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Merkels Reise: Reiche Eliten und arme Bürger in Angola

Angela Merkel besucht Angola – ein Land mit großen Ölreserven und ebenso großen demokratischen Defiziten.

Angela Merkel wird am heutigen Mittwoch in Angola erwartet. Das vermeintliche neue El Dorado auf dem schwarzen Kontinent ist die zweite Station ihrer Afrikareise. Die frühere portugiesische Kolonie verfügt über große Ölreserven und damit zumindest theoretisch über die Mittel, um für seine Einfuhren auch zu zahlen – ein in Afrika eher seltenes Phänomen. Allerdings beginnt der Aufbau des durch einen Jahrzehnte währenden Bürgerkrieg zerstörten Landes praktisch bei null. Dies erklärt auch die märchenhaft klingenden Wachstumsraten der Wirtschaft von 20 Prozent und mehr, die Angola zwischen 2005 und 2008 auf dem Höhepunkt des Rohstoffbooms verzeichnete.

Der zeitweilige Verfall des Ölpreises dämpfte die Goldgräberstimmung zuletzt allerdings und machte zudem deutlich, wie abhängig auch dieses Land vom Export nur eines einzigen Rohstoffs ist. So schrumpfte das Wachstum in Angola im Zuge der Finanzkrise in den Jahren 2009 und 2010 auf kaum drei Prozent und konnte damit nicht einmal das Bevölkerungswachstum kompensieren. Weniger enthusiastische Beobachter wie Greg Mills von der Brenthurst Foundation in Johannesburg sehen darin ein Indiz dafür, wie fragil die Wirtschaftsentwicklung selbst in einem Land bleibt, das die Finanzmärkte zuletzt zu einem afrikanischen Wunderland verklärten – und das wohl auch deshalb in den Fokus der deutschen Politik und Wirtschaft geriet.

Gleichwohl wird bei den Lobeshymnen allzu oft verschwiegen, wie schwierig das allgemeine Umfeld in Angola bleibt. Bezeichnend dafür ist, dass die Bundeskanzlerin auf ihrer Visite nur von zehn deutschen Wirtschaftsführern begleitet wird. Immerhin hat die deutsche Wirtschaft in der angolanischen Hauptstadt Luanda inzwischen eine Repräsentanz eröffnet, die mithelfen soll, deutschen Unternehmen Aufträge beim Aufbau des Landes und seiner Infrastruktur zu sichern. Bislang sind in Angola vor allem die Chinesen aktiv. Anders als der Westen vergeben sie ihr Geld auch in Angola ohne Auflagen. „Die Chinesen stellen keine Fragen“, sagt ein angolanischer Diplomat, „sie machen nur Geschäfte und helfen uns ganz praktisch.“

Schon in den neunziger Jahren hatte Angolas Regime ausländische Kredite fast ausschließlich gegen das Verpfänden künftiger Öllieferungen erhalten. Gleichzeitig gab diese Praxis den Machthabern viel Spielraum zur Selbstbereicherung. Doch selbst jetzt, fast 20 Jahre später, weigert sich Angola noch immer, die Zahlungen für Rohstoffgeschäfte offenzulegen. Seit Jahren kontrollieren der Präsident und eine Gruppe von Generälen die einträglichsten Wirtschaftszweige – von der staatlichen Ölgesellschaft Sonangol über die Diamantenminen bis hin zu Transportgesellschaften und Bäckereien.

Wirklich unabhängige Gerichte gibt es in Angola nicht, weshalb sich nur wenige Angolaner offen zur Opposition bekennen. Die Regierungspartei MPLA, die in Angola seit der Unabhängigkeit 1975 regiert, gewann die Parlamentswahl vor drei Jahren mit 82 Prozent der Stimmen, Staatschef Eduardo dos Santos herrscht seit 32 Jahren. Ein Ende seiner Regentschaft ist nicht absehbar: Laut der im letzten Jahr verabschiedeten Verfassung wird der Präsident von der stärksten Partei ernannt.

Die Verhältnisse in der nach Südafrika und Nigeria drittgrößten Volkswirtschaft Schwarzafrikas sind kaum besser als in Nordafrika: Mehr als zwei Drittel der 16 Millionen Angolaner leben in tiefer Armut. Umso merkwürdiger mutet es an, dass sich Luanda inzwischen zu einer der teuersten Städte der Welt entwickelt hat. Apartments kosten nicht selten 20 000 Dollar Miete pro Monat. Leisten können sich das nur ausländische Mitarbeiter der Ölfirmen. Das Pro-Kopf–Einkommen der einheimischen Bevölkerung liegt laut Weltbank heute unter dem Stand von 1960. Und von den 35 Millionen Hektar landwirtschaftlicher Nutzfläche werden kaum fünf Prozent bewirtschaftet. Von der Schraube bis hin zu Lebensmitteln wird fast alles importiert.

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