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Mindestlöhne: 3,20 Euro sind zu wenig

Vor dem Treffen des Koalitionsausschusses verstärkt die SPD den Druck auf die Union, ihren Widerstand gegen Mindestlöhne aufzugeben. Vor allem im Dienstleistungsbereich sehen SPD-Experten Handlungsbedarf.

Berlin - SPD-Generalsekretär Hubertus Heil appellierte in der "Bild am Sonntag": "Von 3,20 Euro die Stunde kann kein Mensch in Deutschland leben." CSU-Wirtschaftsminister Michael Glos und die Union dürften "die Augen vor Armutslöhnen, die für eine wachsende Zahl von Menschen Realität sind, nicht länger verschließen". In fast allen Ländern Europas gebe es Mindestlöhne. Heil: "Auch in Deutschland muss jetzt gehandelt werden."

Laut einem Arbeitspapier lehnt das Wirtschaftsministerium Mindestlöhne strikt ab: Die im Koalitionsvertrag genannten Bedingungen für die Einführung von Lohnuntergrenzen lägen "gegenwärtig für keine Branche" vor. SPD-Arbeitsmarktexperte Klaus Brandner entgegnete: "Wir brauchen Mindestlöhne vor allem im Dienstleistungsbereich, wo auf Grund der EU-Osterweiterung mit starkem Konkurrenzdruck gerechnet werden muss. Beispiele sind die Zeitarbeitsbranche, die Entsorgungswirtschaft, die Landwirtschaft und das Sicherheitsgewerbe."

Bundesarbeitsminister Franz Müntefering (SPD) will am Montagabend im Koalitionsausschuss konkrete Vorschläge machen, in welchen Bereichen Mindestlöhne sinnvoll sein könnten.

Streit um Ein-Euro-Jobs

Saar-Ministerpräsident Peter Müller (CDU) hält er den von der SPD geforderten Mindestlohn nur im Bauhauptgewerbe und bei der Gebäudereinigung für vertretbar. "Bei der Zeitarbeit bin ich skeptisch." Dort bestehe die Gefahr, dass dann Löhne gezahlt würden, die nicht durch die Produktivität gedeckt seien. In der von der Union vorangetriebenen Kombilohn-Debatte will der saarländische Ministerpräsident Peter Müller (CDU) staatliche Lohnzuschüsse nicht nur Langzeitarbeitslosen gewähren. "Es gibt keinen plausiblen Grund, den Kombilohn auf bestimmte Gruppen zu beschränken", sagte Müller dem Magazin "Focus". "Er muss für alle Arbeitslosen gelten." Das sei immer noch günstiger als die bisher gezahlten Transferleistungen.

Kurz vor den Beratungen in der großen Koalition streiten SPD und Union auch über die Ein-Euro-Jobs. Brandner wies die Forderung von CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla zurück, auf Ein-Euro-Jobs zu verzichten, weil durch sie reguläre Beschäftigungsverhältnisse verdrängt würden. "Wenn es Missbrauch bei den Ein-Euro-Jobs gibt, dann muss man den Missbrauch bekämpfen - deswegen sind die Ein-Euro- Jobs noch lange nicht schlecht", sagte Brandner der "Thüringer Allgemeinen". Er sprach sich für stärkere Kontrollen der Ein-Euro-Stellen aus.

Eine anonymisierte Arbeitgeberbefragung des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) in Nürnberg hatte ergeben, dass der Einsatz von Ein-Euro-Jobbern bereits in vier Prozent der befragten Einrichtungen Personaleinsparungen zur Folge hat. Das IAB ist das Forschungszentrum der Bundesagentur für Arbeit (BA). Ein- Euro-Jobs ersetzen der Untersuchung zufolge reguläre Beschäftigung "in nicht zu vernachlässigendem Umfang". (tso/dpa)

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