zum Hauptinhalt
Hessens SPD und Gruene starten Koalitionsverhandlungen

© ddp

Minderheitsregierung: Hessische Sonnenscheinpolitik

Die Ablösung von Hessens Ministerpräsident Roland Koch nimmt konkrete Formen an. SPD und Grüne verhandeln jetzt. Und für Ypsilanti ist schon bald eine Koalition mit der Linken denkbar.

Wo Schweine der deutschen Hausrasse, Charolais-Rinder und Bresse-Hühner nach organisch biologischen Grundsätzen aufgezogen werden, haben sich am Dienstag erstmals die Unterhändler von SPD und Grünen zu offiziellen Koalitionsverhandlungen getroffen. Zu ihrer Pressekonferenz baten sie in die Domäne Mechtildshausen in Wiesbaden-Erbenheim, einem hessischen Biolandhof, der in rot-grüner Regierungszeit als Musterbetrieb gegründet wurde. Die Landesvorsitzenden von SPD und Grünen, Andrea Ypsilanti und Tarek Al-Wazir, gaben sich zuversichtlich. „Wir arbeiten am Gelingen“, sagte Ypsilanti. Die Verhandlungen würden schwierig, aber die leichten Aufgaben seien in Hessen bereits verteilt, sagte Al-Wazir. Beide gehen davon aus, dass die Partei die Linke ihre rot-grüne Minderheitsregierung „verlässlich und für eine ganze Legislaturperiode“ unterstützt. Ypsilanti hatte in der Fernsehsendung „Beckmann“ sogar eine Koalition mit der Linkspartei „nach ein, zwei Jahren“ nicht ausgeschlossen. „Wir würden uns allerdings damit derzeit überfordern“, sagte Ypsilanti.

Die Landesvorsitzenden von SPD und Grünen lobten ausdrücklich das Eckpunktepapier, das der linke Parteirat am Vorabend beschlossen hatte. Darin listet die Linkspartei ihre Wünsche und Erwartungen auf, stellt aber keine harten Bedingungen für die Tolerierung der rot-grünen Minderheitsregierung. Selbst die Streitfrage „Bundesrat“ scheint geklärt. „Das Abstimmungsverhalten im Bundesrat ist nach dem Grundgesetz alleinige Angelegenheit der Landesregierung“, heißt es im Papier der Linken, das noch der Bestätigung durch einen Mitgliederentscheid bedarf. Das Papier führt auch Kontroversen auf, so die Meinungsunterschiede bei Auslandseinsätzen der Bundeswehr. Auswirkungen auf die Zusammenarbeit sollen sie aber nicht haben. Im Gegenzug „erwartet“ die Linke allerdings in Hessen das Ende der Privatisierungen, zusätzliche Investitionen in der Bildungs- und Sozialpolitik und ein Beschäftigungsprogramm zur Umwandlung von Ein-Euro-Jobs in reguläre Arbeitsverhältnisse. Solange SPD und Grüne „im Sinne eines Politikwechsels“ handelten, könnten sie mit verlässlicher Unterstützung rechnen, so Linken-Chef Ulrich Wilken.

Allerdings dürfte der finanzielle Spielraum für den Politikwechsel wegen der Auswirkungen der Finanzkrise auf die Steuereinnahmen sehr eng werden. Am Dienstag legte der geschäftsführende Finanzminister Karl-Heinz Weimar (CDU) erst einmal die Vorbereitungen für den Landeshaushalt auf Eis. Die Zahlen, die er gleichzeitig öffentlich machte, sind dramatisch. Weimar geht nach den Chefgesprächen mit den Ressorts vorläufig von einer Deckungslücke von 1,27 Milliarden Euro im Landeshaushalt 2009 aus. Nur weil einmalig Erträge aus einem bei der Landesbank geparkten „Sondervermögen“ in Höhe von 480 Millionen Euro in die Landeskassen fließen, könne er die Neuverschuldung unter der Verfassungsgrenze von rund 940 Millionen Euro halten. Mit Blick auf die Haushaltslage sei er fassungslos über die rot-grünen Ankündigungen, so der Minister. Auf Wunsch von SPD und Grünen war am Nachmittag der Leiter der Haushaltsabteilung des Finanzministeriums Gast ihrer Koalitionsrunde. Die Linken erklärten vorsorglich, angesichts der von Koch verursachten desolaten Finanzsituation werde ein Politikwechsel in Hessen nicht ohne eine kreditfinanzierte Investitionspolitik möglich sein. „Wir werden keine Nur-Sonnenschein-Regierung sein“, sagte Ypsilanti.

Zur Startseite