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Militär: Bundeswehrreform birgt jede Menge Zündstoff

Die Bundeswehr wird reformiert – der Generalinspekteur könnte zum Generalstabschef aufgewertet werden. Der Begriff weckt Erinnerungen an die Wehrmacht der Nazi-Zeit.

Von Michael Schmidt

Berlin - Die Bundeswehr gilt als kopflastig. Von zu vielen Häuptlingen und zu wenigen Indianern ist die Rede. Wenn dieser Tage über eine grundlegende Reform der Bundeswehr diskutiert wird, geht es deshalb neben der Wehrpflicht, dem Umfang der Streitkräfte und Standortschließungen immer auch um eine neue, verschlankte Leitungsstruktur im Verteidigungsministerium.

Das klingt dröge und wenig sexy, birgt aber jede Menge Zündstoff. Zwar bleibt das Primat der Politik unangetastet, dafür sorgt das Grundgesetz: In Friedenszeiten ist der Verteidigungsminister oberster Befehlshaber der Bundeswehr, im Verteidigungsfall der Bundeskanzler. Aber es geht doch um eine neue Gewichtung der militärischen Stimme. Ersten Überlegungen aus der von Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) eingesetzten Strukturkommission zufolge sollen die Inspekteure der Streitkräfte (Heer, Luftwaffe, Marine, Sanitätsdienst, Streitkräftebasis) herabgestuft werden und das Ministerium verlassen. Im Gegenzug aber soll Deutschlands ranghöchster Soldat, der Generalinspekteur (GI), aufgewertet werden. Der oberste militärische Ratgeber der Regierung und derzeit in der Ministeriumshierarchie erst auf zweiter Ebene Angesiedelte käme dann in seiner Funktion einem Generalstabschef nahe. Den gibt es in der Nachkriegsrepublik aus historischen Gründen bisher nicht: Nach den Erfahrungen im Kaiserreich, der Weimarer Republik und mit der Nazi-Diktatur wurde viel Wert darauf gelegt, den Vorrang der Politik festzulegen. Der frühere GI Klaus Naumann würde eine Aufwertung zum Generalstabschef gleichwohl begrüßen. „Die Zuweisung der Aufgaben eines Generalstabschefs wäre eine Angleichung an die Rollen, die der oberste Soldat eines Landes in allen Mitgliedstaaten der Nato und der EU wahrzunehmen hat, ohne damit auch nur im Geringsten die Befugnisse des Ministers als Inhaber der Befehls- und Kommandogewalt zu verändern“, sagte Naumann dem Tagesspiegel. Ein solcher Schritt „wäre die richtige Antwort auf die Wirklichkeit einer Truppe im Einsatz“, sagte der frühere Vorsitzende des Nato-Militärausschusses. Er könnte für die Truppe eine Erleichterung bedeuten, „da die Befehls- und Meldewege endlich einfach werden könnten“.

Für den früheren Staatssekretär Willy Wimmer (CDU) hingegen wäre er „so unnütz wie ein Kropf“. Er habe den Eindruck, dass „gewisse militärische Kreise“ die derzeitigen Planungen für „einen kalten Militärputsch“ nutzen wollten. Was da überlegt werde, sei „die Rückkehr zu Lösungen, wie sie die Wehrmacht kannte“, sagte Wimmer dem „Freitag“.

Elke Hoff, die Verteidigungsexpertin des liberalen Koalitionspartners, hält sich mit einer Bewertung zurück. Zunächst müssten die strukturellen und sicherheitspolitischen Grundzüge der Reform feststehen. Dagegen signalisierte die SPD bereits Zustimmung. Würde der GI zum direkten Vorgesetzten der Inspekteure, und würden die mitsamt ihren Stäben nicht mehr im Bendlerblock sitzen, sondern bei ihren Streitkräften, fielen doppelte Führungsstrukturen weg und Verantwortlichkeiten würden klarer, sagte SPD-Wehrexperte Rainer Arnold. An der Bezeichnung des Generalinspekteurs allerdings würde er, mit Rücksicht auf historische Empfindlichkeiten, lieber festhalten wollen.

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