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Mindestlohn: Post spaltet Koalition

Die Große Koalition streitet sich weiter über den Mindestlohn, trotz der Einigung in der Postbranche. Oder gerade weil, denn der Bund ist Miteigentümer der Post. Der Vorwurf: Der Post-Mindestlohn schwächt andere Zustellerfirmen. Toll für die Post, schlecht für die Stimmung in der Koalition.

Die Einigung in der Postbranche hat den Streit um Mindestlöhne nicht beruhigen können. Die stellvertretende SPD-Chefin Andrea Nahles sagte, ihre Partei lasse sich durch die Ankündigung von Entlassungen beim Postdienstleister Pin AG nicht unter Druck setzen. Der baden-württembergische Ministerpräsident Günther Oettinger (CDU) sagte, beim Postmindestlohn bleibe ein Unbehagen, weil der Bund durch den Mindestlohnbeschluss die Post begünstige, deren Miteigentümer er ist. Sein hessischer Kollege Roland Koch (CDU) kritisierte sowohl die Post AG als auch ihre Konkurrenten. Der Vorsitzende des Parlamentskreises Mittelstand in der Unions-Bundestagsfraktion Michael Fuchs (CDU) bekräftigte seine Ablehnung von Mindestlöhnen. Der Wirtschaftsexperte Bert Rürup warf der Union vor, sie habe beim Mindestlohn falsch taktiert.

Pin hatte angekündigt, wegen der Einigung der Koalition auf Mindestlöhne für Postboten von bis zu 9,80 Euro mehr als 1000 Mitarbeiter zu entlassen.

Oettinger: Massenentlassungen seine absehbar gewesen

Nahles sagte, es bleibe dabei, dass Dumpinglöhne nicht akzeptabel seien. Sie gehe davon aus, dass auch mit einem Postmindestlohn das Arbeitsvolumen in der Branche insgesamt nicht kleiner werde. "Es werden deswegen nicht weniger Weihnachtsbriefe geschrieben", sagte Nahles, die auch arbeitsmarktpolitische Sprecherin ihrer Partei ist.

Oettinger sagte, er habe auch nach dem Koalitions-Kompromiss zum Mindestlohn für Briefdienste erhebliche Zweifel. "Jede Regelung, die den Wettbewerb erschwert, steigert den Unternehmenswert der Post. Dort treffen die Eigentümerinteressen des Bundes und die ordnungspolitischen Werte aufeinander", sagte er. Die wegen dieses Mindestlohns angekündigten Massenentlassungen bei Post-Wettbewerbern seien absehbar gewesen.

Koch warf den Post-Arbeitgebern vor, einen zu hohen Mindestlohn angeboten zu haben. So seien schlechte Bedingungen geschaffen worden, die jetzt die ersten Arbeitsplätze kosteten. Die Post-Konkurrenten hätten den Fehler begangen, nicht rechtzeitig einen eigenen Arbeitgeberverband zu gründen und Tarifverträge zu schließen. "Man darf nicht alles vor der Tür der Politik abkippen, was eigenes Versäumnis ist", sagte Koch.

Jeder sagt was, keiner einigt sich

Niedersachsens Wirtschaftsminister Walter Hirche (FDP) sagte, er sehe durch den angekündigten Arbeitsplatzabbau bei privaten Postdiensten seine Vorbehalte gegen gesetzliche Mindestlöhne bestätigt. "Die Regelung der Politik geht zu Lasten des auf dem Post- und Briefmarkt gerade begonnenen Wettbewerbs und ist geeignet, die noch weitgehend bestehenden Monopolstrukturen der Post zu verfestigen", warnte er.

Fuchs sagte: "Wenn der Staat das Geschäft kaputt macht, darf man sich nicht wundern, wenn Unternehmen Konsequenzen ziehen." Der Postmindestlohn sei nichts anderes als ein Vertrag zur Verlängerung des Monopols und zur Verhinderung von Wettbewerb. Er wolle im Bundestag gegen die Ausweitung des Entsendegesetzes auf die Briefdienste stimmen.

Der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesarbeitsministerium, Klaus Brandner (SPD), sagte dagegen, der Postmindestlohn beinhalte "sehr großzügige Regelungen", die den Firmen Gestaltungsmöglichkeiten überließen. Bei den jetzt angekündigten Stellenstreichungen müsse man genau hinschauen, ob es sich um Vollzeitarbeitskräfte oder stundenweise Beschäftigte handle.

Rürup sagte, die Bundesregierung habe sich mit dem Post-Mindestlohn in eine Zwickmühle manövriert. "Die Chance wurde vertan, anstelle eines zu erwartenden Flickenteppichs aus branchenspezifischen Mindestlöhnen die vergleichsweise bessere Alternative eines niedrigen flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohnes zu wählen", sagte er.

Martin Roy[ddp]

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