begleitet von Protesten hat der russische Präsident Wladimir Putin am Sonntagabend gemeinsam mit Bundeskanzlerin Angela Merkel die Hannover-Messe eröffnet.

© dpa

Merkel und Putin in Hannover: "Putin entfernt sich von Europas Werten"

Bei seinem Besuch in Deutschland steht Putin in der Kritik - besonders wegen der Kontrollen von russischen Nichtregierungsorganisationen. Der Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Markus Löning, sieht darin Repression und Einschüchterung.

Begleitet von Protesten hat der russische Präsident Wladimir Putin am Sonntagabend gemeinsam mit Bundeskanzlerin Angela Merkel die Hannover-Messe eröffnet. Putins Äußerungen in einem ARD-Interview, in dem er das Vorgehen gegen russische Nichtregierungsorganisationen verteidigte, stießen in Deutschland auf heftige Kritik. Merkel mahnte in ihrer Eröffnungsansprache an, Nicht-Regierungsorganisationen (NGO) in Russland die Chance auf freie Entfaltung zu geben. NGO seien auch in Deutschland ein gesellschaftlicher Innovationsmotor. Sie und „die vielen Vereinigungen“ müssten deshalb eine gute Chance haben, um den Wohlstand fördern zu können. „Wir sind der Überzeugung, dies gelingt dann am besten, wenn es eine aktive Zivilgesellschaft gibt.“

Putin verglich ein in Russland beschlossenes Gesetz, das Organisationen, die auch Geld aus dem Ausland erhalten, zur Registrierung als „ausländische Agenten“ verpflichtet, mit einem US-Gesetz von 1938. „Dieser Vergleich ist sachlich falsch“, sagte der Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Markus Löning (FDP), dem Tagesspiegel. „Putin versucht auf diese Weise, von der bitteren Realität in Russland abzulenken.“ Davon dürfe man sich nicht täuschen lassen. Die Behörden gingen gegen „engagierte Demokraten“, gegen Oppositionelle und Nichtregierungsorganisationen vor. „Das ist ein eindeutig repressives Vorgehen, das Leute einschüchtern soll“, sagte Löning. Russland entferne sich derzeit von den europäischen Werten. „Da wird die Gelegenheit verspielt, Vertrauen aufzubauen und die Beziehungen zu vertiefen.“

Die Grünen-Politikerin Marieluise Beck kritisierte Putins Behauptung, russische NGO hätten innerhalb von vier Monaten eine Milliarde Dollar aus dem Ausland erhalten. „Das ist eine gigantische Zahl, die mit der Wirklichkeit nichts zu tun hat.“

Die sechs deutschen politischen Stiftungen zusammen gäben in Russland etwa fünf Millionen Euro im Jahr aus. Nur einen kleinen Teil davon erhalten Nichtregierungsorganisationen. Beck sprach sich für deutliche Worte gegenüber Moskau aus. „Es geht nicht um eine Rückkehr zum Kalten Krieg, aber als europäischer Staat, der freiwillig dem Europarat beigetreten ist, muss Russland es sich gefallen lassen, dass wir auf Rechtsstaatlichkeit und Demokratie beharren.“ Zugleich kritisierte Beck, dass die Bundesregierung eingewilligt hatte, Inhabern von russischen Dienstpässen künftig auf EU-Ebene Visa-Freiheit zu gewähren. „Dass Auswärtiges Amt und Bundesinnenministerium ausgerechnet denjenigen Beamten, die den Unterdrückungsapparat am Laufen halten und davon profitieren, Reisefreiheit gewähren, ist skandalös.“

Zum Auftakt der Hannover-Messe forderte Beck von der deutschen Wirtschaft eine Stellungnahme zu den Entwicklungen in Russland. „Ich würde mir wünschen, dass die Wirtschaft sich an die Seite der Politik stellt und Rechtsstaatlichkeit und Demokratie einfordert, statt vor Korruption die Augen zu verschließen.“

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