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Mindestlohndebatte: Ab in die Schwarzarbeit?

Der Ökonom Friedrich Schneider warnt vor Mindestlöhnen. Er rechnet mit Milliarden Euro Verlust – die Schattenwirtschaft würde angekurbelt.

Von Antje Sirleschtov

Die Einführung von flächendeckenden Mindestlöhnen, wie sie unter anderem von SPD, dem Gewerkschaftsbund DGB und den Linken gefordert werden, könnte zu einer massiven Ausweitung der Schwarzarbeit in Deutschland führen. Davor hat der Linzer Ökonom Friedrich Schneider in einer neuen Untersuchung zum Einfluss aktueller politischer Maßnahmen der großen Koalition in Deutschland auf die Schattenwirtschaft gewarnt.

In der Untersuchung kommt Schneider zu dem Ergebnis, dass ein flächendeckender Mindestlohn zwischen sieben und acht Euro in der Stunde die Schattenwirtschaft in Deutschland um rund sieben Milliarden Euro jährlich ausweiten würde. Selbst wenn der flächendeckende Mindestlohn nicht, wie vom Deutschen Gewerkschaftsbund gefordert, bei 7,50 Euro liegt sondern zwischen fünf und sieben Euro pro Stunde, schätzt Schneider, dass Dienstleistungen im Wert von rund zwei bis sechs Milliarden Euro in die Schwarzarbeit abwandern. Nach seinen Berechnungen liegt das Niveau der deutschen Schattenwirtschaft pro Jahr bei rund 350 Milliarden Euro.

Mit Blick auf die aktuelle Mindestlohndiskussion in Deutschland und die noch anstehenden politischen Beschlüsse der großen Koalition warnt Schneider vor einer flächendeckenden Mindestlohneinführung, plädiert jedoch für die Anhebung der steuerlichen Absetzbarkeit von haushaltsnahen Dienstleistungen und eine Mehrwertsteuerbefreiung arbeitsintensiver Dienstleistungen. Um gut zehn Milliarden Euro würde das Ausmaß der Schattenwirtschaft zurückgehen, prognostiziert der Ökonom für den Fall, dass sich SPD und Union auf beide Maßnahmen einigen.

Schneiders Untersuchungen über die Auswirkungen der bisherigen Politik der großen Koalition auf die Schwarzarbeit kommen zu dem Ergebnis: Wirkte die Politik 2006 noch schwarzarbeithemmend, zog die Schattenwirtschaft 2007 bereits wieder an. Wichtigster Grund: die Erhöhung der Mehrwertsteuer von 16 auf 19 Prozent. Allein diese politische Entscheidung habe Dienstleistungen im Wert von rund fünf Milliarden Euro aus der Sozialversicherungspflicht in den Schwarzmarkt gedrängt , schätzt Schneider. Weil gleichzeitig eine ganze Reihe anderer politischer Maßnahmen be- und entlastend gewirkt hat (etwa Senkungen der Sozialversicherungsbeiträge), stieg der Umfang der Schattenwirtschaft 2007 erstmals seit Jahren wieder an, und zwar um ein Prozent oder 3,5 Milliarden Euro auf 349 Milliarden Euro. Dass das Verhältnis von regulärem und Schwarzmarkt dennoch positiver ausfiel als in den Jahren zuvor, liegt allein am rasanten Wachstum der Wirtschaft im vergangenen Jahr. Es betrug 2007 rund 14,7 Prozent (2006: 15 Prozent) und lag damit erstmals wieder unter dem Wert von 1998.

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