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Politik: Milizen im Kongo verlassen die Stadt Bunia

EU-Eingreiftruppe verlängert Ultimatum bis Mittwochmittag / Französische Soldaten verhindern Gefecht

Bunia . Ein Großteil der Milizen hat nach Einschätzung der EU-Eingreiftruppe am Dienstag die umkämpfte Distrikthauptstadt Bunia im Nordosten des Kongos verlassen. Der Anführer der Milizgruppe Union Kongolesischer Patrioten (UPC), Thomas Lubanga, erklärte im Radio, seine Kämpfer hätten sich den Forderungen der EU-Eingreiftruppe zur Entwaffnung Bunias gebeugt. Der französische Kommandeur der EU-Truppe unter UN-Mandat, General Jean Paul Thonier, hatte den Kämpfern am Samstag eine 72-stündige Frist gesetzt, um ihre Waffen aus Bunia zu schaffen. Das Ultimatum wurde am Dienstag vom General um 24 Stunden verlängert und läuft nun an diesem Mittwoch um 11 Uhr ab.

Bereits am Vorabend hatte die UPC nach Berichten von Augenzeugen damit begonnen, ihre Kämpfer, darunter viele Kindersoldaten, aus Bunia abzuziehen. Mitarbeiter von Hilfsorganisationen berichteten von einigen verbliebenen Milizen, die sich mit ihren Waffen provokativ in der Stadt zeigten. Nach Angaben von General Thonier ist zwar nach Ablauf des Ultimatums nicht geplant, Häuser nach Waffen durchzusuchen zu lassen. Er kündigte aber an, mit Rebellen, die sich mit Waffen in Bunia zeigten, hart zu verfahren.

Die UPC, die von der Volksgruppe der Hema dominiert wird, kontrollierte seit der Vertreibung der mit ihr verfeindeten Lendu vor rund vier Wochen, die Distrikthauptstadt. Seit Wiederaufflammen der Kämpfe zwischen den beiden Gruppen vor zwei Monaten kamen in und um Bunia mindestens 500 Menschen ums Leben. Seit 1999 sind bei den brutalen Kämpfen zwischen Lendu und Hema in der Region mehr als 50 000 Menschen getötet worden. In Bunia soll die mit 1400 Soldaten geplante Eingreiftruppe die 700 Blauhelme der UN-Mission für den Kongo (Monuc) unterstützen. Die Bundeswehr wird sich mit bis zu 350 Soldaten beteiligen, jedoch nicht im Kongo stationiert sein.

Französische Soldaten der EU-Eingreiftruppe verhinderten am Dienstagnachmittag den Versuch von Lendu-Kämpfern in Bunia einzudringen. Weil ein Gefecht mit den Hema-Kämpfern drohte, fuhr die Eingreiftruppe gepanzerte Fahrzeuge auf und gab einen Warnschuss ab. Beide Volksgruppen zogen sich daraufhin sofort zurück. „Es gab auch keinen direkten Kontakt zwischen der Eingreiftruppe und den Milizen“, teilte die französische Armee mit. Auch ein Sprecher der UN-Mission Monuc sagte, es habe sich um keinen schwer wiegenden Vorfall gehandelt. Nach Angaben der Eingreiftruppe blieb dies der einzige Zwischenfall beim Abzug der Milizen.

Am Nachmittag war ein Trupp schwer bewaffneter und unter anderem mit Panzern ausgerüsteter französischer Soldaten in das Dorf Mandro – 18 Kilometer außerhalb von Bunia – gefahren, um dort Angehörige der Hema-Miliz zu kontrollieren. Die Patrouille wurde von Mirage-Jets aus der Luft unterstützt. Nach einem Gespräch mit den Hema-Kämpfern kehrten die Franzosen ohne Zwischenfälle nach Bunia zurück. In der Nacht zuvor hatte die Eingreiftruppe in einem anderen Dorf sechs Soldaten entwaffnet. Nach Angaben des französischen Armeesprechers in Bunia, Gerear DuBois hatte es wiederholt Berichte gegeben, dass die Milizen in dem Dorf Zivilisten unter Druck gesetzt und bedroht hatten. Rebellen, die am Flughafen von Bunia auf französische Soldaten hatten, konnten entkommen. Verletzt wurde nach Angaben der Eingreiftruppe bei diesem Vorfall niemand.

Trotz der offensichtlich verbesserten Sicherheitslage in Bunia waren auch am Dienstagabend noch ganze Stadtviertel verwaist. Die Bevölkerung befürchtet nach wie vor, dass die Kämpfe wieder aufflammen. „Und dann schieben sich Hema und Lendu gegenseitig die Schuld zu“, sagte Gillaume Adoubango, der bereits vor einigen Monaten aus der Region geflohen war, dem Tagesspiegel. Lediglich am zentralen Marktplatz der Stadt sind inzwischen wieder einige Geschäfte geöffnet, die Lebensmittel, ein paar Medikamente und Benzin in Plastikflaschen verkaufen.

Carter Dougherty

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