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Will die Demokraten im Repräsentantenhaus anführen: Die 78-jährige Nancy Pelosi.

© Al Drago/REUTERS

Midterm-Wahlen in den USA: Ein blaues Wellchen

Die Demokraten ringen Trumps Republikanern die Mehrheit im Repräsentantenhaus ab. Im Senat reicht es wohl nicht - doch die Opposition sieht sich gestärkt.

Ein Tsunami ist es nicht geworden. Aber dass die Demokraten das US-Repräsentantenhaus nach acht Jahren voraussichtlich wieder zurückholen, ist eine Demonstration. Ein Demonstration dessen, was möglich sein kann. Und auch wenn sich am Dienstagabend keine flächendeckende blaue Welle über das gesamte Land verteilt hat: Eine rote Wand ist es ebenfalls nicht geworden - obwohl der US-Präsident kurz vor Schluss schon mal seine eigene Lesart twittert: "Gigantischer Erfolge heute Abend. Danke an alle!"

Lange, bevor alle einzelnen Wahlkreise ausgezählt sind, steht das große Ergebnis des Abends fest, das die meisten Wahlforscher dieses Mal richtig vorhergesagt haben: Die oppositionellen Demokraten, die nach zwei Jahren mit einem Präsidenten Donald Trump ordentlich unter Feuer stehen, haben das "House" gewonnen, aber für den Senat hat ihre Motivation nicht gereicht. Die am Ende eher klare Niederlage des Hoffnungsträgers Beto O'Rourke in Texas gegen Senator Ted Cruz steht beispielhaft dafür. Und doch: Der engagierte, elektrisierende Wahlkampf von O'Rourke wiederum hat dabei geholfen, dass mehr Demokraten aus dem konservativen Bundesstaat Sitze im Abgeordnetenhaus erobern konnten als gedacht. Auch hat seine Spendensammelwut Eindruck gemacht. Nicht wenige wünschen sich deshalb schon eine wichtige Rolle O'Rourkes in der Zukunft: In zwei Jahren wird ein neuer US-Präsident gewählt, nicht ausgeschlossen, dass er sich dafür interessieren könnte.

Die Frauen haben eine entscheidende Rolle gespielt

Dazu kommen, und das ist eines der wichtigsten Ergebnisse dieser Wahlnacht, die vielen, vielen Frauen, die nun neu als Abgeordnete in Washington einziehen werden. Für nicht wenige von ihnen ist es die erste Wahl überhaupt, der sie sich gestellt haben. Der Sieg der Demokraten im House gründet genau darin: Viele der neuen Sitze haben Frauen für die Partei erkämpft. Und die Vororte großer Städte, in denen viele moderate, gut ausgebildete Frauen wohnen, die Trumps Rhetorik abstößt, sind zu einer guten Gegend für die Demokraten geworden. Der republikanische Stratege Michael Steel drückt es so aus: Die Unbeliebtheit von Präsident Trump in den Vororten sei verantwortlich für die Niederlage im Repräsentantenhaus. Auf Seiten der Republikaner wird erwartet, dass die ohnehin geringe Zahl der weiblichen Abgeordneten noch zurückgeht.

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Beeindruckend ist die hohe Wahlbeteiligung. Die unter Trump noch gewachsene Polarisierung der amerikanischen Gesellschaft politisiert das Land.

Und wie geht es nun weiter? Mit ihrer neu gewonnenen Mehrheit im Repräsentantenhaus können die Demokraten in den nächsten zwei Jahren viele Politikvorhaben der Republikaner blockieren. Und das werden sie unter der wahrscheinlichen Führung der 78-jährigen Nancy Pelosi auch tun. Sie werden den Präsidenten ärgern, wo sie nur können. Sie werden dafür sorgen, dass die Russlandermittlungen vorankommen. Und die "wunderschöne Mauer", die Trump seinen Anhängern ein ums andere Mal versprochen hat, wird nun ganz sicher nicht mehr gebaut. Auch seine großzügigen Steuersenkungen wird sich die Opposition ganz genau anschauen. Wenn es gut für sie läuft, werden sie nachhaltig beweisen können, dass Trump nicht allmächtig ist. Das könnte ihre Anhänger motivieren, jetzt noch entschlossener weiter zu machen.

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Gemäßigter wird Trump wohl nicht werden

Im Senat dagegen können die Republikaner ihren Vorsprung aller Voraussicht noch ausbauen. Auf dieses Ergebnis wird sich Trump bei seiner weiteren Wahlanalyse konzentrieren - und den Rest in gewohnt-bewährter Weise ignorieren. Er wird auch feiern, dass in den insgesamt 470 Rennen um Plätze im Repräsentantenhaus und im Senat vor allem Bewerber seiner Partei positiv abschnitten, die er selbst engagiert unterstützte. Um beispielsweise dem neuen Senator Mike Braun zu helfen, fuhr Trump allein vier Mal nach Indiana. Im Rennen um das Amt des Gouverneurs in Florida setzte sich der Trump-Fan Ron DeSantis durch. Parteiinterne Trump-Gegner wie etwa Carlos Curbelo in Florida wurden abgestraft. Die Lektion der Republikaner heißt: Trump zu unterstützen nutzt ihnen politisch. Parteiinterner Widerspruch wird noch seltener werden.

Trump kann trotz der Niederlage im House weiter regieren, dafür steht ihm das Instrument der präsidentiellen Erlasse zur Verfügung. Dass er kompromissbereiter, gar gemäßigter wird, sollte keiner hoffen. "Trump ist besonders gut, wenn er sich wehren muss", sagt der Wahlforscher John Zogby. Der Wahlkampf für 2020 ist ab sofort eröffnet.

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