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Missbrauchsskandal: Jesuiten sollen „tätige Reue“ zeigen

Die ehemalige Bundesgesundheitsministerin Andrea Fischer hat die Jesuiten zu einer finanziellen Entschädigung der Opfer von Missbrauch durch Ordensmitglieder aufgefordert.

München/Berlin - In Gesprächen mit Betroffenen habe sie den Eindruck gewonnen, dass der Orden hier die Möglichkeit habe, den Opfern seinen „ernsthaften Willen zur Sühne“ erkennbar und spürbar zu machen, schrieb Fischer in ihrem am Montag veröffentlichten Sonderbericht über Missbrauchsfälle am Berliner Canisius-Kolleg. Da keine Möglichkeit zu einer strafrechtlichen Verfolgung mehr bestehe, sei eine solche symbolische Geste der „tätigen Reue“ von großer Bedeutung für die Betroffenen. Fischer rief den Orden auf, von seiner bisherigen Position abzurücken und nicht auf die Ergebnisse des Runden Tisches der Bundesregierung zu warten. Er sollte nach einem eigenen Weg für Entschädigungsverfahren suchen.

Fischer resümierte in ihrem Sonderbericht, der Jesuitenorden habe in den Fällen sexuellen Missbrauchs als „pädagogische Institution und als moralische Autorität“ versagt. Es bestehe aber kein Zweifel daran, dass der Orden ein aufrichtiges Interesse daran zeigt, dass die Aufklärung erfolgt und dass keine Ergebnisse verschwiegen werden, „mögen sie auch noch so unangenehm sein“. Der Provinzial der deutschen Jesuiten, Stefan Dartmann, sagte, der Bericht Fischers dokumentiere „in schonungsloser Offenheit“ das Leid der Opfer und das Versagen des Ordens in der Wahrnehmung seiner Schutzpflicht gegenüber den Betroffenen. Zur Frage von finanzieller Entschädigung sagte Dartmann, der Orden werde noch vor Beginn der nächsten Verhandlungen am Runden Tisch versuchen, die Position dazu zu klären. Nach Darstellung der früheren Spitzenpolitikerin der Grünen wollen sich drei früher verantwortliche Kirchenobere für die Missbrauchstaten entschuldigen. Die persönlichen Erklärungen sollten ab Dienstag auf der Homepage der Jesuiten öffentlich einsehbar sein und den Opfern zugesandt werden.

Die Affäre hatte mit Enthüllungen über Missbrauchsfälle im Berliner Canisius-Kolleg Anfang des Jahres begonnen. Nach einem im Mai veröffentlichten Zwischenbericht der Beauftragten für sexuellen Missbrauch des deutschen Jesuitenordens, Ursula Raue, gab es in den Einrichtungen des Jesuitenordens in den vergangenen Jahrzehnten mindestens 200 Fälle von Misshandlungen und sexuellem Missbrauch von Kindern und Jugendlichen. Nachdem Opfer sich unzufrieden über die Arbeit Raues geäußert hatten, wurde Fischer von den Jesuiten um ein Gutachten gebeten. Darin kommt sie im wesentlichen zu denselben Ergebnissen wie Raue, geht aber ausführlicher auf mögliche Konsequenzen ein. Die Taten am Canisius-Kolleg hatten sich in den 70er und 80er Jahren ereignet. Ersten Hinweisen ging die Ordensleitung nicht nach. ddp/KNA

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